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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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reglosdastehen. Imre wartete nach der Vorstellung auf sie. Er rauchte einen Zigarillo nach dem anderen, betrachtete geistesabwesend die Droschken, die über die Vorstellung diskutierenden Bürger und die Schauspieler, die ins Kaffeehaus hinüberschlenderten, bis mit einem Tuch um die Schultern das Mädchen erschien. Sie sahen einander an, Imre schnippte den Stummel fort, die Glut fiel ihr vor die Füße. Sie verzog den Mund, zuckte mit den Achseln und nickte. Er folgte ihr, ohne ein Wort zu ihr zu sprechen, unter dem weiten Mantel wirkte ihr Körper krankhaft zerbrechlich. Offenbar hatte sie jede Menge Vorwürfe und bittere Anklagen in sich. Wenn solche grauen Mäuse den Mund aufmachen, bekommt man ein ungutes Gefühl, weil sie für gewisse Zustände dieselben Worte gebrauchen. Und trotzdem folgte Imre ihr, von Straße zu Straße, bis nach Hause, als würde er seiner eigenen Schande hinterhertrotten. Das Mädchen wandte sich von Zeit zu Zeit um, ihre großen, braunen Augen sahen ihn verächtlich an.
    Sind Sie sicher, dass Sie es wollen?, fragte sie.
    Ich weiß nicht.
    Sie sind neugierig, nicht wahr?! Neugierig, wie das geht!, flüsterte sie.
    Ich weiß nicht, wiederholte er.
    Sie durchquerten den Hof und gingen auf das hintere Gebäude zu. Ein Tier knurrte im Dunkeln. Der Schlüssel, den sie hervorzog, war so groß, dass Imre sich wunderte.
    Schauspielern steht so einer zu, sagte sie.
    Kies knirschte, als sie den hinteren Teil des Hofes betraten. Ein großer Hund wollte Imre anspringen, ein träger, weißer Köter, er bellte nicht, sondern flog lautlos, die Kette stoppte ihn. Das Mädchen gab ihm einen Kuss auf die Nase. Die Wohnung bestand aus einem einzigen Raum, in der Ecke thronte ein kleiner Eisenofen, daneben ein Bett ohne Bettzeug, unter dem Fenster ein Tischchen, darauf Bleistifte und Papier. An der Wand hingen einige Zeichnungen. Das Mädchen zündete auch die dritte Kerze an, Imre war bereits in Betrachtung der Zeichnungen versunken.
    Kann ich schön zeichnen?, fragte sie und hustete.
    Bist du krank?
    Ich huste nur ab und zu.
    Ich habe einen Freund, der ist Arzt, er könnte dir helfen.
    Ich brauche Ihre Hilfe nicht, sagte das Mädchen scharf. Imre wandte sich wieder den Bildern zu. Die vergilbten Zeichnungen stellten Männer dar, die er kannte. Sie war gar nicht unbegabt, die skizzenhaften Abbildungen ließen den Charakter durchscheinen, das hier war ein Herr mit Doppelkinn voller Wohlwollen, ein anderer war hochmütig, und es gab zahlreiche junge, feige, eingebildete und rohe Männer, Schmierenkomödianten, Beamte, Abenteurer, den Theaterdirektor, Bekannte, unter ihnen Kigl, der Redakteur, Kaufleute und Stadträte.
    Mit all denen warst du zusammen?
    Ja, sagte das Mädchen, es kauerte schon auf dem Bett.
    Mit wem du zusammen warst, den zeichnest du?
    Ja, sagte sie.
    Warum?
    Damit …, sie dachte nach, damit es nicht vorübergeht, sagte sie schließlich.
    Und wenn es dir zuwider war? Soll es auch nicht vorübergehen, wenn es dir zuwider war?
    Sie knüllte das Kissen.
    Wenn es geschehen ist, flüsterte sie vor sich hin, laufen sie schnell weg. Sie lassen etwas Geld da, natürlich nicht viel, oder auch nur ihren Geruch. Und ich wasche mich aus, vielleicht übergebe ich mich, doch ich zeichne sie immer. Manchmal gehen sie nicht weg, bleiben eine Woche oder zwei. Wenn es Abend wird, zünde ich eine Kerze an und spreche zu ihnen. Ich zeichne immer abends, bei Kerzenlicht. Manche von ihnen will ich nie wieder sehen, trotzdem zeichne ich sie. Ich weiß nicht warum, vielleicht, damit ich sie besser hassen kann. Wollen Sie, dass ich Sie zeichne?
    Willst du auch mich hassen?
    Kennen Sie etwas Kurzweiligeres?!
    Imre zündete sich einen Zigarillo an und setzte sich auf einen Stuhl. Dass Hass kurzweilig sein sollte, war ihm noch nicht in den Sinn gekommen. Er blickte auf, ihre Augen waren schwarz geworden, sie bohrte ihren Blick in sein Gesicht, die Hand zur Faust geballt.
    Aber dann muss ich mit dir schlafen, sagte er und streute die Asche, weil er nicht wusste, wohin damit, auf den Boden.
    Müssen Sie nicht, sagte das Mädchen schnell.
    Mit denen allen hast du geschlafen, deutete Imre auf die Wand.
    Habe ich Sie gefragt?!
    Er stand auf, trat zu ihr, hob ihr Kinn an. Ihre Haut war voller Pusteln, die Nase so sommersprossig, dass sie schmutzig aussah, ihr Blick brannte unablässig. Er drückte sie aufs Bett, drehte sie auf den Bauch und zog ihr die Kleider herunter, sie duldete es keuchend, murmelte in ihr Kissen. Imre

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