Blütenzauber und Liebeswunder: Roman (German Edition)
Mehr eine Art Freund. Ein Bekannter, eigentlich. Ernie Yardley.«
Frankie machte ein unsicheres Gesicht. »Ich glaube nicht, dass ich ihn kenne.«
Biddy wischte weitere Regentropfen ab. »Wohl eher nicht. Er wohnt allein in Tadpole Bridge, oder besser, hat dort gewohnt. Seine Frau Achsah ist vor einiger Zeit gestorben – eine wirklich schöne Beerdigung hatte sie.«
»Achsah?« Frankie zog die Augenbrauen hoch. »Das ist ein sehr ungewöhnlicher Name. Hab ich noch nie gehört. Ist das Russisch oder so?«
»Liebe Güte, nein. Achsah ist in Berkshire geboren und aufgewachsen. Was man so hört, war ihr Vater ein schlimmer religiöser Eiferer.« Biddy machte ein missbilligendes Gesicht. »Alle ihre Brüder und Schwestern hatten wirklich absonderliche alttestamentarische Namen. Albern nenn ich so was. Wie auch immer, Ernie gehört – gehörte – zu unserer Seniorengruppe.«
»War er schon alt?«
»Mit dreiundachtzig einer der Ältesten in der Gruppe, aber, soviel ich weiß, fit wie ein Turnschuh.« Biddy schüttelte sich und durchnässte eine Reihe noch fast neuwertiger, aber etwas eingelaufener Strickjacken. »Anscheinend hatte er es aber schon seit Jahren mit dem Herzen.«
»Ach herrje.« Frankie hoffte inständig, dass sie mitfühlend aussah und klang. In Wirklichkeit wollte sie nichts anderes, als Biddy abzufertigen und zu dem Gespräch mit Rita über den Laden zurückzukehren. »Wie auch immer, ich nehme an, dass du nicht weiter darüber reden möchtest, also …«
»Entsetzlich war das.« Biddys blasse Stachelbeer-Augen funkelten. Es machte ihr offensichtlich nicht das Geringste aus, über den Tod zu sprechen. »Wir waren auf unserer üblichen wöchentlichen Minibustour zu Poundland, diesem Billigmarkt in Winterbrook, und Ernie wurde in dem Gedränge bei den Nostalgie-Leckereien eingequetscht. Ist umgekippt wie ein Mehlsack.«
Frankie biss sich auf die Lippen und heftete den Blick fest auf den Fußboden.
Hinter ihr tauchte Rita vor Lachen prustend in die Umkleidekabinen ab.
»Öhm …« Frankie holte tief Luft und fasste sich wieder. »Liebe Güte, wie grauenhaft.«
»Ach ja, das war es wirklich.« Biddy nickte. »Und obendrein hatte er gerade das letzte von den Vesta-Beefcurrys in die Finger gekriegt, der Glückspilz. Die sind wie Goldstaub. Er wollte sich eben die Angel-Delight- Karamellbonbons schnappen, die den Nachmittagstee so schön abrunden, da ist es passiert.«
Frankie nickte einfach nur, denn ihr war klar, dass sie dazu wirklich nichts sagen könnte, ohne ins Fettnäpfchen zu treten.
»Natürlich mussten wir alle vor Ort bleiben, bis der Krankenwagen kam. Reine Zeitverschwendung, das hätte ich denen gleich sagen können, Ernie war so tot wie ein Dodo, und die Warterei war ganz schön nervtötend.«
Frankie, die nur darauf brannte, Biddy so schnell wie möglich loszuwerden, hoffte, dass sie eine betrübte Miene hinbekam. »Äh, so, suchst du für die Beerdigung einen Mantel oder ein Kleid oder ein Kostüm?«
»Irgendwas Schwarzes und Billiges zum Ausleihen für den einen Tag.« Biddy wischte sich einen Regentropfen von der Nasenspitze. »Lohnt sich ja nicht, das schöne Geld zu verschwenden und für nur einen Tag etwas Neues zu kaufen, nicht wahr?«
»Ähm, nein. Wohl eher nicht. Und es ist natürlich zu hoffen, dass du nicht noch zu vielen anderen Trauerfeiern gehen musst.«
Biddys Augen glänzten. »Ach, in meinem Alter werden Beerdigungen allmählich zu geselligen Höhepunkten. Ich gehe zu jeder Menge Trauerfeiern, weißt du? Aber keine davon erfordert Schwarz. Heutzutage ist das kaum noch üblich. Wenn du mir also irgendwas möglichst Billiges in Schwarz heraussuchen könntest. Ich hab überhaupt nichts Schwarzes in meiner Garderobe, weißt du?«
»Ja nun, es steht nicht jedem.«
Biddy nickte mit einer kleinen Dusche Regentropfen. »Es macht so blass. Cherish, das ist meine Farbberaterin drüben in Hazy Hassocks, hat mir gesagt, ich soll Schwarz um jeden Preis meiden. Cherish sagt, ich bin ein blühender Frühlingstyp.«
Blühend? Frühling? Frankie blinzelte. Blass und rothaarig, wie sie war, sah Biddy eher aus wie ein blutarmes Eichhörnchen.
»Blaugrün, Aqua- und Primeltöne sind meine Farben, hat Cherish mir erklärt.« Biddy nickte, immer noch tropfend. »Frühlingsfarben. Aber bei dieser Beerdigung unpassend, denn«, sie funkelte empört, »die hier erfordert schwarze Kleidung. Dabei hätte ich gar zu gern meinen nilgrünen Zweiteiler angezogen. Oder vielleicht meinen
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