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Blumen für den Führer

Titel: Blumen für den Führer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Seidel
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kurz vor zwanzig Uhr.
    »Ich wüsste gerne«, fuhr der Fremde fort, »welche Erklärung Sie mir dafür geben, dass diese junge Dame sich mit diesem Negerzeug in dieser Weise präsentieren soll.«

    »Entschuldigung, Herr Schaub …« Rüdiger Storck rang nach mehr Luft. »Es ist nicht, wie Sie denken …«
    »Und was denke ich?«
    »Die Dame hatte mir soeben ihr …«
    »Das will ich gar nicht hören, junger Mann.«
    Dicht hinter der Gräfin stand Frau Storck, die Mutter des Betroffenen. Reni sah genau, wie sie die Hände aufgeschreckt vor ihren Mund schlug, und in den Augen funkelte die Angst.
    Der Mann fuhr fort: »Die Komtesse Renata steht unter meinem Schutz. Wenn Sie Ihre überaus zweifelhafte Fantasie mit solchen Arrangements befriedigen müssen, rate ich Ihnen, dies woanders und mit anderen Leuten zu tun.«
    »Jawohl, Herr Schaub, ich …«
    »Halten Sie den Mund!«
    Storck schraubte eilig seine Leica vom Stativ. Reni war empört, aber sie hatte nicht den Mut, sich zu entscheiden. Der Mann schaute sie an, er streckte seine Hand vor und forderte sie auf, den Sessel zu verlassen. Reni sah den Vater drüben an der Tür. Er blickte streng und nickte fast unmerklich. Sie nahm die Hand des Herrn und achtete darauf, dass sie von ihm nicht nur gezogen wurde, sondern auch mit eigener Kraft zum Stehen kam.
    »Darf ich mich vorstellen«, sagte er, »mein Name ist Julius Schaub. Ihr Vater hat Sie mir beschrieben. Dass Sie eine solche Schönheit sind, hat er verschwiegen.«
    Es war sehr still im Raum, nur die Stiefel der Soldaten knarrten leise. Der Vater schaute her, sein Blick war dankbar, liebevoll. Reni sah in seiner Miene, dass er mit ihr zufrieden war.
    Schaub tat einen Schritt zur Seite. »Verzeihen Sie mir bitte, wenn ich zu ungezogen aufgetreten bin. Aber ich hoffe sehr,
dass wir d’accord sind, dass dieser Unrat aus dem Zimmer muss. In Kürze kommt der Führer, Sie verstehen …«
    Reni war erleichtert, als er ihre Hand losließ. Sie sagte leise Ja. Lydia tauchte an ihrer Seite auf. Als Schaub sie sah, huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
    »Verehrte Freundin, ich bin sprachlos.« Er schaute Reni wieder an, sie fühlte seinen Blick wie etwas Festes. Dann fügte er hinzu: »Sie ist ein wahrer Engel … ganz wie Sie sagten. Wo ist der Graf?« Er reckte seinen Hals und Lydia deutete zur Tür. »Ich möchte mich bei ihm bedanken.«
    Schaub gab den Wachsoldaten einen Wink, dass man den Nebenraum in Richtung Saal verlassen werde. Die meisten Gäste hatten sich bereits dorthin zurückgezogen. Storck war noch damit beschäftigt, seine Sachen einzupacken. Die Gräfin hatte einen Diener angewiesen, die Gladiolen wieder vor die Eingangstür und auf den Flur zu tragen.
    Reni folgte Schaub und den Soldaten, sie merkte, dass ihr schwindlig war, und sie fand, dass dieser Herr nicht wohlerzogen war, sonst hätte er ihr zweifellos den Weg gewiesen und sie vorgelassen. Im Saal sah sie, wie der Vater sich vor Schaub verbeugte, es gefiel ihr nicht. Sie ging ein Stück zur Seite, man unterhielt sich neben ihr, niemand merkte, wie sie sich entzog. Sie ging zurück. Im Nebenraum bat sie den jungen Storck, ihr zu erklären, was das alles auf sich habe.
    »Sie scherzen«, sagte er.
    »Wieso?«
    »Sie wissen nicht, wer Schaub ist?«
    »Doch.«
    »Dann ist ja alles gut. Ich muss mich wohl entschuldigen. Ich dachte, dass Sie mit dem Foto einverstanden wären.«
    »Das war ich auch.«

    Er sah sie an. »Sie sollten besser gehen. Wenn er sieht, dass ich mit Ihnen rede …«
    »Ich habe den Herrn noch nie vorher gesehen«, sagte Reni. Sie verstand nicht, was Storck meinte. »Ich kenne gerade seinen Namen und weiß, dass er dem Führer dient. Mehr nicht.«
    »Aber er kennt Sie , und wie mir scheint, genau. Ich sagte ja, dass man sich allerhand erzählt … Bitte, verzeihen Sie, aber ich möchte nicht mit Ihnen reden.« Er stellte seine Sachen hinter einen Schrank. »Und wissen Sie den Grund, Komtesse Renata?« Er schnalzte mit der Zunge, zog Floh behutsam näher und streichelte den schönen, großen Katzenkopf – dabei spähte er zum Saal hinüber; offenbar glaubte er, dass man sie beide von dort beobachtete. Was er dann unerwartet sagte, erschreckte Reni so, dass sie sich setzen musste.
    Er beugte sich zu ihr und flüsterte: »Sie sind mir zu gefährlich.«
     
    Reni entdeckte ihren Vater in einer Gruppe älterer Herren, in deren Mitte ein paar junge Mädel standen. Es schien ein dichter Ring zu sein, aus dem die Mädchen nicht

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