Blumen fuer Zoë
Tierarzt â¦Â«
»Man kann Tiere mögen und sie gleichzeitig köstlich finden«, war sein geistreicher Kommentar, bevor er das noch dampfende Tier auf der Theke zwischen Wissenschafts- und Pornomagazinen anrichtete. »Kaninchen habe ich schon seit ewigen Zeiten nicht mehr gegessen. Mit den Kindern geht das einfach nicht; seit das mit Sunny passiert ist, darf ich keine mehr machen, mein Sohn Sasha verbietet es mir.«
»Wer ist Sunny?«
»Das Kaninchen, das ich Sasha zum Geburtstag geschenkt habe. Seinetwegen isst er keine mehr; wegen eines Karnickels. Sunny das Karnickel. Sunny das verdammte Karnickel.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn beim Barbecue gegrillt.«
»Sasha oder das Kaninchen?«
»Das Kaninchen. Ich hatte keine andere Wahl. Dieses Mistvieh hat die Möbel angeknabbert; es hat sogar nach und nach ganze Sessel aufgefressen â auf irgendetwas mussten wir uns ja schlieÃlich noch setzen können!«
»Und hat es gut geschmeckt?«
Renato verriet in vertraulichem Ton: »Wenn ich ehrlich bin, war das das beste Kaninchen, das ich je gegessen habe â ich hatte ihm Biofutter zu fressen gegeben, ein echter Leckerbissen!«
Da mich meine Fähigkeit, nein zu sagen, in dem Moment im Stich lieÃ, willigte ich ein, sein Kaninchen zu kosten. Als die Teller leer waren, ereilte uns eine postmahlzeitliche Befangenheit; während des Dinners war alles gesagt worden, und ein banales Thema anzuschneiden, hätte uns die allergröÃte Mühe bereitet. Um das Schweigen zu brechen, bot Renato ein Glas Scotch an. Wir sahen uns Catchen im Fernsehen an, während man das Reh im Hintergrund atmen hörte.
»Falls Sie eine Bleibe suchen, bis Ihre Freundin wieder auf freiem Fuà ist, können Sie gern bei mir unterkommen«, sagte er in einer Werbepause. »Mir gehört auch die Nachbarranch, und die daneben ebenfalls. Sie können sich also aussuchen, welche Ihnen besser gefällt.«
Das konnte ich natürlich nicht ablehnen.
Ich hatte das Reh zur Genesung auf der Pferdekoppel untergebracht. Tagtäglich bekam ich von Renato zu hören, ich solle es freilassen, aber ich weigerte mich: Ich hatte mich nämlich an das Tier gewöhnt, mehr als ich mich jemals an Charlie Chaplin gewöhnen würde. Ich taufte es Francis, aber bald schon wies mich der Tierarzt darauf hin, dass es sich um ein Weibchen handelte und Francis trächtig war.
Eines Morgens, als er in seinem tannengrünen Bademantel die Mülltonnen vor die Tür stellte, warf Renato mir wieder einen seiner missbilligenden Blicke zu.
»Die Beckers besitzen zwei Giraffen«, sagte ich. »Und die Wentz-Millers haben einen Schimpansen.«
»Die sind ja auch bescheuert«, erwiderte der Tierarzt. »Wie Kalifornier halt so sind. Aber Sie sollten das doch besser wissen.«
Renato kann seine Mitmenschen nicht leiden. Es stimmt, dass die Rivalität zwischen Blonden an der Westküste ziemlich schrecklich ist; es gibt hier so eine Art »Die-Welle-gehört-mir«-Einstellung, die sich jemandem aus New York nie erschlieÃen wird.
»Wenn du willst, begleite ich dich auch«, fuhr er fort, »und wir lassen das Reh gemeinsam im Yosemite- Nationalpark frei.«
»Francis wäre dort auf keinen Fall glücklich.«
»Willst du heute Abend auf ein Gläschen vorbeikommen?«
»Aber du lädst mich doch jeden Abend ein! Die Wentz-Millers werden uns noch für Schwuchteln halten!«
»Und wennschon, du kannst doch trotzdem kommen, oder? Sagen wir einfach, ein allerletztes Mal!«
Ich nahm die Einladung an. Immerhin besitzt Renato den besten Weinkeller im ganzen Bezirk. AuÃerdem gehört er zu den Leuten, die neben ihrem normalen Beruf noch Werbung für Waschmittel machen, und diese Kameraversessenheit fasziniert mich. Jedes Mal, wenn wir uns trafen, berichtete Renato mir von seinen Vorsprechterminen und wollte ein Feedback zu den Pilotfilmen. AuÃerdem hatte er die Marotte, es jeden Freitag mit einer anderen Nutte zu treiben, als wolle er eine Sammlung anlegen, und ich konnte den pikanten Details seiner Eskapaden nicht widerstehen. Die City von Los Angeles hatte er bereits durch und nahm nun Santa Monica in Angriff.
Für den Abend zog ich meine neue kalifornische Uniform an: eine weiÃe Leinenhose und ein Hemd in der selben Farbe. Renato erwartete mich auf der Veranda seiner Hazienda, auch er ganz in Weià gekleidet.
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