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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Feinde. Sehen Sie, dennoch lege ich Ihnen die Handschellen an.
    Wie Sie wünschen, Imre ging weiter, Arm in Arm mit seiner Frau. Somnakaj, die gespannt zugehört und nichts verstanden, nur die Drohungen hinter dem Lächeln und den Bewegungengespürt hatte, zischte ihrem Vater zu, komm und glotz nicht. Gilagóg hastete ächzend los, denn Habred war zwar nicht gewachsen, aber verteufelt schwer geworden, ohne Zweifel. An einer Säule lehnte Kigl und beobachtete sie. Über ihm lächelte ein pausbäckiger Marmorengel. Der Journalist war blass, sein zerknittertes Gesicht verriet einen Kater.
    Als Imre ans Pult trat, blickte er um sich, Kigl saß bereits in der ersten Reihe und hatte einen Stift zwischen den Fingern, er würde sich Notizen machen. Ein paar Reihen weiter hinten glänzte das Gesicht des Herrn aus Wien, in seiner Nähe saßen Damen. Seinen einen Lederhandschuh hatte er noch an, mit dem anderen fächelte er sich Luft zu. Herr Schütz schnaufte neben Imres Frau, den Ellbogen auf seinen Stock gestützt, sein Gesicht war rot, sein Bart weiß, die Augen blitzten, starr auf den Herrn aus Wien gerichtet. So, als würde er etwas von ihm wollen. Als würde er versuchen, auf ihn einzuwirken. Klara war bleich, ihr Blick leer. An ihrer Seite duckte sich Somnakaj, verschüchtert vom Glanz und von den vielen Menschen. Zahlreiche Honoratioren waren erschienen, Richter, Ärzte, Direktoren und wohlhabende Kaufleute. Der Geruch von Haut und Baumwolle vermischte sich mit dem von Tabak, der kalte Duft von Arzneipulvern mit Sauerkrautgeruch. Juden und Ungarn, Deutsche und Serben waren anwesend. István Bonyhády, der verhasste Komitatshauptmann, hatte sich in der ersten Reihe breitgemacht, den schwarzen Hut im Schoß. Bescheiden hatte Reb Mózes im Hintergrund Platz genommen, neben ihm ließ Ignác Derera den Blick schweifen. Einige seiner Glaubensbrüder hatten sich gleichfalls die Ehre gegeben, Rabbi Löw eingeschlossen. Die Juden trugen Hut und schwarze Kleidung, keiner sprach zum anderen. Draußen auf der Straße jaulte untröstlich Masa, der Hund des Woiwoden.
    Imre blickte zum Eingang, noch immer traten neue Ankömmlinge ein. Als es endlich still geworden war, der Saal zum Bersten voll, kaum ein zusätzlicher Stuhl ließ sich mehr hereintragen, eilte Imre zur Seite und führte Gilagóg mit dem voneiner Decke umhüllten Wahrhaftigen aufs Podium. Der Herr aus Wien lächelte, einige Leute äußerten ihren Unmut, wie, ein Zigeuner im Casino?! Imre stieß das Fenster auf. An der Ecke fluchte ein Fuhrmann. Vor dem Wirtshaus hatte man ihm seinen Wagen samt Pferd gestohlen. Seit Jahren nehme er diesen Weg, er komme aus der Unteren Stadt zum Weizenmarkt und mache einen Sprung in die Schenke, nur auf ein Glas, niemals mehr! Die Polizisten hatten genug von seinem Gejammer und verscheuchten ihn. Im Saal wuchs die Unruhe. Imre wandte sich um, soeben legte Gilagóg den in Leinen gewickelten Habred auf den Tisch, der Wahrhaftige begann zu zappeln. Der Gemeindediener schloss die Flügel der Eingangstür, Imre nickte, gut, alles ist bereit.
    Er griff in seine Jackettasche und entnahm ihr seine Notizen. Viele Zettel, Karteikarten, er legte sie neben den vermummten Habred. Sein Blick fiel auf den Herrn aus Wien, der die Handflächen in die Höhe hob, als gebe er zu verstehen, es sei nichts zu machen, kein Weg führe zurück, dieses Spiel müsse zu Ende gespielt werden.
    Imre räusperte sich und begann.
    Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Der heutige Vortrag wird aus zwei Teilen bestehen, ausnahmsweise ohne Pause. Zuerst wird dieser Rom sprechen, sein Name ist Woiwode Gilagóg, das heißt János Gilagóg, dann bin ich an der Reihe.
    Vor Ärger erhob sich Komitatshauptmann Bonyhády und setzte sich wieder. Stille trat ein, der Herr aus Wien stützte das Kinn auf die Faust und blickte versonnen auf den flaumigen Nacken von Imre Schöns Frau. Wie interessant diese Region war, so sagte er es bei sich, »Region«, wo das hochgekämmte, blonde Haar seinen Ursprung zeigt, wie es in die Oberfläche des Nackens eintritt. Nach Meinung des Herrn aus Wien einer der interessantesten Körperteile der Frau. Die Schulter ist schön, die Rundung der Brust nicht minder, und was für eine wunderbare Blüte der weibliche Schoß ist, hier jedoch, wo uns der Blick derFrau nicht stört, begegnen wir besonderer Schönheit. Diese Frau ist offenbar eine hervorragende Geliebte, aber vermutlich eine langweilige Partnerin. Wie stolz sie den

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