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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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habe Angst vor Erpressern.“
    „Warum denn?“
    „Ich fürchtete, Fabrègues’ Selbstmord würde ans
Licht bringen, daß ich diese Radierungen hergestellt habe. Natürlich hatte ich
sie nicht signiert, und die Abmachungen zwischen mir und Pierre wurden
vorsichtshalber nur mündlich getroffen... Aber trotzdem, ich war alles andere
als gelassen...“
    „Aber warum denn diese übertriebene Furcht?“ bohrte
ich weiter. „Nur weil Sie etwas... freizügige Radierungen angefertigt haben?
Das ist doch kein Verbrechen. Außerdem handelte es sich ja um einen privaten
Gefallen, sozusagen. Das hat schließlich nichts mit Verbreitung von
Pornographie oder so was Ähnlichem zu tun. Jedem seine eigenen guten Sitten!“
    „Nun, der Grund ist dieses Goldene Buch. Es wäre
ein Skandal, man würde mir den Auftrag entziehen. Wohlgemerkt, für mich ist das
weniger eine Frage des Geldes, sondern eher eine meines Ruhms. Ich weiß, viele
an meiner Stelle hätten nichts gegen einen solchen Skandal. Ja, hier an der
Côte leben die eigenartigsten Typen... Ich dagegen bevorzuge ein stilles,
zurückgezogenes Leben. Ich gehöre weder zu den Wilden noch bin ich ein
Bohème...“ Das merkte man. Normalerweise stand in seiner Hausbar nur eine fast
leere, verstaubte Flasche. „Zurück zu unserem Gespräch: Entgegen meiner
Erwartungen machten Sie keine erpresserische Anspielung. Doch Ihre Bemerkung
über die bevorstehenden verschärften Verhöre und Nachforschungen der Polizei
war zuviel für meine Nerven. Ich war nahe daran, in Ohnmacht zu fallen. Als Sie
weg waren, brauchte ich erst mal eine Stärkung. Ich, der ich so gut wie nie
Alkohol trinke! Ich schickte meine Haushälterin los, Stoff zu besorgen. Und als
ich dann betrunken war, brannten bei mir die Sicherungen durch. Ich wollte bei
Fabrègues einsteigen und die kompromittierenden Bilder in Sicherheit bringen,
um einen Skandal zu verhindern. Wenn ich von der Sache mit den falschen
Banknoten gewußt hätte, wäre ich in meinem Vorhaben nur noch bestärkt worden.
Denn ich kann mir vorstellen, daß man im Moment den passenden Fachmann sucht:
einen Radierer! ... Ich besorgte mir also ein Brecheisen und schritt zur Tat,
völlig verrückt geworden! Pierres Bruder gab einen Schuß auf mich ab, und das
hat mich mit einem Schlag wieder nüchtern gemacht. Ich nahm meine Beine in die
Hand und rannte fort.“ Er zögerte einen Augenblick und fragte dann: „Glauben
Sie mir?“
    Mir blieb nichts anderes übrig. Ich steckte
meine Waffe ein, die jetzt ziemlich deplaziert wirkte. Lebrots Erklärungen
schienen plausibel, ebenso seine panische Angst. Das paßte ausgezeichnet zu
seinem Charakter. Ich verlangte von ihm ein Alibi für die Nacht, in der auf
mich geschossen worden war. Dann stellte ich noch ein paar Fragen über
Terminierung und Zahlungsform bei besagtem Radierungsgeschäft und machte mir
Notizen. Das alles sollte nur meine Enttäuschung über die Pleite verbergen.
    „Muß ich jetzt mit Ihnen zur Kripo, oder können
wir uns einigen?“ fragte Lebrot. „Ihnen kann es doch egal sein, und mir würde
es einen handfesten Skandal ersparen. Sie sind Privatdetektiv... Vertrauliche
Aufträge aller Art, heißt es doch immer... Wie wär’s, wenn ich Sie damit
beauftragen würde, diese verfluchten Radierungen wiederzubeschaffen?“
    Ich verließ das Haus mit einem Scheck. Ich hatte
meinen einzigen Verdächtigen verloren, aber einen neuen Klienten gewonnen.
Stolz darauf war ich jedoch nicht, und es verbesserte auch nicht meine Laune.
    Als René Leclercq am nächsten Morgen tatendurstig
in mein Zimmer gestürmt kam und fragte, ob er den Radierer weiter beschatten
solle, wurde er dementsprechend empfangen.

Das
Drama in der Heide
     
    Ich besuchte Fabrègues und erzählte ihm ein
Märchen über den nächtlichen Einbruch, um zu verhindern, daß er Anzeige
erstattete. Gleichzeitig inspizierte ich die Bibliothek mit dem Ziel, die
Radierungen, die dem armen Jean Lebrot den Schlaf raubten, zu finden und
mitzunehmen. Dann entschloß ich mich, Maître Dianoux in Nizza aufzusuchen.
Schließlich lagen bei ihm 5 000 Francs für mich bereit, mein inzwischen schon
beträchtlich geschrumpftes Erbe, das mir der tote Graf vermacht hatte. Bevor
ich mich auf die Suche nach einem fahrbaren Untersatz machte, ermutigte ich
Hélène, ihre Jagd auf den gesuchten Briefumschlag fortzusetzen.
    Vor dem Polizeigebäude stolperte ich über Ange
Pellegrini. Der Korse bombardierte mich sofort wieder mit neuen Fragen über das
alte

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