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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Fleisch einen braunen Schorfmantel bildete, wie das Gewebe sich mit Haut überzog und schützte. Das weiße Mal, dass der Schnitt zurückließ, würde wie ein Zeichen sein, dass hier ein Schatz vergraben war. Sie lachte und erlaubte ihm das grausige Spiel. Wie schön war es gewesen, als der rote Blutstreifen über die weiße Haut lief!, sagte der Doktor versonnen. Er brachte ihr mehrere Wunden bei, das war ihr Geheimnis, sie verheilten, ließen keinerlei Spuren zurück, es waren ihre Erinnerungen. An vielen Stellen schnitt er sie, einmal auch am Nacken, und niemals, niemals passierte etwas. Eines Tages nahm er einen Schnitt in ihren wundervollen Bauch vor. Die Wunde war weder tiefer noch länger als sonst, doch als das Blut zu tröpfeln begann, spürte er einen Druck im Brustkorb. Der Vogel des Todes schien über sie hinwegzufliegen! Natürlich untersuchte er die Wunde am nächsten Tag. Sie heilte nicht, der verfluchte Schnitt wurde nicht größer, doch er verschorfte auch nicht! Und auch am dritten Tag, auch nach einer Woche hatte sich nichts geändert, die Wunde heilte einfach nicht, und seine geliebte Frau wurde vonTag zu Tag schwächer, sie hatte keinen Appetit, war bleich, zitterte und sah ihn mit ihren großen braunen Augen nur traurig an, oder sie flüsterte manchmal, ach Gustav, ach Gustav, was bist du für ein Arzt, dass du mit so einer winzigen Wunde, mit so einem klitzekleinen Schnitt nicht fertigwirst, dass dich diese Nichtigkeit besiegt, was taugt deine ärztliche Kunst, wenn du bei einem solcher Kratzer mit deinem Latein am Ende bist! In ihrer Stimme lag kein Vorwurf, vielleicht nur bekümmerter Spott. Und er, er war von Sinnen in seiner Ohnmacht, denn sie war bereits so schwach, dass sie nicht reisen konnte. Er war hilflos und wartete auf ein Wunder, stundenlang betete er neben ihrem Bett, doch sie lächelte nur sanft, strich ihm manchmal übers Gesicht und sagte, macht nichts, Gustav, macht nichts, wenigstens lernst du, auch Kratzern angemessenen Respekt zu zollen!
    Ein windiger Morgen blies ihr das Lebenslicht aus, und Doktor Schütz wusste, dass er sie getötet hatte.
    Peter schwieg, was hätte er auch sagen sollen.
    Er, Gustav Schütz, war zu dieser niemals heilenden Wunde geworden.
    Ich bin eine Wunde, eine mörderische Wunde!, kreischte er.
    Das war noch vor der Geburt von Peters Bruder geschehen. Seinen Augenstern, die kleine Tochter, die ihrer wunderschönen Mutter gespenstisch ähnlich sah, gab Schütz zu Adoptiveltern. Er hatte sein Kind regelrecht vertrieben, damit es in Wien lebte, wo ihre Mutter aufgewachsen war, dort würde sie es besser haben.
    Er habe seine kleine Tochter vertrieben, statt mit ihr zu gehen, flüsterte Herr Schütz, sein Gesicht war schmal geworden, er wirkte wie ein geistig Verwirrter. Warum er nicht mit ihr gegangen sei? Der Doktor grinste plötzlich, und von diesem Grinsen lief Peter eisiger Schweiß über den Rücken. Aus Angst, dass er auch sie umbringen könnte. Natürlich wurde sie größer, und natürlich verstand sie die Herzlosigkeit ihres Vaters nicht. Wie auch?! Lange grollte sie ihm, dem grausamen Vater, lange machte sie ihm Vorwürfe, aber jetzt war sie ihm vielleicht nichtmehr böse. Aus seiner Tochter war eine rechtschaffene, gutherzige Frau geworden, möglich, dass sie sich einen anders gearteten Mann hätte aussuchen können. Manchmal untersuchte er sie auch, er kümmerte sich um seine Tochter und achtete auf ihre Gesundheit.
    Peter schwieg nur, er verstand nicht, was ihn das anging.
    Doch Herr Schütz redete unbeirrt weiter.
    Sobald er seine Tochter nach Wien geschickt hatte, legte sich eine zähe, dauerhafte Schwermut auf seine Seele. Er dachte, die Zeit würde ihn heilen, wie man gemeinhin glaubt, doch die Zeit verfaulte nur in ihm. Nichts von dem, was ihn quälte, verging. Im Gegenteil, es verschlimmerte sich. Zu der Zeit hatte er schon Jahre in Untätigkeit verbracht, Frauen interessierten ihn überhaupt nicht, er vernachlässigte sich, er fand sein Leben ohne Sinn. Tagelang lungerte er in der leeren Wohnung herum, trank, verschaffte sich mit betäubenden Pulvern Linderung, wechselte die Kleidung nicht, zudem, und er sage das nicht, um sich beklagen, wiewohl er vielleicht Grund dazu hätte, klopfte niemand bei ihm an, niemand rief ihn zu einem Kranken oder zu einem Unfall, niemand erkundigte sich nach ihm. Da verstand er, dass ihn die Welt verlassen, weggeworfen, ausgestoßen hatte! Eigentlich hatte er ihr auch Grund dazu gegeben! So fiel ihm die

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