Blumen fuer Zoë
»Man könnte meinen, zwei gefallene Engel«, scherzte er. Ich fragte nach seinen Vorsprechproben.
»Heute war ein schlechter Tag, nur drei insgesamt. Niemand hat zurückgerufen, was kein gutes Zeichen ist. Trotzdem gibt es keinen Grund, auf Schnaps zu verzichten. AuÃerdem komme ich gerade von einer kleinen Tour aus Santa Monica zurück und ich fühle mich wie berauscht, falls du verstehst, was ich meine â¦Â«
Wir gingen den langen Flur mit den Fotos der Nutten entlang. Ella Fitzgeralds Stimme erfüllte das Wohnzimmer. Ich fragte, ob er vorhabe, mit mir zu bumsen, was ihn ansatzweise zum Lachen brachte. Dann fragte er mich, ob ich immer noch an meine »Tochter« denken würde, wobei seine Stimme plötzlich ganz ernst klang â verliebte alte Männer wie ich sind AuÃerirdische für ihn. Und in meiner Not vertraute ich mich ihm an: Ich hatte sämtliche Hoffnung fahren lassen, Zoë jemals wieder zu Gesicht zu bekommen.
Doch schon am darauffolgenden Tag erhielt ich einen Anruf mit der Bitte, eine enorme Kaution für ihre Freilassung zu bezahlen: Ihre Greencard sei gefälscht âund ihr drohe die Abschiebung auf die Bahamas. Ich versuchte, mit meinem Gesprächspartner, einem gewissen »Doktor G.«, über die Summe zu verhandeln. Er verabredete sich mit mir auf den Anhöhen des Laurel Canyons, wohin ich mich mit dem geforderten Geldbetrag begab. Das Gesicht hinter verspiegelten Brillengläsern verborgen, zählte er dreimal nach und schüttelte mir dann zum Abschied die Hand. Ich war daher völlig blank, als ich Zoë im Bundesgefängnis abholte.
»Tu mir den Gefallen und beià nie wieder jemanden«, schärfte ich ihr ein, »ein Teil meiner Ersparnisse ist gerade in den Taschen eines korrupten Bullen verschwunden. Mir fehlen die Mittel, damit du wen auch immer beiÃen kannst, verstanden?«
»Ich tuâs nie wieder, versprochen!«
Es heiÃt, das Gefängnis verderbe den Charakter, aber auf Zoë hatte die Haft genau den gegenteiligen Effekt gehabt: In der Regel war sie jetzt zahmer als ein hungriges Eichhörnchen, selbst wenn sie sich in manchen Momenten nicht zwischen Ruhe oder Sturm entscheiden konnte. Die schlechte Nachricht allerdings war, dass ihr Verlangen noch zugenommen hatte: Es handelte sich nun nicht mehr um die Libido einer jungen Bahamo-Kubanerin, sondern um die einer ehemaligen Knastschwester, womit ich sagen will, dass ich völlig fertig war.
Renato war einverstanden, dass wir noch ein wenig blieben, bevor wir uns wieder auf den Weg machten. Zoë hatte das Kochen für sich entdeckt, und ich kam in den Genuss von Muschelbeignets, die mindestens so vorzüglich waren wie die von Tabitha. Unsere Reise nach Kanada geriet ein wenig in Vergessenheit, und auch Zoë, glaube ich, dachte an nichts anderes mehr als an das Hier und Jetzt. Wir fühlten uns fast glücklich in Santa Barbara (euphemistisch ausgedrückt), aber um meine Rastlosigkeit auszugleichen und im Reisetrott zu bleiben, machte ich jeden Vormittag mit dem Wagen ausgiebige Touren zu der im Morgenrot erglühenden Bucht. Diese einsamen Spazierfahrten ermöglichten es mir auch, den nötigen Abstand zu gewinnen, ohne den ich Zoës heiÃem, schmachtendem Körper den ganzen Tag über gefährlich nahe gewesen wäre. Aber eines schönen Morgens, als ich von meinem Streifzug zurückkehrte und es im Haus nach Muscheln aus fernen Gewässern duftete, fand ich Zoë weinend über dem Kochtopf vor, während ihre Tränen sich mit dem kochenden Wasser auf äuÃerst anmutige Weise vermischten. Sie hielt ein Küchenmesser in der Hand und wandte sich der Arbeitsplatte zu, um eine Zwiebel zu schneiden. Ich ging zu ihr und wollte sie in den Arm nehmen, aber sie stieà mich weg, das Messer immer noch fest umklammert. Eine letzte Träne, die ich diesmal aber der Zwiebel zuschrieb, landete in dem Gericht, das sie zubereitete, und dann hörte das Weinen abrupt auf.
»Was ist los?«
Sie schniefte und rief dabei den Herrn an.
»Es ist wegen meiner Insel«, sagte sie.
»Das verstehe ich, Schatz.«
»Nein, tust du nicht. Dein Haus ist nicht von einem Meer aus Schlamm weggespült worden.«
Sie legte den Kopf in die Hände und schluchzte lautlos. Wieder einmal war ich mit dem Unglück einer Frau konfrontiert, die ich liebte, und völlig überfordert damit, sodass man wirklich auf die Idee
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