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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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den Pelzrock in den Schnee und ging auf das bläulich schimmernde Gestrüpp zu. Die Zweige zitterten noch. Er ging einen Bogen, stapfte auf einem Fußweg, der eher zu erahnen als zu sehen war, zusammengesunkener alter Schnee bedeckte alles. Adam gab sich keine Mühe, lautlos zu gehen. Er sah seinen langgestreckten Schatten.
    Der Serbe lehnte hinter einer krummen Weide und beobachtete ihn mit sachlichem, starrem Blick, er war nicht mehr jung, das Gesicht von Falten und Narben übersät, sein Atem dampfte, sein Kinn glänzte silbrig. Er legte das Gewehr auf ihn an. Adam schien die Gefahr nicht zu spüren, er griff in den Mantel, tastete nach dem Tabaksbeutel und zündete sich die Pfeife an. Rauch ausstoßend schritt er näher heran. Der Serbe ließ die Waffe sinken. Adam lächelte.
    Bist du verrückt, Mann?!, fragte der Serbe leise.
    Ich weiß nicht, antwortete Adam.
    Was heißt, du weißt nicht?!
    Wieso, weißt du es?
    Ich könnte dich abknallen, knurrte der Serbe, hob die Waffe wieder und zielte auf Adams Stirn. Sein Blick war voll Zorn.
    Du kannst mich umbringen, aber das ist nichts.
    Wieso ist das nichts?! Der Tod ist nichts?!
    Du bringst mich um, und davon wirst du auch nichts haben. Für dich ist es egal, ob ich lebe oder nicht.
    Der Serbe ließ das Gewehr sinken, riss sich die Biberfellmütze vom Kopf und wischte sich die Stirn ab.
    Und die Rache?, fragte der Serbe heiser.
    Sag doch, wen rächst du?
    Meine Geschwister, meine Mutter, meinen Vater, meine Kinder, die mein Fleisch und Blut sind.
    Und ich kann nicht dein Bruder sein?
    Du bist offensichtlich, der Serbe tippte sich an die Schläfe, nicht ganz normal.
    Ich bin nicht verrückt, mach dir da keine Hoffnungen, sagte Adam.
    Doch, das bist du, wenn du einfach so daherkommst!
    Und du auch, du wartest ja nur darauf, töten zu können.
    Ich kämpfe für mein Vaterland, sagte der Serbe leise.
    Nein, antwortete Adam.
    Was nein?!
    Du kämpfst nicht für dein Vaterland, sowenig wie ich. Dein Vaterland ist woanders, er wies auf die ins Mondlicht getauchte Landschaft. Kahle Äste kratzten die Luft, neben ihnen erstreckte sich ein Dickicht von Sträuchern, sie standen am Rand einer kleinen Lichtung, die vom unwirklich geraden Schatten einer Pappel durchschnitten war, in der Nähe blinkten Lichter, der Schein des ungarischen Lagerfeuers, aufblitzende und verlöschende Funken. Und sie standen hier und redeten miteinander.
    Ich habe Nero Koszta in der Gegend gesehen, sagte der Serbe.
    Nanu, begleitet uns der Musikant auch hier?!
    Sag bloß, du weißt, wer das ist!
    Adam nickte. Vielleicht hätte er es nicht verraten sollen, der andere konnte es für Hohn oder Prahlerei halten.
    Ich glaube dir nicht, der Serbe verzog das Gesicht. Woher soll ein Ungar, so ein dummer Milchbart wissen, wer Nero Koszta ist, zischte er, und welcher Helden Angedenken dieser wunderbare Herr seit Jahrhunderten in sich trägt?!
    Adam griff sich an den Hals, löste den Knoten seines Schals und öffnete den obersten Knopf seiner Jacke. Der Mond beleuchtete seinen Hals. Der Serbe starrte auf die dunklen Blüten und sagte nichts.
    Genügt dir das?, fragte Adam.
    Der Serbe schüttelte trotzig den Kopf, nein, es genügte ihm nicht, dann besann er sich anders und nahm seine Waffe. In Ordnung, der Ungar soll dorthin zurückgehen, woher er gekommen war.
    Und Adam ging ohne Eile ins Lager zurück. Niemandem war aufgefallen, dass er seinen Wachposten verlassen hatte. Nach seiner Ablösung konnte er nicht einschlafen, er ahnte, dass der serbische Freischärler bei der Weide mit dem verdrehten Stammgeblieben war, bestimmt starrte er vor sich hin und begriff nicht, was geschehen war. Er hätte töten sollen und hatte nicht getötet. Das konnte man in einem Krieg nicht ungestraft tun. Am nächsten Tag wurde er bei der Wachablösung ergriffen. Er war in der Nähe des Lagers herumgeschlichen, und als sie ihn überraschten, gelang es ihm noch, einem Honved durch den Arm zu schießen. Drei Trupps machten Jagd auf den Fliehenden, bald hatten sie ihn eingekreist. Zuerst verprügelten sie ihn, trampelten auf ihm herum und traten ihm mehrmals ins Gesicht, dann zerrten sie ihn an den Haaren in den Hof ihrer Unterkunft. Die Honveds wussten, im umgekehrten Fall erwartete sie das Gleiche. Der Serbe bettelte, zählte die Namen seiner Kinder auf, rief den Namen seiner Frau, schließlich wiederholte er immer wieder ein einziges Wort, Mütterchen, Mütterchen. Der Henker wählte einen Baum aus, besorgte sich einen Strick und

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