Blueten-Trilogie 03 - Fliedernachte
es mit Ryders Worten auszudrücken – bei den Eiern gepackt.«
»Schade, dass das vermutlich bloß im übertragenen Sinn gemeint war«, murmelte Clare.
»Schau her, die Schwangerschaft macht sie gewaltbereit«, spöttelte Hope. »Ich wollte ihm gerade nach allen Regeln der Kunst die Leviten lesen, ihn runtermachen und beleidigen, als ich plötzlich Ryder entdeckte. Und da bin ich einfach meinem Impuls gefolgt, auf ihn zugestürzt und habe ihn geküsst.«
»Ryder?«, fragte Clare. »Du hast Ryder geküsst? Zum dritten Mal inzwischen?«
»Vor Jonathans Augen, ich verstehe.« Avery verschränkte die Arme vor der Brust und nickte zustimmend. »Nach dem Motto: Pech gehabt, du Blödian. Denn das hat er sich sicher nicht träumen lassen, dass du hier so einen heißen Typen auftust.«
»Genauso hab ich mir das gedacht und Ryder gebeten mitzuspielen. Zum Glück hat er sofort kapiert. Jonathan sah aus, als ob er in eine faule Zitrone gebissen hätte. Was mir ein unglaubliches Hochgefühl bescherte. Und danach«, sie schnipste mit den Fingern, »ist er auf Nimmerwiedersehen verschwunden.«
»Bist du dir da sicher?« Clare rang die Hände. »Vielleicht kommt er wieder und hat eine neue Gemeinheit auf Lager. Ich erinnere dich nur an Sam. Da dachte ich ebenfalls, dass es nicht über Zudringlichkeiten und Belästigungen hinausgeht …«
»Nein, das kannst du nicht vergleichen«, unterbrach Hope sie eilig und setzte sich neben Clare. »Im Gegensatz zu Jonathan war Sam krank, psychisch krank, pathologisch besessen von dir. Er hatte jeglichen Realitätssinn verloren. Allein seine absurden Vorstellungen, wie er sich ein Zusammenleben mit dir vorstellte.« Hope drückte die Hand der Freundin. »Jonathan ist eitel, arrogant und selbstgefällig, hat eine fragwürdige Moral und einen miesen Charakter, aber verrückt im medizinischen Sinn ist er nicht. Sam hingegen hatte Wahnvorstellungen. Obwohl ihr niemals in irgendeiner Weise liiert wart, tat er so, als könnte er Ansprüche geltend machen. Nein, bei Jonathan liegt das ganz anders. Nach dieser Abfuhr noch einmal zurückzukommen, dazu ist er zu stolz. Vermutlich hofft er, dass ich es mir anders überlege, weil er sich für unwiderstehlich hält. Wenn nicht, wird er sich nach einer anderen Gespielin umsehen.«
»Sei bitte trotzdem vorsichtig. Versprich mir das.«
»Das bin ich bestimmt. Allerdings kenne ich ihn gut genug und weiß, wie er tickt. Bis ich ihm diese Abfuhr erteilte, hat er keine Sekunde daran gezweifelt, dass ich mit fliegenden Fahnen zu ihm zurückkehre. Berufsmäßig wie privat. Nicht dass es ihm wirklich um mich gehen würde. Nein, es wäre einfach ein bequemes Arrangement gewesen – man kennt sich schließlich. Andernfalls muss er sich eben neu orientieren. In Washington laufen genug hübsche und bereitwillige Mädchen herum. Einzig meine Qualifikation als Hotelmanagerin räumt mir vielleicht ein gewisses Alleinstellungsmerkmal ein. Ansonsten bin ich für ihn total austauschbar. War ich wohl immer, nur dass ich es nicht bemerkt habe.«
»Tut mir leid – obwohl ich natürlich froh bin, dass du es einigermaßen rechtzeitig bemerkt hast.«
»Für mich ist die Geschichte gegessen, nachdem ich das Gefühl gekränkten Stolzes überwunden habe. Und Jonathans Besuch hat mir nur bestätigt, dass man sich an einen Mann wie ihn nie wegwerfen sollte. Aber wer weiß, wo ich gelandet wäre, wenn es diesen Knall nicht gegeben hätte. Vermutlich nicht hier. Und das wäre wirklich schade, oder?«
»Trotzdem finde ich es ein bisschen schade, dass man ihn nicht deutlicher in die Schranken weisen konnte. Ryder war da früher zumindest weniger zimperlich«, meinte Avery.
Hope lachte. »Lass mal, das war ganz okay so. Übrigens war Ryder anschließend unglaublich rücksichtsvoll und hat sich geduldig angehört, wie ich meinem Ärger Luft gemacht habe. Saß einfach da und wartete, bis mein Anfall vorüber war. Und wenn er was sagte, dann trug es nicht wie sonst dazu bei, dass ich glaubte in die Luft gehen zu müssen, sondern er wirkte diesmal richtig beruhigend und half mir, mich abzuregen.«
»O ja, so kenne ich ihn auch«, bestätigte ihr Avery. »Zwar ist das nicht gerade sein Normalverhalten, doch er hat ein gutes Gespür, wenn jemand wirklich Hilfe und im übertragenen Sinn ein paar Streicheleinheiten braucht.«
»Das hätte ich nicht von ihm erwartet. Weder dass er zuhört, noch dass er genau das Richtige sagt. Da sieht man mal wieder, wie leicht man Menschen falsch
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