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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Aufstand, sollen wir von vorne beginnen?!
    Imre Schön nickte, soweit ich mich erinnere, waren wir gerade bei den Tulpen.
    Ja, bei den Tulpen, Vogel lächelte, er fühlte sich bereits wohl.
    Auch Imre lächelte, sein Zahnfleisch war blutig.
    Es geschah im Jahr 1587, führte er aus und wischte sich dabei den Mund ab, dass Boldizsár Batthyány, eine berühmte ungarische Persönlichkeit, in der blutigen Schlacht von Kacorlak die Türken in die Flucht schlug und zudem ihren Anführer gefangen nahm, den gebildeten Ali Beg. Der große ungarische Herr behandelte den vornehmen Gefangenen gut, obwohl er ihn auch hätte foltern lassen können. Er zeigte ihm seinen Garten, den Rosen und Rosmarin, besonders aber blassrote und weiße doppelte Nelken schmückten. Gedankenverloren knetete Ali Beg seine weißen Saffianlederhandschuhe und scheuchte sich Fliegen vom Gesicht. Boldizsár Batthyány fragte ein wenig gekränkt, warum der Beg seine Blumen nicht beachte. Ob sie nicht schön genug wären, sein Garten nicht gepflegt genug?! Ali Beg, den man, worauf ich schon verwiesen habe, hätte foltern können, aber nicht folterte, lächelte sanft, natürlich seien diese Narzissen, Nelken und Rosen schön, doch er habe vor einigen Monaten bei einem Spaziergang im Garten des Sultans Narzissen gesehen, die genau sechsunddreißig Blütenblätter hätten. Ach, sechsunddreißig?!, Boldizsár Batthány schlug die Hände zusammen, wenn Ali Beg verspreche, ihm eine Narzisse mit sechsunddreißig Blütenblättern zu bringen, lasse er ihn frei.
    Imre Schön verstummte.
    Sehen Sie, Schön, Vogel massierte sich mit der Faust das Gesicht, ich könnte Sie genausogut foltern lassen. Ich kann Ihnen die Nägel ausreißen, Ihnen die Knochen brechen lassen. Sie sind für mich kein großer Bissen. Sie sind hier, ohne dass wir Sie auch nur ins Verzeichnis aufgenommen haben. Ihre Person ist für uns ein Klotz am Bein, uninteressant, ein Dreck unter unseren Fingernägeln, Sie haben nichts mit denjenigen zu tun, die offen konspirieren und noch immer aufwiegeln. Wenn Sie zufällig versterben, weil Ihnen ein Hühnerknochen im Hals stecken bleibt, wird uns das nichts angehen. Also reden Sie! Sagen Sie, was Sie über Ede Kigl oder andere hiesige Übeltäter wissen.
    Imre Schön betastete seinen blutigen Mund, er wusste nicht, warum er blutete.
    Ede Kigl war Journalist und hat Ihnen Informationen geliefert.
    Wo ist dieser Kigl?
    Ich weiß es nicht, Imre Schön schüttelte den Kopf.
    Wer hat Inspektor Karl Bischof umgebracht? War es Kigl? Was hat Doktor Schütz mit der Sache zu tun?!
    Ja, ich weiß, dass der Inspektor ermordet worden ist, überall in der Stadt wird davon geredet, nickte Imre.
    Aber von wem?!, brüllte Vogel.
    Nun, die Damen der Familie Esterhazy, legte Imre dar, ließen sich meist mit Äpfeln und Rosen malen. Der Apfel symbolisiert natürlich den Apfel Evas, die Frucht der Erkenntnis und des Sündenfalls. Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, warum zum Sündenfall ausgerechnet eine Frucht nötig war und nicht etwa Fleisch, Fisch oder vielleicht Wein?
    Vogel seufzte müde.
    Imre redete unerschütterlich weiter, vielleicht verrate ich auch damit kein großes Geheimnis, dass mir unter allen Bäumen der Apfelbaum der liebste ist, er hat keine besondere Eigenheiten, seine Blüte ist nicht eindrucksvoller als die Frühlingspracht von Birne, Kirsche und Weichsel. Das Blühen der Kastanie ist schön,nicht weniger das der Linde, und besonders sind mir die Birken lieb, mit ihren weißen Stämmen, die in Sommernächten so leuchten, als wären sie gestreckte Frauenarme, jedoch nach dem Verstreichen des Sommers, wenn die Apfelbäume mit Früchten dicht behangen in unseren Gärten stehen, kann ich mir kaum etwas Schöneres denken.
    Er schwieg wieder, sie sahen einander an, der Untersuchungsoffizier und der Wissenschaftler.
    Ich muss von Wurzelmama reden, sagte Imre.
    Vogel nickte, reden Sie von Wurzelmama.
    Wurzelmama halten manche für tausend Jahre alt, andere schätzen sie auf hundert. Ich weiß nicht, wie alt diese Frauensperson sein mag, doch ich hege den Verdacht, dass wir sie nie wiedersehen werden. Wurzelmama ist fortgegangen. Und nicht unbedingt deshalb, weil entlang der Theiß die Sümpfe trockengelegt werden. Wenn man vor einem Menschenalter mit dem Boot von einem Dorf ins nächste fuhr, so sind heutzutage Wagen unterwegs. Wo sind die unendlichen Schilfwälder hin! Früher war unsere Gegend eine Wildnis, ein richtiger Urwald, von

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