Blumen für den Führer
betrachtete das Tier. Floh merkte es und blickte ebenfalls. Durchdringend, fand sie und fühlte sich noch immer unbehaglich. Die Leute schauten her.
Rüdiger Storck stellte sein Glas ab, hockte sich und legte eine Hand vorsichtig auf das Fell. »Es ist ganz weich und warm. Sie liebt es, wenn man sie berührt.«
Aber Reni hatte zu viel Angst. Sie tat einen winzig kleinen Schritt nach vorne. Immerhin.
»Sie ist ein Katzenkind«, sagte er und schaute Reni an. Jetzt kraulte er den Hals des Tiers, Floh ließ es sich gefallen.
Reni wagte einen weiteren Schritt vorwärts.
»Na sehen Sie …« Storck bestärkte sie. »Sie sollten keine
schnellen Bewegungen machen und sie nicht allzu lang fixieren, das mögen Tiere nicht. Sie darf sich nicht erschrecken, das ist alles.«
Aus der Nähe wurde Floh noch schöner. Das Fell war gelblich braun, die Zeichnung war ein dichtes Netz aus Inseln. Die Ohren waren rund und pelzig, die Pfoten wirkten weich und sahen wirklich beinah zärtlich aus. Die dunkle Nase nahm irgendeine Witterung auf, die langen Fühlerhaare an den Seiten zitterten und waren leuchtend hell. Reni bückte sich ein wenig und hielt die Hand ein Stück nach vorn. Sie sah, dass Floh sich streckte, sie stieß die Nase vor. Zwischen Renis Hand und ihr lag gerade mal ein Kinderschritt.
»Sie ist an Lärm gewöhnt, ich nehme sie überallhin mit, soweit das möglich ist.« Storck streichelte den großen Kopf. »Komm, Floda, komm mal her … das ist Renata … Sieh sie dir an und schnüffle ruhig ein bisschen, ich glaube, sie riecht gut.«
Reni zog die Hand zurück und machte sich ein bisschen gerade. Das Chiffonkleid verbot, dass sie selber in die Hocke ging. Sie wollte nicht den Stoff zusammenraffen müssen und auf dem Boden schleifen lassen. Und diesem jungen Mann wollte sie auch nicht nahe kommen. Sie kannte ihn ja gar nicht, nicht mal das kleinste bisschen …
»Man sagt, Sie seien verlobt«, sagte er plötzlich.
Reni war so überrascht, dass sie wieder lachen musste.
»Ich bin erst fünfzehn«, sagte sie entrüstet.
»Ah ja.«
»Man redet über mich?«
»Schon eine Weile, glaube ich.« Er streichelte Flohs Rücken. »Aber es wird so viel geredet … meistens Unfug.« Er sah Reni wieder an. »Man erzählt sich auch, Sie seien
eine wahre Schönheit. Das allerdings ist bestimmt kein Unfug.«
Er wollte sicher freundlich sein. Aber sie mochte nicht in dieser Weise mit ihm reden. Es gefiel ihr einfach nicht. Verlobt!
»Sie verwechseln mich vielleicht.«
»Ihr Vater ist Graf Haardt?«
Sie bejahte.
Er hatte endlich aufgehört, ihr die Leine anzubieten.
»Dann eben nicht verlobt«, fügte er hinzu. »Womöglich etwas Ähnliches? Ach nein, das gibt es überhaupt nicht. Aber man redet über Sie, Renata. Fragen Sie die Gräfin!« Er stand auf und winkte einen Diener her. »Sind Sie eine ihrer Mädchenblüten?« Er nahm ein volles Glas und nippte.
Reni hätte gerne wieder Ja gesagt. Aber irgendetwas hemmte sie. »Ist eine Mädchenblüte sein ein Vorteil?«, fragte sie stattdessen.
Storck beugte sich erneut zu Floh und hob belehrend einen Zeigefinger. »Siehst du, das kommt davon: Wenn man so aussieht, als sei man böse und gefährlich. Die junge Dame mag dich nicht.«
»Das ist nicht wahr«, sagte Reni. »Ich mag sie sogar sehr. Aber ich bin Raubtiere nicht gewohnt, das kann man doch verstehen.« Sie zögerte und fragte: »Darf ich Sie fragen, wie man ein solches Tier bekommt?«
Storck antwortete, aber Reni hörte gar nicht zu. Das Wort verlobt wühlte in ihr wie ein Maulwurf. Sie konnte sich nicht konzentrieren.
»So teuer!«, sagte sie und tat erstaunt. Er hatte eine Zahl genannt, aber sie war ihr nicht bewusst geworden. »Weiß der Führer, dass Sie diese Katze haben?«, fragte sie.
»Der Führer ist ein großer Tierfreund. Bestimmt wird er als Erstes meine kleine Floh begrüßen, wenn er nachher kommt. Renata, wenn Sie die Wahrheit sagen … ich meine, wenn Sie Floh wirklich mögen, dann möchte ich Sie um einen Gefallen bitten. Keine Angst, nichts Schlimmes. Ich habe einen Fotoapparat, er ist meine ganze Leidenschaft.« Er beugte sich erneut zu Floh herunter. »Nicht wahr, mein Schatz, du willst doch auch?« Er tat, als horche er. »Sie hat Ja gesagt!«
Der junge Mann strahlte und Reni musste einmal herzlich mit ihm lachen.
»Wir haben hier einen Nebenraum. Sie sitzen in dem großen roten Sessel und Floh liegt ausgestreckt vor Ihren Füßen. Wunderbar! Sie müssen ihn auch nicht berühren, ich
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