Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
Vom Netzwerk:
diesen Blick, flackerte die Kerzenflamme des Entsetzens. Mit dem Kerl würde er leichtes Spiel haben. Es reichte, ihm vor die Füße zu spucken, und schon würde er reden wie ein Wasserfall. Hu, ein Grashalm! Der Dummkopf hatte vor dem Mord einen Vortrag über einen Grashalm gehalten! Die Zeugen hatten bereits geredet. Gärten, Grashalme, Menschen! Jedes Wort war festgehalten. Der ganze Vortrag war sinnbildlich, eine geheime Botschaft! Seine Genehmigung hatte Inspektor Bischof persönlich erwirkt. Der Eichenstuhl unter Vogels Körper schnellte ächzend zurück. Mit einer schwungvollen Bewegung riss er die Tür weit auf, der Korridor war ausgestorben. In der Biegung zog sich der Schatten eines Wächters in die Länge, an den Wänden loderten Fackeln. Vogel schloss die Augen, der kühle Luftzug tat seinem Gesicht wohl. Er schlug die Tür zu und begann mit dem Verhör. Er sprach Deutsch, denn er wusste, dass der andere es ausgezeichnet beherrschte.
    Name?
    Imre Schön.
    Beruf?
    Sagen wir … Pflanzenkundler.
    Und wenn wir es nicht sagen?
    Ich beschäftige mich mit Pflanzen. Mit Blumen, er zuckte mit den Schultern. Ich bin Mitglied der Akademie, setzte er mit einem bitteren Lächeln hinzu.
    Wissen Sie, warum Sie hier sind?
    Ich weiß es.
    Vogel war überrascht, hatte er im Mordfall des kaiserlich-königlichen Inspektors Karl Bischof bereits ein Geständnis herausgeholt? Vogel hatte vor dem heimtückisch ermordeten Inspektor eine tiefe Achtung empfunden, seine Ruhe und Selbstsicherheit faszinierten ihn, und als er die Todesnachricht hörte, packte ihn eine solche Wut, dass er das Frühstück erbrach. Jetzt trieb ihn Rachedurst, doch er bemühte sich um Selbstdisziplin, er wusste, dass man den Leidenschaften nicht nachgeben durfte, diese rätselhafte Angelegenheit verlangte kalte, kontrollierte Gedanken, auch Inspektor Bischof hätte das nicht anders gewollt. Bis dahin hatte er in Betrachtung der Risse in der Wand dagestanden, nun wandte er sich ganz dem Ungarn zu, ein wenig beugte er sogar den Rumpf.
    Nun, warum sind Sie hier, mein Herr?
    Ich könnte ja überall beginnen, antwortete Imre leise.
    Wo es Ihnen beliebt, Vogel setzte sich.
    Verzeihen Sie die Frage, von wo sind Sie gebürtig?, fragte Imre unvermittelt. Ich meine, woher stammen Sie?
    Vogel war so überrascht, dass er ohne zu überlegen antwortete, ich bin in Feldbach geboren, sofort schämte er sich und wurde rot.
    Imre nickte und begann zu sprechen.
    Also, dann würde ich zuerst über die Norischen Alpen reden, sagte er sinnend, und weil Vogel nur große Augen machte, fuhr er fort, ich weiß nicht, mein Herr, ob Sie schon einmal von der Wulfenia Carinthiaca gehört haben, sie kommt in den Norischen Alpen vor. Eine besonders schöne Blume. Ich habe sie gesehen, in ihrer natürlichen Umgebung. Haben Sie schon einmal das Vergnügen mit dieser seltenen Pflanze gehabt?
    Vogel schüttelte nur stumm den Kopf.
    In den Norischen Alpen, fuhr Imre fort, in der heutigen Steiermark haben Eiszeitgletscher die Gebirge geformt. Doch das sogenannte diluviale Eis glitt das Drau- und das Murtal nur bis zu einem bestimmten Punkt hinab, und wo es die gewaltigen Erdmassen nicht schleifen und ziselieren konnten, blieben die langgestreckten, sanften Bergrücken erhalten, die auch heute noch von dichten Wäldern oder Almen bedeckt sind. Ja, die Steiermark ist wunderschön, Sie können stolz auf Ihre Heimat sein, mein Herr. Das Klima ist mediterran, in den Tälern leuchten blaue, tiefe Seen, die Flüsse eilen rasch dahin und sind auch in der Sommerhitze kalt. In den Wäldern sind Eichen, Buchen und Fichten am verbreitetsten, doch es finden sich auch Linden, Ahorne, Mispeln, Kastanien und Holzbirnbäume. Wie wir wissen, ist Feldbach eine berühmte Gartenstadt und einer der Heimatorte der Wulfenia Carinthiaca. Habe ich recht, Herr Vogel?
    Der sagte immer noch nichts, doch sein Blick verdüsterte sich zusehends.
    Die Wulfenia Carinthiaca ist eine höchst seltene Pflanze, sie ist in ihrer Heimat, in der Gegend von Hermagor beziehungsweise an der Grenze von Albanien und Serbien zu finden. Sie können stolz sein auf die Wulfenia Carinthiaca, mein Herr. Die sumpfigen tieferen Gebiete Ihrer Heimat werden natürlich von Seerose und Türkenbund, Orchidee und Sumpf-Siegwurz geschmückt. Auch diese Blumen bieten keinen alltäglichen Anblick. Sie können sich glücklich schätzen.
    Es ist vollkommen offensichtlich, dass es ein Aufstand war, sagte Vogel leise, er erhob sich, der Boden knarrte unter

Weitere Kostenlose Bücher