Blumen Für Sein Grab
nicht gefallen, und ich habe nicht vor, in meinem Alter noch einmal damit anzufangen!«
»Rachel, sag mir um Himmels willen, wen wir auf dem Friedhof von Lynstone beerdigt haben!« Sie biss sich auf die Unterlippe, doch in ihren grünen Augen stand Trotz.
»Vermutlich musst du es tatsächlich wissen. Es war Raoul Wahid. Ein Verwandter von Alex. Er hat uns erpresst.« Markby schloss für einen Moment die Augen.
»Er hat versucht, mir seinen Namen zu nennen, als er starb. Ich war so sicher, dass es Alex war, dass ich glaubte, er meinte seinen gegenwärtigen Namen Constantine, den ich überprüfen sollte. Als ich herausfand, dass Alex früher George Wahid gewesen ist, schien das meine Vermutung zu bestätigen. Doch was dieser arme Teufel in Wirklichkeit sagen wollte war, dass er überhaupt nicht Alex ist! Ich hatte – gütiger Gott, wir hatten sämtliche Beweise vor der Nase und haben sie einfach nur falsch herum gehalten!« Markby verstummte, dann fragte er müde:
»Erzähl mir die Geschichte. Erzähl mir alles! Ich werde es ohne Zweifel vor Gericht noch einmal hören, aber ich will es von dir erfahren. Hier und jetzt.«
»Hör auf, mich zu kritisieren!«, entgegnete sie wütend.
»Fang bloß nicht an, in diesem Ton mit mir zu reden! Du bist nicht besser als ich! Du kannst uns keinen Vorwurf machen! Alex hat sein ganzes Leben in Gefahr geschwebt. Er wollte nur Frieden, das ist alles!«
»Er hat sich die ganzen Jahre in Lynstone versteckt, sehe ich das richtig? Jemand war hinter ihm her? Er hatte eine Leiche in irgendeinem Keller, und dieser Raoul hat gedroht, die Sache ans Licht zu bringen?«
»Es gefiel ihm hier! Doch ja, auf gewisse Weise hat er sich vor der Vergangenheit versteckt. Nenn es eine Leiche im Keller, wenn du willst, aber du musst die Umstände verstehen! Alex ist kein Ganove! Er wollte einfach nur am Leben bleiben! Er wollte ein sicheres, anständiges und komfortables Leben führen. Jeder hat das Recht, sich so etwas zu wünschen und es zu verwirklichen, wenn er eine Möglichkeit sieht!« Sie brach ab und verschränkte die Arme vor der Brust, während sie sich die Unterarme rieb, als fröstelte sie.
»Alex war stolz darauf, Libanese zu sein! Er hat mir den Libanon immer als wundervolles Land beschrieben, ein reiches und entwickeltes Land, bevor der Krieg ausbrach. Vielleicht wird er das eines Tages wieder sein. Die Libanesen waren die Finanziers des gesamten Nahen Ostens, die Bankiers, doch das Chaos und Blutvergießen hat alledem ein Ende gemacht. Der Libanon ist kein Ort für jemanden, der auf dem Zaun sitzen und nicht Partei ergreifen will. Man wird in einen Clan hineingeboren, in eine der vielen Splittergruppen dieses Konflikts, verstehst du! Die Familie, die Großfamilie, bedeutet dort sehr viel mehr als hier bei uns. Sie ist der Quell gegenseitiger Unterstützung und Hilfe, doch manchmal verlangt sie von einem Einzelnen einfach zu viel. Mehr, als man von einem Menschen verlangen darf! Alex’ Familie war wohlhabend. Doch während der siebziger Jahre fingen sie an, sich Sorgen zu machen. Der Libanon war nicht länger das Land, wo die Menschen ihr Geld anlegten. Im Gegenteil, jeder versuchte, sein Geld außer Landes zu schaffen! Die Wahids beschlossen, ihre Reserven in Sicherheit zu bringen, ins Ausland, doch sie mussten äußerst diskret vorgehen, um nicht ihren geschäftlichen Ruf zu Hause zu beschädigen. Sie benötigten einen Kurier, jemanden, der unschuldig genug aussah und zwischen den Schweizer Banken und dem Libanon hin und her reisen konnte und dessen häufige Flüge bei niemandem Verdacht erweckten. Alex war jung und Student. Jeder weiß, dass Studenten aus Spaß an der Freud durch die ganze Welt reisen. Er war der ideale Kandidat. Er war von seiner Familie bevollmächtigt, die Banken in der Schweiz kannten ihn und waren bald daran gewöhnt, mit ihm zu verhandeln. Seine Unterschrift kontrollierte die Verschiebung eines Vermögens. Wenn du glaubst, dass die Familie leichtfertig zu viel Vertrauen in einen jungen Mann gesetzt hat, dann vergiss nicht, dass Alex klug, mehrsprachig und vor allen Dingen ehrlich war. Deswegen haben sie ihm vertraut. Außerdem war er Mitglied ihres Clans, und das war die stärkste Bindung von allen! Seine Interessen waren mit den ihren verknüpft. Die älteren Familienmitglieder trafen in Beirut die Entscheidungen und erteilten den jüngeren Männern die Befehle. Alex führte sie getreu der Familientradition aus, ohne jeden Skrupel. Er hat alles getan, was
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