Blüte der Tage: Roman (German Edition)
geboren. Ich kann mich zwar kaum noch erinnern, aber ich dachte und hoffe, dass ich hier meinen Platz finde.«
Sie gingen durch den Ladenbereich zurück und weiter in ein winziges, voll gestopftes Büro, das für Stellas ausgeprägten Ordnungssinn die reine Folter war. »Ich benutze das Büro kaum«, erklärte Roz. »Dummerweise sammelt sich hier alles Mögliche an, was ich zwischen Haus und Gartencenter herumschleppe. Ich selber lande letztlich immer in den Gewächshäusern oder im Freien.«
Sie nahm einen Stapel Gartenbücher von einem Stuhl, bot Stella darauf Platz an und lehnte sich an den Rand ihres hoffnungslos überfüllten Schreibtisches.
»Ich kenne meine Stärken. Ich weiß, wie man ein
Unternehmen leitet. Diesen Betrieb habe ich in knapp fünf Jahren aus dem Boden gestampft. Als er noch kleiner war und ich so gut wie keine Angestellten hatte, konnte ich mir auch mal Fehler erlauben. Jetzt habe ich während der Saison achtzehn Angestellte, die darauf vertrauen, dass ich ihnen regelmäßig ihre Gehaltsschecks ausstelle. Ich kann mir also keine Fehler mehr leisten. Ich weiß, wie und was man pflanzt, wie man Preise bestimmt, einen Garten anlegt; wie man Waren und Pflanzen lagert, man mit Angestellten und Kunden umgeht. Ich weiß, wie man einen Betrieb organisiert.«
»Das glaube ich Ihnen gern. Aber warum wollen Sie dann jemanden einstellen?«
»Weil es unter diesen Dingen einige gibt, die mir nicht liegen. Zum Beispiel das Organisieren. Und der Betrieb ist mittlerweile zu groß, um allein zu bestimmen, wie und womit man aufstockt. Ich brauche jemanden mit Ideen, Tatkraft und einem klugen Kopf.«
»Verstehe. Einer Ihrer Wünsche war, dass Ihr Geschäftsführer zumindest in den ersten Monaten in Ihrem Haus wohnt. Ich ...«
»Das ist kein Wunsch. Es ist eine Bedingung.« Der bestimmte Ton ließ erkennen, weshalb Rosalind Harper neben allen anderen Eigenschaften auch als ›schwierig‹ galt. »Wir fangen zeitig an und arbeiten bis spätabends. Ich brauche jemanden, der zur Stelle ist, bis ich weiß, ob wir einen gemeinsamen Rhythmus finden werden. Memphis ist zu weit entfernt, und falls Sie nicht vorhaben, sich sehr schnell im Umkreis von zehn Meilen ein Haus zu kaufen, haben Sie keine andere Wahl.«
»Ich habe zwei lebhafte Söhne und einen Hund.«
»Ich mag lebhafte kleine Jungen, und auch ein Hund
stört mich nicht, so lange er nicht in meinem Garten buddelt. Dann gäbe es ein echtes Problem. Mein Haus ist sehr geräumig. Sie werden genügend Platz für sich und die Kinder haben. Ich würde Ihnen ja das Gästehaus anbieten, aber Harper ließe sich nicht einmal mit Dynamit daraus vertreiben. Mein Ältester«, fügte sie hinzu. »Also, wollen Sie die Stelle haben?«
Stella öffnete den Mund, holte schon einmal Luft. Sicher, es war ein Wagnis, mit ihren Söhnen zu Rosalind Harper zu ziehen. Andererseits erwartete sie hier ein Traumjob. Das Risiko, das diese eine Bedingung barg, konnte unmöglich die Vorteile überwiegen.
»Ja, Mrs. Harper. Ich will die Stelle sehr gern haben.«
»Dann sind Sie hiermit eingestellt.« Roz streckte ihr die Hand entgegen. »Ich schlage vor, Sie kommen gleich morgen früh mit Sack und Pack her und richten sich ein. Mit der Arbeit können Sie sich ruhig ein paar Tage Zeit lassen, bis Ihre Kinder sich eingewöhnt haben.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Die Jungen sind aufgeregt, aber auch etwas verängstigt.« Genau wie ich, fügte sie im Stillen hinzu. »Ich will ganz offen zu Ihnen sein, Mrs. Harper. Falls meine Söhne hier nicht glücklich sind – natürlich nach einer angemessenen Eingewöhnungszeit –, werde ich mich nach etwas anderem umsehen.«
»Würde ich Sie anders einschätzen, hätte ich Sie nicht eingestellt. Und noch etwas: Nennen Sie mich Roz.«
Zur Feier des Tages kaufte sie auf dem Rückweg zu Jolene und ihrem Vater eine Flasche Champagner und eine Flasche Cidre. Durch den Umweg geriet sie in einen Verkehrsstau, der sich aufgrund des Regens gebildet hatte.
Erstmals kam ihr in den Sinn, dass es trotz aller Bedenken durchaus seine Vorteile hatte, wenn man direkt neben seinem Arbeitsplatz wohnte.
Sie hatte den Job bekommen! Ihren Traumjob. Gut, sie wusste nicht, wie Rosalind – oder Roz – als Chefin war. Sie musste auch noch eine Menge über den Gartenbau in dieser Klimazone lernen, und es war fraglich, wie die anderen Angestellten damit zurechtkämen, von einer Fremden Befehle zu erhalten. Noch dazu von einer Yankee.
Dennoch konnte
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