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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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einheimischer Ungar sein, er hatte eine Waffe bei sich, ein Gewehr mit langem Kolben und kurzem, massivem Lauf, das er nun mit einem Seufzer von der Schulter nahm. Schweißtropfen perlten von seiner Stirn. Das Ding ist wohl eine kleinere Kanone, dachte Gilagóg.
    Gibt es ein Massaker?!
    Werden die erzürnten Einheimischen sie niedermetzeln?!
    Er durfte keine Angst zeigen! So blickte er den Ungarn herausfordernd an. Er hatte schon davon gehört, dass die Ungarn ein rachsüchtiges Volk seien, es aber nicht für möglich gehalten, dass ein Menschenschlag heftiger nach dem Blutdunst der Rache dürsten könnte als die bosnischen Türken. Höchstens noch die Lovara, denen zugefügte Wunden zeitlebens keine Ruhe lassen. Längst sind sie verheilt, nur mehr die Narben wölben sich auf der Haut, doch die Lovara sind unfähig, den Schmerz zu vergessen. Wenn du einen Lovara auch nur versehentlich anrempelst, erinnert er sich bis zum Tod daran.
    Ein Kind sprang zu dem Mann, der hinter dem Deutschen schnaufte, und riss ihm die Hosen ein. Der Stoff ratschte, die Hand des Ungarn schnellte vor, er wollte das Zigeunerkind nicht schlagen, nur verscheuchen. Die Mutter des Kleinen kreischte auf, begann zu fluchen. Ein Stein flog auf den Deutschen zu, sauste an seinem Gesicht vorbei und prallte gegen einen Baumstamm. Der Deutsche hörte auf zu schreien und warf verdatterte Blicke auf die Menschen, die sich immer näher heranwagten, sie bereits einkreisten. Scheiße, Scheiße , flüsterte der Deutsche, und Gilagóg fuhr sich an die Stirn, denn dieser Fluch war noch fürchterlicher als die vorherigen. Gleich wird sich der Himmel verdunkeln und ein Blitz zwischen sie fahren! Scheiße, Scheiße , wiederholte der Deutsche, und vergeblich zischte Gilagóg seine Leute an, sie sollten sich unterstehen, aber sie hörten nicht auf ihn, seit sie den Tod des Goldzahnigen miterlebt hatten, waren sie mutiger geworden. Seit sie wussten, in was für einer Stadt sie leben würden, fürchteten sie weder die hiesigen Zigeuner noch die Ungarn und auch nicht den krakeelenden Deutschen.
    Scheiße, Scheiße , wiederholte der Deutsche das böse Zauberwort.
    Und weil der Woiwode ein Messer aufblitzen sah, warf er sich ihnen entgegen und schützte den verängstigten Alten mit seinem Körper. Er brüllte. Wer es wage zuzustechen, dem breche er eigenhändig den Arm! Im nächsten Moment verlor er das Gleichgewicht und wäre vielleicht gestürzt, hätte der Deutsche nicht rasch nach ihm gegriffen und ihn mit bewundernswerter Kraftanstrengung aufgefangen. Dem Woiwoden schwindelte, der Alte hielt ihn an den Schultern fest. Herr Schütz starrte auf seine Hand, mit der er nach dem Zigeuner gegriffen hatte, die Finger waren blutig, er roch an ihnen und vergaß sogleich alles, den Kleiderdiebstahl, die Diebereien, die Lebensgefahr, er wurde wieder Arzt.
    Wo ist meine Tasche?, sagte er drohend.
    Meine Tasche , wo ist meine Instrumententasche, ihr Nichtsnutze?
    Der brüllend angekommene, dann zu Tode erschreckte Deutsche wandelte sich auf einmal in einen ernsthaften Mann, der keinen Widerspruch duldete.
    Wo sind meine Instrumente, meine Medikamente, meine Skalpelle?!
    Endlich sagte auch der Ungar etwas, überraschenderweise in der Zigeunersprache. Der Woiwode war so erstaunt, dass er seine Schwäche vergaß. Dieser Mann konnte Zigeunerisch! Zwar verriet seine Aussprache, dass es nicht jenes Zigeunerisch war, das sie selbst sprachen, doch sieh da, er konnte sich verständlich machen. Der Woiwode winkte, gleich darauf warf eine Frau dem Doktor die Tasche vor die Füße.
    Wasser!, befahl der Deutsche. Warmes Wasser!
    Sogleich wurden die Zigeuner fügsam wie die Erde im Frühling. Hastig holte Doktor Schütz eine Flasche hervor, schüttete sich Alkohol in die Hand und verrieb ihn sorgfältig auf dem Arm. Dann wandte er sich zu seinem Gefährten um und zuckte die Achseln, als wolle er sagen, wer weiß, schaden kann es nicht. Unterdessen hatte jener die Kanone aufgestellt und fummelte noch immer an dem Gerät herum. Der Woiwode verstand überhaupt nichts. Was wollten die, wenn sie sie niederschießen, warum wollen sie ihn heilen?! Der Doktor betastete Gilagógs Brustkorb. Die Wunde war von einer glitzernden, gelben Haut überzogen. Der Doktor grunzte auf, als habe er einen Schatz gefunden. In der Wunde funkelten plötzlich aufblitzende und verblassende, nadelspitzengroße Lichter. Auch der Woiwode sah sie.
    Kein Zweifel, er war von Goldwürmern infiziert!
    In seiner Kindheit hatte

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