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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Kopf trägt.
    In diesem Moment ertönte ein schauerliches Gewimmer.
    Gebt mir Geld!
    Gebt mir Geld!
    Der Wahrhaftige blinzelte ins Licht. Kein Mucks war zu hören, Gilagóg blickte eisern ins Publikum, die Hand auf dem Mund des Wahrhaftigen. Herr Schütz senkte den Kopf, seine Schultern zuckten rhythmisch, als würde er unterdrückt lachen, Klara beobachtete gebannt, Somnakaj hatte vergessen, den Mund zu schließen, nicht, weil es so unerwartet gewesen wäre, dass der Vater den blauknochigen Habred zum Reden brachte, doch dass es in diesem prächtigen Saal geschah, war unglaublich. Gilagóg nahm seine Hand weg.
    Gebt mir Geld!, heulte Habred.
    Gebt mir Geld!
    Stühle knarrten und ächzten, Bonyhády sprang abermals auf und brüllte, seinen mächtigen Oberkörper reckend, was für Geld?! Wir geben kein Geld, Himmelherrgottsakra!
    Schon sprangen ihm einige Speichellecker bei, lärmten, schüttelten die Fäuste, Tagediebe, Bettelvolk! Dreckige Zigeuner!
    Bonyhády röhrte von neuem auf, schert euch fort, Zigeuner! Mit einer Feldherrengeste wies er zur Tür, die der Amtsdiener unter Verbeugungen sogleich auftat.
    Schert euch fort, Zigeuner!, echoten die Hofschranzen.
    Gilagóg starrte sie reglos an, er hielt Habred wieder den Mund zu. Von draußen war ein markerschütterndes Geheul zu hören, Masa spürte wohl, dass sein Herr in Schwierigkeiten war. Das Heulen kam bald aus Fensternähe, bald von weiter weg, offenbar versuchte man, den Hund zu vertreiben, doch er kam immer wieder zurück. Jemand schrie auf, Masa kämpfte. Da erhob sich der Herr aus Wien, sich durch die Sitzreihe zwängend ging er geradewegs zum Komitatshauptmann und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Bonyhády wurde rot im Gesicht.
    Nein, sagte er dann, und jedermann konnte genau sehen, dass Bonyhády sich dem hiesigen Vertreter der höchsten Macht widersetzte. Das Gesicht des Herrn aus Wien zuckte nicht einmal, eigentlich spielte sich überhaupt nichts darauf ab, immer drohender wurde es dadurch, dass sich das Gefüge der Gesichtszüge, der Bogen der Brauen, die glänzenden Augensterne und die Haltung der Lippen nicht im mindesten veränderten. Dann ergriff der Herr aus Wien das Wort.
    Ich habe keine Frage gestellt, somit habe ich auch keine Antwort erwartet, sagte er leise, aber auch das konnten alle hören.
    Im Strahl der Blicke ging er an seinen Platz zurück und setzte er sich. Bonyhády nahm sein Taschentuch und wischte sich gründlich den fleischigen Nacken ab. Es wurde still. Man hörte das Tappen weicher Sohlen, ein riesiger, schwarzer Hund lief durch den Saal und legte sich neben seinen Herrn. Gilagóg lächelte und begann mit dem ersten Vortrag.
    Wir Zigeuner wissen und glauben, dass Gott die Welt erschaffen hat, hob er an und warf einen Blick auf Habred, dem er einen Lumpen in den Mund gestopft hatte. Ich, Gilagóg, beziehungsweise Habred der Wahrhaftige verstehen das so, dass wenn es etwas gibt, es dieses Etwas gleich auch wieder nicht mehr gibt. Wenn also ein Zigeuner Geld hat, bedeutet das, dass er kein Geld mehr hat. Oder anders gesagt, wenn Gott einen Zigeuner hat, dann hat er keinen Zigeuner mehr. Seitdem es Zigeuner gibt, gibt es keine mehr. Und ich kenne nichts, das es nicht geben würde!
    Daraufhin erhob sich Pfarrer Kremminger.
    Das ist Gotteslästerung, Zigeuner!
    Gebt mir Geld!, zischte Habred, endlich war es ihm gelungen, den Lumpen auszuspucken.
    Ich bitte Sie, Hochwürden, Geduld, lächelte der Herr aus Wien den Priester an. Der Pfarrer, der während der Revolution in der Stadt verhasst gewesen, dann aber von der Strenge der neuen Ordnung enttäuscht war, biss sich auf die Lippen und setzte sich.
    Gilagóg redete unbeirrt weiter.
    Beginnen wir damit, was nach der Schöpfung geschah. Es gab alles, Holztröge, Kessel, Zelte, Gold, kupferne Kuhglocken! Die Welt war fertig, und Gott betrachtete alles und fand alles in Ordnung, Adam und Eva lagen im Garten Eden friedlich nebeneinander. Der Herr war mit seiner Arbeit zufrieden und wollte, da er sonst nichts zu tun hatte, wieder richtig in den Himmel zurückkehren. Nur ging das eben nicht. Sapperlot!, sagte der Herr und versuchte, vom höchsten Berg aus zurückzufliegen. Doch vergeblich, der Herr konnte nicht in das Universum zurück, dann aber kam er dahinter, warum es nicht klappte! Er war zu schwer! Irgendwo hinkommen ist immer leichter als zurückkehren, das ging auch dem Schöpfer nicht anders. Auf der Erde zu sein ist schwerer, als ins All zurückzukehren und überall zu sein.
    Vor

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