Blumenfresser
schön, und jeder hatte irgendein Schurkenstückchen im Sinn. Schön sah auf die Welt herab. Das Gold hatte nichts mit dem Fluss zu tun, es wurde aber aus dem Wasser gewaschen, und schließlich konnte man damit das Wasser, das Ufer, die Schiffe kaufen. Die Welt des Wissenschaftlers war gefährlich, weil sie unabhängig war. Schön griff nicht zur Waffe, schmiedete kein Komplott, er würde keiner Geheimgesellschaft beitreten. Das Amt hätte sich längst auf ihn geworfen, hätte der Herr aus Wien es zugelassen. Doch er ließ sie wissen, dass man Imre Schön nicht einschüchtern, sondern verhaften musste. Man musste ihm eine Falle stellen, in die er gerne selbst hineinspazierte!
Er nickte vorbeigehenden Damen zu, die kichernd zurückwinkten. Wieder spürte er den Hohn, der seine Person begleitete, doch er dachte, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich die Dinge ordneten. Angst ermüdete. Allmählich würden sie verstehen, dass sie keine andere Wahl hatten, als ihre Unterwerfung zu akzeptieren. Das würde sie endlich erfrischen, sie wären frei vom Joch des krampfhaften Wunsches nach Freiheit und könnten es sich gutgehen lassen. Jetzt schämten sie sich sogar wegen eines Lächelns. Der Herr aus Wien ging zwischen kleinen Bauernhäusern mit weißen Mauern Richtung Vorstadt. Kahle Bäume winkten ihm, die bleiche Sonne näherte sich dem Horizont, und der Wind hatte sich noch nicht gelegt wie sonst um diese Zeit. Noch immer war es warm. Die ins Abendlicht getauchten Laubenhäuser grüßten mit der Musik der baumelnden Paprikaschoten. Kaum jemand war auf der Straße, ein Hund bellte in der Nähe. Eine Menschengruppe kam ihm entgegen, es waren Feldarbeiter, er lüftete seinen Hut, wie es sich gehörte,doch die erwiderten den Gruß nicht, hinter seinem Rücken hörte er ihr dröhnendes Gelächter. Aber auf den Ämtern natürlich, wie unterwürfig sie da ihre Fellmützen kneteten. Vor der Finanzbehörde rutschten sie auf den Knien und bettelten um ein paar Tage Aufschub.
Kigl war müde, er hatte viel zu tun, er konnte leicht unberechenbar werden. Man durfte nicht so lange warten, bis sich eine Tragödie ereignete! Man musste ihn aus dem Spiel nehmen, doch auf elegante Manier, der trunksüchtige Schmierenkomödiant hatte es verdient. Unter Anerkennung seiner Verdienste musste man ihm eine wirklich verantwortungsvolle Aufgabe übertragen, zudem bekäme er freie Hand, unter den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zu wählen. Auf eine ihm genehme Art und Weise könnte Kigl seinem Schönheitsempfinden huldigen. Dann begibt er sich in eine freundliche Wiener Nervenheilanstalt wie in solchen Fällen üblich. Er bringt Imre Schön um, tötet ihn eigenhändig, mit der Pistole oder mit Körperkraft, und lenkt dann den Verdacht auf die Zigeuner, denn wer weiß nicht, dass der schrullige Forscher die Tochter des Woiwoden zu sich genommen hat, offenbar nicht ohne Grund, offenbar ist das Weibsbild seine Geliebte, die Zigeuner nehmen an ihm Rache, inzwischen reist Kigl zu seiner Heilbehandlung, doch unterwegs könnte ein Unfall passieren, eine verwünschte Waffe geht los, die Pferde gehen durch und galoppieren in den Fluss. Ein schöner Plan, ein seriöser Plan, der Herr aus Wien schnalzte unwillkürlich mit der Zunge.
Der Herr aus Wien war zufrieden, er stand schon vor dem Haus, ein der Veruntreuung überführter Beamter hatte es bewohnt, die Gegend war kriminalistisch durchleuchtet worden, jetzt lebte seine Witwe allein hier. Kigl war ihr Galan, er aß nicht nur ihre Marmeladetaschen. Sie war ein harmloses Geschöpf. Der Herr aus Wien vermied es, am Eingangstor zu pochen, Kigl hatte ihn bei ihrer letzten Begegnung darum gebeten. Das Tor öffnete sich ohne Knarren. Er schritt den Laubengang entlang, stutzte kurz, er hatte etwas gehört. Ein Tier mochte im Hof sein,ein großes, und nicht nur eins. Er nickte, denn er roch sie, ja natürlich, Pferde. Zwei Pferde und ein Fuhrwerk! Im Hof der Witwe ragte ein alter Nussbaum in die Höhe, auch das wusste er. Weiter hinten einige Robinien, Fliederbüsche und ein kleiner Gemüsegarten mit Paprika, Zwiebeln und Kürbissen. Er schüttelte den Kopf, ungewöhnlich, dass in so einem Hof Pferde gehalten wurden. Wozu brauchte die Witwe Pferd und Wagen? Das war eine neue Entwicklung und konnte kein Zufall sein. Kigl würde auf keinen Fall mit einem Pferdewagen flüchten, er käme gar nicht erst aus der Stadt heraus, an der ersten Ecke würde man ihn vom Bock herunterzerren. In der Tiefe seiner Seele
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