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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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ihre Umarmung, ihreLiebe? Der Herr aus Wien zuckte die Achseln. Das war einerlei, unwichtig. Frau Schön war überhaupt nicht wichtig. Kein einziges Faktum sprach gegen den Gelehrten, daraus ließ sich nur folgern, dass er gefährlich war. Der Herr aus Wien wusste, dass Imre Schön einen durch die Welt vagabundierenden Bruder mit lasterhaften Neigungen hatte, der auch jetzt unauffindbar war, und wenngleich alle Umstände dafür sprachen, dass die beiden keine engen Beziehungen unterhielten, ließ sich nicht ausschließen, dass sie im Verborgenen kooperierten. Der Herr aus Wien war vor allem neugierig, und je näher der Tag des Vortrags rückte, desto größer seine Neugierde. Was würde Schön aus dieser außergewöhnlichen Gelegenheit machen? Solche Möglichkeiten standen sonst ausschließlich Kollaborateuren, Ihre Majestät den Kaiser offen unterstützenden, auf den Knien rutschenden Ungarn zu!
    Der Herr aus Wien hegte auch nicht ein Fünkchen Zweifel, dass er einem überaus interessanten Ereignis beiwohnen würde. In den letzten Tagen hatte er nicht einmal schlafen können, und obwohl ihn einmal der Teufel versuchte, sich mit Wein zu betäuben, schlummerte er erst gegen Morgen für kurze Zeit ein, zudem erwachte er mit quälenden Kopfschmerzen, stundenlang legte er sich Eis an die Schläfe. Seine Leidenschaft war der Tobak.
    Am Morgen des Vortrags war er früh wach, auf die ins Dämmerlicht getauchte Straße hinausstarrend dachte er, dass er bald erfahren würde, warum die Wahl dieser allgemein verabscheuten Laufbahn sich gelohnt hatte. Warum es wichtiger war, sich im Leben anderer zu suchen, als sein eigenes Haus zu erbauen. Nein, es gab kein Haus, in dem er wohnen könnte! Ein wenig bedauerte er sich, er fingerte an seinem Glied herum, ein Wetterumschwung stand bevor, Hitze war im Anzug, sein braver und zuverlässiger Penis spürte immer, wenn das Wetter sich änderte. Es war der zwanzigste Februar, vielleicht kam schon der Frühling? O ja, der Frühling ist in unseren Herzen eingezogen. Das war gut, so gut!
    Der Engel bin ich, seufzte der Herr aus Wien, und nachdem das Taschentuch seinen Samen aufgesogen hatte, betete er, dann ließ er den Deckel seiner Tobakdose aufspringen.

Der berühmte Vortrag
    Er sagte es Klara nicht, doch in der Nacht hatte er Grasmusik gehört. Grasmusik! Sollte Nero Koszta zurückgekehrt sein?! Nein, Nero Koszta würde nicht mehr zurückkommen, das war eine andere Art von Musik, weniger lüstern und rau, diese Musik hörte sich an, als würde der Wind mit Seidenblättern spielen. Wenn er nun vor Klara hintrat und ihr ins Gesicht sagte, was er dachte? Wenn er ihr sagte, wer das war, der musizieren durfte, der die Kunst der Grasmusik ererbt hatte? Ob sie wohl wusste, dass Peter fast gestorben wäre und von den Zigeunern gepflegt wurde? Wegen irgendeines Zerwürfnisses hatte er einen Messerstich abbekommen. Doch Peter würde nicht sterben, er würde es aushalten, weil er alles aushielt. Imre griff nach dem Hemd, das auf dem Stuhl bereitlag, es duftete frisch. Er kleidete sich mit besonderer Sorgfalt an. Sein Blick fiel auf seine Blumen, er sah unschuldige Blätter und Triebe, auf einem langen, langen gewundenen Stengel hing nur mehr ein einziges Blatt, die übrigen waren dieser Tage vertrocknet.
    Mein Gott, du hast wirklich den Verstand verloren!, flüsterte hinter ihm Klara, es lag kein Vorwurf mehr in ihrer Stimme, nur Verbitterung. Du hast den Verstand verloren, wiederholte sie, du verlässt mich und gibst dein Leben anderen. Und weißt du, wem?!
    Aus dem Spiegel sah ihm ein banges Gesicht entgegen.
    Ja, wahrscheinlich habe ich den Verstand verloren. Doch mein Leben gehört mir, und es bleibt mir nichts anderes übrig, als dieses Opfer zu bringen, Klara.
    Wer verlangt das von dir!, rief sie aus, und er sah, dass sie kurz davor war, ihn zu schlagen.
    Das ist die schändlichste Selbstsucht, mit der du mich treffen kannst!
    Wenn ich noch fähig bin, dich zu treffen, sagte er darauf, erfüllt mich das mit Glück.
    Ich verstehe nicht, ich verstehe nicht! In hilflosem Zorn sah Klara ihn an.
    Ich will dich nicht bedauern, murmelte er, ich will dich lieben.
    Auch der Doktor hat gesagt, dass man so etwas nicht darf!, flehte Klara.
    In der Tat, so etwas darf man niemals tun, Imre verzog den Mund. Nur stehen wir eben vor großen Veränderungen, Klara. Die Erfinder von Zeitrechnungen habe ich immer ausgelacht.
    Was du tust, tust du nur gegen mich.
    Ich verstehe ja, dass du nicht anders denken

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