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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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ein paar Tage lang nur grinsen können. Auch wenn sie Schmerzen hat, beim Pinkeln wird sie grinsen, als hätte sie in einen Holzapfel gebissen. Falls sie ihre Zwillinge morgen in die Welt setzt, wird sie es lachend tun. Stirbt sie morgen, weil ihr nichts anderes übrig bleibt, wird sie lachend sterben.
    Drüben bei den Zelten rief jemand, die Frauen deuten nach hinten, sich auf dem Wagen aufrichtend, streckte der Wahrhaftige seine runzelige Visage heraus, gebt mir Geld, schnarrte er. Der lange Dünne trat staunend hinzu, beugte sich verblüfft über das greisenhafte Säuglingsgesicht.
    Wie viel?, fragte er in Zigeunersprache.
    Es wurde still, auch Habred war überrascht, bis dahin hatte er den Menschen Furcht eingejagt, sie hassten ihn nur, ekelten sich vor ihm. Noch nie hatte ihn jemand etwas gefragt.
    Gebt mir Geld, schniefte er mit herabhängenden Mundwinkeln.
    Warum?, fragte der Lange.
    Gebt!, wimmerte Habred.
    Warum sollen wir dir Geld geben, wenn du es nicht ausgeben kannst, wenn du davon keinen Wein und keine Fladen kaufen kannst?! Warum sollen wir dir Geld geben, wenn es dir aus derHand fällt, wenn du es vergeudest, in Brunnen streust, wenn du es verspielst oder dich vollfrisst, bis dein letzter Pfennig dahin ist?!
    Gebt mir Geld!, winselte Habred, der Rotz rann ihm übers Kinn.
    Wer bist du?, fragte der Ungar hartnäckig.
    Habred zitterte bereits am ganzen Körper. Barka bewegte sich, als wäre sie nicht schwanger, streichelte grinsend das schmierige Säuglingsgesicht und legte eine Decke über den Wahrhaftigen. Eine Zeitlang zappelte er noch herum, dann beruhigte er sich langsam. Barka feixte und spuckte aus.
    Pfui, pfui!, zischte sie. Verreckt! Krepiert!
    Der deutsche Doktor zog seinen Begleiter am Mantel, damit er sich schnell umdrehte. Eine Frau stand bei einem der Wagen, sie strich sich geistesabwesend über den Rock, in dessen Falten Halme von Heu und Gras hingen. Offenbar hatte sie die ganze Zeit zugesehen, während Somnakaj sie anhimmelte. Der lange Dünne machte zögernd einen Schritt nach vorn.
    Gilagógs Gedanken verwirrten sich, in Bosnien hatte man sie viel herumgetrieben, man wollte sie umbringen, schließlich hatte man ihnen einen Knochen hingeworfen, aber natürlich nur, damit sie selbst dann andere vor sich her trieben. Es war verantwortungslos gewesen, in diese Stadt zu ziehen! Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht sollte man weitereilen?! Schon nach ein, zwei Tagen war hier alles so schrecklich verworren! Masa, der Arme, war tot, weil sein Leben durch das Loch in seinem Herzen in den Himmel gerieselt war. Allerdings war auch die goldzahnige Bestie verreckt, weil ihre breite Büffelstirn eine Delle bekommen hatte! Die unbekannte Ungarin, die sie fast ins Verderben gestürzt hätte, war hier bei ihnen, sie hatten den weißköpfigen Deutschen am Hals, der sie mit schrecklichen Worten verflucht hatte, na und auch der Ungar mit der Kanone, der ein bisschen Zigeunerisch konnte, war hier! All das hätte einen um den Verstand bringen können!
    Der Ungar taumelte, er wäre in den Staub gestürzt, hätte Gilagóg ihn nicht rasch festgehalten. Anscheinend war es ein Tag für derlei Dinge, der eine hält den anderen, fängt ihn auf! Die Ungarin ging zu dem Mann hin, sie gehörten zusammen, das sah man, denn sie umarmte ihn. Imre, sagte sie, Imre, möglicherweise sagte sie auch und immer wieder, dass er nicht mehr allein sei. Der Mann lächelte verzerrt, antwortete etwas und schlug sich mit der Faust an die Brust.
    Die Frau weinte, sie schluckte ihre Tränen.
    Der Mann sagte etwas in Zigeunersprache, jetzt verstand Gilagóg es kaum, worauf der Mann wiederholte, sie sollten sich nebeneinander stellen, hier vor die Kanone, deutete er, alle sollten herkommen, damit der Doktor die Zauberei zeigen könne, die vorgaukelte, man würde die Zeit gefangen nehmen.
    Der Woiwode tat so, als verstünde er nicht, dann überwand er seine Angst und knurrte seine Leute an, und die begannen langsam, aber doch, sich zu sammeln. Gilagóg scheuchte sie zusammen, manchen gab er einen Tritt, andere trieb er mit Stößen an. Die Zigeuner stellten sich zögernd in eine Reihe, sie waren es nicht gewohnt, sich zu gruppieren. Somnakajs Finger schlossen sich unwillkürlich um Klaras Handgelenk. Der Ungar warf einen Blick auf das Mädchen, dann stellte er sich auf die andere Seite. Neben ihm stand Barka, sie stieß ihn ab und zu in die Rippen. Gilagóg hob Habred den Wahrhaftigen aus dem Wagen und nahm ihn auf den Arm.

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