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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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schlampig geführt. Ich zum Beispiel war nun schon seit drei
Tagen hier und hatte immer noch nicht meinen Zettel ausgefüllt. Nachlässigkeit
schien eine Spezialität des Hauses zu sein. Verdammt ärgerlich. Ich nahm mir
vor, Leclercq persönlich zu fragen. Vielleicht wußte aber auch der Nachtportier
besser Bescheid als dieser Angestellte hier. Ich hinterließ Hélène eine
Nachricht und ging wieder in das Bistro, in dem ich die beiden Sportfanatiker
getroffen hatte.
    Sie standen immer noch an der Theke. Klar, von
Arbeit hielten sie nicht viel! Um mich in ihre Kreise einzuschleichen, besorgte
ich mir eine Schachtel Gitanes. Ich bot ihnen eine Zigarette an und durfte nun
ebenfalls meine Weisheiten über Sport loswerden. Unmerklich lenkte ich das
Gespräch auf das Thema, das mich im Augenblick interessierte.
    Ob sie den Artisten auf der Mary Celeste gesehen hätten? Allerdings? Ein As, was? Nein, er gehöre nicht zu der
Filmtruppe. Übrigens sei er gar kein richtiger Artist, sondern einfacher
Matrose. Von hier? Ja. Auf welcher Jacht er arbeite, wollte ich wissen. Doch
das konnten mir die beiden Tagediebe nicht sagen.
    Ich verabschiedete mich. Ein Matrose? Das paßte.
Das paßte immer besser!
    Im Roten Vogel hatte ich grade mal Zeit,
mich hinzusetzen, ein Bier zu bestellen und meine Pfeife zu stopfen, da wurde
ich auch schon ans Telefon gerufen. Hélène hatte meine Nachricht im Hotel
gelesen.
    „Ich komme soeben von... Na, Sie wissen schon“,
sagte sie. „Hab die Ware abgeliefert. Alles o.k. Was Neues?“
    „Was Neues?“ äffte ich sie nach. „Für die
Assistentin eines Privatflics sind Sie eine miserable Beobachterin! Gestern ist
Ihnen etwas Wichtiges entgangen... Nein, das verrate ich Ihnen nicht. Strengen
Sie Ihr Gehirn an! Sind Sie eine Mitarbeiterin der Agentur Fiat Lux oder
nicht?“
    „Hab Sie schon lange nicht mehr so böse erlebt“,
bemerkte sie trocken. „Macht richtig Spaß, Ihnen zuzuhören! Gute Nachrichten,
was?“
    Ich machte meinem Ärger Luft, während Hélène
sich am anderen Ende vor Heiterkeit kaum lassen konnte. Ich knallte den Hörer
auf die Gabel. Sollte sie doch herumflirten, mit wem sie wollte!
    Ich machte mich auf den Weg zu Dédé Milandre.
Vielleicht hielt er für mich eine Erfrischung bereit. Auf mein Klingeln hin
rührte sich erst einmal nichts. Dann erschien mein ehemaliger Mitarbeiter an
einem Fenster der ersten Etage.
    „Oh, Sie sind’s, Burma?“ rief er. „Ich komme!“
Quietschend öffnete sich kurz darauf die Haustür.
    „Haben Sie was zu trinken da?“ fragte ich statt
einer Begrüßung.
    „Aber immer! Was führt Sie denn außer Ihrem
Durst zu mir? Wollen Sie mir des Rätsels Lösung präsentieren?“
    „Noch bin ich nicht soweit. Hab mir nur ‘n
Stündchen freigenommen. Mir brummt der Schädel.“
    Dédés Augen hinter der Hornbrille lächelten
müde, und er führte mich in die erste Etage... geradewegs in sein Schlafzimmer.
Ein leichter Naphtalingeruch empfing uns in dem schmutzigen, unordentlichen
Raum. In der geschlossenen Schranktür klemmte ein Wäschestück.
    „Lassen Sie mich nicht zappeln“, bat Dédé. „Wie
weit sind Sie?“
    „Am toten Punkt“, gestand ich.
    „Solche Ausdrücke gebraucht man bei der
Untersuchung von Verbrechen“, bemerkte er.
    Er nahm einen Schlüssel vom Tisch und ließ ihn
in die Tasche seiner weiten, hellen Jacke gleiten, in der noch andere Schlüssel
klimperten. Ich fragte ihn nach dem versprochenen Drink.
    „Sofort“, beruhigte er mich. „Immer mit der
Ruhe.“
    Er ging hinaus und kam mit einer Flasche
Weinbrand und zwei Senfgläsern zurück. Nachdem er eingeschenkt hatte, setzte er
sich auf sein Bett und reckte mir sein neugieriges Gesicht entgegen. Ich trank
einen Schluck, stellte mein Glas auf den Tisch und klopfte meine Pfeife an der
Schuhsohle aus. Der Boden war sowieso schon dreckig, da kam es auf das bißchen
Asche auch nicht mehr an! Ich stopfte mir eine neue Pfeife und sagte so
unbefangen wie möglich:
    „Im Ernst, ich komme nicht voran. Jeder Tag
bringt neue Geheimnisse! Cannes wird Nestor Burmas Untergang, und erzählen Sie
mir bloß nichts von den Schönheiten der Côte d’Azur!“
    „Alkohol macht Sie heute anscheinend nicht
fröhlich. Nestor Burmas Untergang? Wie meinen Sie das?“
    „Genauso, wie ich’s gesagt habe: Jeden Tag neue
Geheimnisse! Ich kann sie einfach nicht knacken! Beruflich bin ich so gut wie
am Ende, mein Ruf wird für immer ruiniert sein...“ Dédé lachte schallend.
    „Sie müssen

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