Blumenfresser
Arbeiter gelaufen und tanzten darauf. Dabei hörte Imre die Schläge ihrer Hämmer so gern, wenn sie die Steine an ihren Platz klopften.
Hin und wieder fand er zu Hause Blumen vor, in der Vase auf dem Tisch im Salon, und er hegte keinen Zweifel, dass es seine Blumen waren, seine Tulpen, Dahlien und sein Flieder steckten in den Vasen und langhalsigen Flaschen, jemand hatte sie abgeschnitten und Klara gebracht, die dann immer unbeschwerter und fröhlicher war. Imre hatte Angst zu fragen, wie sie zu den Sträußen gekommen war. Am nächsten Tag sah er immer an den Stellen nach, wo die Blumen gestanden hatten, und seineVermutung war richtig. Die Narzissen, die er auf dem Esstisch vorgefunden hatte, waren seine eigenen.
Als er einmal von seinen üblichen Streifzügen heimkehrte, saß Klara im Halbdunkel des Salons und gab auf seine Frage keine Antwort. Imre machte Licht, Klara war kalkweiß und, obwohl sie aufrecht dasaß, nicht mehr bei Besinnung. Sofort ließ er Doktor Schütz holen, der sie bestürzt untersuchte und es mit der Angst zu tun bekam. Klara wäre damals fast gestorben, sie war so krank, dass er ihr eines Morgens ein Spinnennetz aus dem Haar entfernen musste. O weh, es ist fast kein Leben mehr in ihr! Sie stirbt. Sie stirbt nicht. Wie minimal ist der Unterschied zwischen den beiden Feststellungen! Imre kam später zu dem Schluss, dass diese Vergiftung ein sehr böses Omen war. Doch er bemerkte die heraufziehenden Wolken noch nicht, er zitterte nur um Klara und hätte alles dafür gegeben, sie wieder gesund zu sehen. Während ihrer Genesung wartete Klara ständig auf Peter, doch der trat das Tor nicht ein, pfiff nicht unter dem Fenster und erzählte nicht, wo er sich herumgetrieben hatte. Wie üblich konnten sie höchstens spekulieren, dass er das Grab ihrer Mutter suchte. Um Vorwürfe wegen seines Vagabundierens abzuwehren, führte er immer die Mutter ins Treffen. Das war ein durchsichtiges, kindisches Manöver, sie wussten, Peter verschwendete keinen Gedanken an seine Mutter. Einmal sah Imre eine Möwe auf dem Fensterbrett, Klara ruhte sich gerade aus. Der Vogel flog davon, und Klara schlug die Augen auf.
Sei mir nicht böse!, flüsterte sie.
Aber warum soll ich dir denn böse sein?
Ich bitte dich inständig, sei mir nicht böse!, flehte Klara und griff kraftlos nach seiner Hand.
Ich bin dir nicht böse, murmelte Imre.
Vorhin … vorhin habe ich geträumt, dass du gestorben bist.
Schon gut, beruhigte er sie, er streichelte ihr die Stirn, schließlich fragte er doch, und wie bin ich gestorben, Klara?
Du bist umgebracht worden, flüsterte die Kranke.
Nein wirklich, und wie?
Ich weiß nicht, ich habe ungeheuer viel Blut gesehen.
Und wer hat mich umgebracht, Klara?
Sie lächelte endlich.
Natürlich ich, hauchte sie und schloss die Augen.
Während der Visite redete Doktor Schütz ohne Punkt und Komma. Er erzählte von Zsófia, aber so, dass Klara es nicht hörte, und gab unmissverständlich zu verstehen, dass auch Peter die entfernte Verwandte ausgezeichnet kannte. Imre erinnerte sich kaum an sie, zuletzt hatte er sie als kleines Mädchen gesehen, sie war ein weinerliches und dickes Kind gewesen, mit großen, verträumten Augen, einmal hatte sie vor ihm gepinkelt. Ihre Mutter hatte sie damals noch nicht verlassen, Peter konnte noch nicht laufen, doch er machte bereits Krawall, sie waren in Szatmár auf Besuch gewesen. Seither war Imre nicht mehr in die Gegend gekommen, und wenn ihn Klara fragte, warum er seine familiären Beziehungen nicht pflege, zuckte er nur die Achseln. Diese Sphäre interessierte ihn nicht, sie lag ihm fern, wäre er hingefahren, hätte er sicher das Gefühl gehabt, keinen Fingerbreit vorwärtszukommen.
In der zweiten Junihälfte konnte Klara das Bett verlassen. Sie stürzte sich wieder in den Trubel des Alltags, widmete sich Einkäufen, Konzerten und langen Spaziergängen mit Terézia Frei, als wäre nichts gewesen.
In Imre verstärkte sich der beunruhigende Verdacht, dass er verfolgt wurde. Doch wie oft er sich auch vor ihrem Haus, auf dem Hauptplatz oder dem Markt umwandte, nie erblickte er den Spitzel. Dabei hätte er sein Leben darauf gewettet, dass man ihm nachspionierte!
Ihr Sohn wurde in der Nacht auf den Dreikönigstag des Jahres 1848 empfangen. Am Nachmittag gab es keine Dämmerung, der wirbelnde Schnee sammelte alles Licht ein, so dass die Welt auch in der Nacht erleuchtet war.
Gegen Abend liebten sie sich, und Klara sagte dabei Dinge wie, jetzt ist es gut,
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