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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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schwarze Wachstuchtasche, die ich
heute morgen bei ihm gesehen hatte, und brachte ein kleines Päckchen zum
Vorschein.
    „Hab’s ganz vergessen“, sagte er.
    Als die Frau das Rauschgift in greifbarer Nähe
sah, wurde ihr Zittern immer schlimmer.
    „Geben Sie ihr die nötige Dosis“, forderte ich
Chevalme auf. „Sie soll sie in aller Ruhe rauchen.“
    „Ich begleite Sie“, sagte er zu Raymonde.
    „Genau! Um den Flics in die Arme zu laufen?
Vielleicht ist es Ihnen nicht bekannt, daß Pellegrini (das ist der Flic, den
Sie in den Staub geschickt haben!) wegen Mordes nach Ihnen fahnden läßt.“
    „Wegen... was?“ rief Marcel. „Das ist doch
absurd! Der Kerl ist mir in der Heide entgegengekommen. Ich wollte ihn
ansprechen, aber er ist in Richtung Straße gerannt, wohl aus Angst. Warum ich
hinter ihm hergelaufen bin, weiß ich selbst nicht. Da ist er zusammengebrochen,
ganz plötzlich. Hab sofort erkannt, daß sein Herz nicht das allerbeste war. Ein
Arzt sieht so was... Aber ich habe nichts damit zu tun!“
    „Und warum sind Sie dann abgehauen?“
    Ich wußte die Antwort, wollte sie aber von ihm
persönlich hören. In dem sarkastischen Ton, den ich bereits von ihm kannte,
bestätigte er meine Vermutungen.
    „Außerdem wollte ich Raymonde nicht
kompromittieren“, fügte er hinzu.
    „Und dann haben Sie sich daran erinnert, daß
Pottier in dieser Stadt wohnt?“
    „Ja. Ich habe ihn gebeten, mich zu verstecken.“
    „Und jetzt wollen Sie Madame Saint-Cernin nach
Hause begleiten und den Flics in die Arme laufen? Seien Sie nicht blöd! Wir
wissen inzwischen, aus welchem Haus der Mann kam, der vor ihren Füßen gestorben
ist. In der betreffenden Villa lag noch eine zweite Leiche. Und bei der ging es
nicht um plötzliches Herzversagen! Der Mann ist ermordet worden, und deswegen
sucht Pellegrini nach Ihnen. Und was der Kommissar sich in den Kopf setzt...“
    Chevalme strich sich über den Dreitagebart. Im
nachhinein war er wohl froh, das Weite gesucht zu haben.
    „Das Beste wird sein, sich erst mal hier zu
verstecken“, riet ich ihm. „In ein paar Tagen wird der Kommissar zu neuen
Erkenntnissen kommen... Hoffe ich wenigstens... Dann können Sie sich immer noch
in günstigere Gefilde absetzen... Ich werde jetzt Madame Saint-Cernin in ihr
Paradies begleiten. Apropos: Sie wollten sie entwöhnen, nicht wahr? Gut, ich
werde jeden Tag eine immer kleinere Ration abholen... oder abholen lassen.“
    „Um den Kontakt nicht zu verlieren, was?“ lachte
der Tätowierte.
    „Was soll’s, mir ist nichts Weltliches fremd“,
erwiderte ich achselzuckend.
    Die Schriftstellerin umarmte den Arzt
leidenschaftlich. Meine heimliche Liebe auf den ersten Blick konnte ich zu
Grabe tragen! Ich gab den beiden Männern die Hand. Der Händedruck von Chevalme
war vertrauensvoll, der von Pottier eher reserviert. Sein langer, dünner Arm
mit den bläulichen Figuren wehrte sich feindselig dagegen. In dem
verschlossenen Gesicht blitzten seine Augen wenig liebevoll.
    „Nutzen Sie die Gelegenheit, einen Arzt im Hause
zu haben“, riet ich ihm. „Lassen Sie sich von Ihrem Schützling mal gründlich
untersuchen! Sie halten sich doch nur noch aus Gewohnheit auf den Beinen. Eine Haimanéosyl-Kur würde Ihnen guttun!“
    „Was geht Sie meine Gesundheit an?“ fauchte
Frédo. „Und Haimanéosyl ... Haben Sie Aktien in dem Unternehmen?“
    „Nein, hab nur gehört, es soll Wunder wirken.“
    „Drei Packungen hab ich mir gespritzt, aber
Wunder sind nicht passiert..
    „Drei Packungen!“ Ich war platt. „Also wirklich,
das ist ja allerhand. So was nennt man Zufall! Es sind schon Leute wegen weniger
aufgehängt worden
    Sprachlos lief ich hinter Raymonde her, die
bereits eine Etage Vorsprung hatte.
    Das Taxi brachte uns zu ihrer Villa. Ich bat den
Chauffeur zu warten, übergab das Nervenbündel der treusorgenden Haushälterin
und ging zum Taxi zurück.
    Der Fahrer sprach mit einem Mann, der mir
plötzlich mit seiner Taschenlampe ins Gesicht leuchtete. Es war ein Flic, der
mir sofort eine ganze Reihe neugieriger Fragen stellte. Von oben herab verwies
ich ihn auf Kommissar Pellegrini, mit dem ich befreundet sei. Der Ton der
Unterhaltung wurde zunehmend giftiger, und schließlich begaben wir uns in
Dufours Villa, wo der Korse gerade eine nächtliche Nachuntersuchung
veranstaltete.
    Zur großen Verwirrung des eifrigen Polizisten,
der mich für einen erstklassigen Fang gehalten hatte, zeigte sich Pellegrini
entzückt, mich zu sehen. Ich mußte einige

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