Blütenrausch (German Edition)
Frauen. Man kommt mit ihnen ins Gespräch und erfährt so beiläufig etwas über ihr Privatleben. Man muss nur die richtigen Fragen stellen, um herauszufinden, ob sie mit einem Mann zusammen sind, der ins Schema passt, und schon hat man seinen nächsten Fang gemacht. Und nebenbei spart man auf diese Weise jede Menge Geld, denn Sie brauchen keinen Detektiv zu engagieren, der alles über die Zielperson herausfindet. Sie erfahren ja alles Wichtige über die Frau.«
»Also haben Sie sich an Natalie rangemacht und die nette Freundin gespielt, um an Behring heranzukommen. Aber warum gerade Behring? Es gibt doch bestimmt vermögendere Männer.«
»Er verdient ordentlich, kommt aus einer wohlhabenden Familie und heiratet in eine noch reichere Familie. Was will man mehr?« Sie zog die Schultern hoch und zeigte mit den Handflächen nach oben.
» Sie haben also Behring im Hotel in London eine Falle gestellt. Er hat zwar nicht so reagiert, wie Sie es sich erhofft haben, trotzdem haben Sie es geschafft, eindeutige Bilder von ihm und der bezahlten Gespielin zu bekommen. Dann haben Sie ihn erpresst und er hat bezahlt. Als Nächstes werden sie zu Natalies Feier eingeladen und verlieren Ihre Bibel, nämlich das Heft in dem Sie Buch über Ihre Opfer führen. Was ich nicht verstehe: Sie waren doch mit diesem Job fertig und sie sagten, Natalie hat Ihnen nichts bedeutet. Warum also beschlossen Sie zur Feier und dann auch noch zur Hochzeit zu gehen?«
»Kalkül. Ich kann es mir nicht leisten, solche Freundschaften abrupt zu beenden. Es könnte ja sein, dass man mir nachspioniert ‒ wo ich denn bleibe, warum ich mich nicht mehr melde und so weiter. Nein, zu riskant.«
Plötzlich ertönte die Melodie von »Ich brauche dich«. Wie passend . Mein Handy.
Rossmann versteifte sich. »Erwarten Sie einen Anruf?« Ihre Stimme war schneidend vor Misstrauen.
Ich schüttelte ruhig den Kopf, aber mein Herz raste.
Vielleicht ist es Oliver, der sich fragt, wo ich denn bleibe.
Um keinen Verdacht zu erregen, fuhr ich schnell mit meinen Fragen fort: »Warum hatten Sie das Heft eigentlich dabei?«
Rossmann wartete gebannt, bis das Klingeln aufhörte. Erst dann antwortete sie: »Ich trage das Heft immer bei mir. Nur so kann ich sicher sein, dass es nicht verschwindet. Berufskrankheit. Misstrauen. Nennen Sie es, wie Sie wollen. In diesem Geschäft kann man niemandem trauen.«
»Aber dann haben Sie es aus gerechnet auf der Feier vergessen.«
»Wir hatten alle ein wenig getrunken. Ich bemerkte erst kurz bevor ich ging, dass meine Handtasche auf dem Boden neben dem Sofa lag. Sie muss vom Sofaarm runtergefallen sein, oder einer von den anderen muss sie auf den Boden gelegt haben, als ich auf der Toilette war. Und dabei ist sie so unglücklich gekippt, dass das Heft wahrscheinlich rausflog und unter das Sofa gerutscht ist. Anders kann ich es mir nicht erklären. Ich bemerkte erst, dass es nicht mehr in der Tasche war, als ich wieder zu Hause war. Ich bekam Panik. Dann wurde mir aber schnell klar, dass das Heft nur bei Natalie sein konnte. Ich ging zurück und klingelte. Es machte aber niemand auf.«
»Si e hätten ja auch einbrechen können, so wie hier.«
» Zu riskant. Ich wusste doch, dass der Cateringservice bald da sein würde, um alles wieder mitzunehmen. Und dann bekam ich einen wichtigen Anruf. Probleme tauchten auf und ich musste gehen. Ich wollte noch mal abends vorbei kommen, um nach dem Heft zu suchen.«
»Aber dann kam alles anders.«
»Richtig.« Sie nahm einen langen Zug von ihrer Zigarette. »Natalie fand das Heft in Davids Arbeitszimmer. Keine Ahnung, wie es dorthin kam.«
»Das war die Putzfrau. Sie hat das Heft gefunden und dachte es gehöre David. Deshalb legte sie es auf seinen Tisch.«
» Das erklärt alles. Nachdem Natalie das Heft und die Bilder fand, kam es zum Streit. Natalie brauchte etwas Abstand, um nachzudenken. Aber anscheinend suchte sie auch Beistand, denn sie kam zu mir und erzählte, was vorgefallen war. Sie klingelte gerade als ich zu ihr aufbrechen wollte. Ich fragte sie, was sie mit den Sachen vorhatte, und sie sagte, sie wolle sie erst mal aufbewahren und weiter sehen. Vielleicht würde sie sie am Ende einfach zerstören, vielleicht aber auch irgendwann als Druckmittel einsetzen, oder als Beweis von Davids Untreue, im Falle einer Scheidung. Ich bot ihr an, die Sachen für sie aufzuheben, das wollte sie aber nicht. Am liebsten hätte ich sie auf der Stelle umgebracht, das war natürlich ausgeschlossen.
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