Blumenfresser
Augen. Sie sagte nichts, aber er spürte, dass sie ihm nicht glaubte. Und er verstand nicht, warum er so wütend wurde, dass er hätte töten können. Mit einer unwilligen Geste überließ er sie sich selbst. In der Oberen Stadt waren bereitshundert Häuser ein Raub der Flammen geworden. Lange betrachtete Peter die Verwüstung, die verkohlten Balken, die rußigen Mauern, von denen die Asche von Schilf und Schindeln herabgerieselt war, auf der Straße lag dreckiger Plunder herum, in den Schlamm getretene Kleider und Decken, zerbrochene Möbel, ein schauerlicheres Bild hatte er noch nie gesehen.
Ein schwüler August drangsalierte die Stadt. Immer wieder loderten Feuer auf, und die Menschen glaubten zu wissen, dass es sich um Brandstiftung handelte. Einige Tage lang gab es nur unbedeutende Fälle, doch an den Ecken standen Feuerwächter, Wasserfässer mussten neben den Häusern aufgestellt werden, das Rauchen auf der Straße wurde verboten. In Rochus wurde ein Pfeifenraucher dermaßen verprügelt, dass er minutenlang Zähne ausspuckte, lispelnd verfluchte er die Welt. Dann ereignete sich die nächste Katastrophe, und dabei begegnete Peter abermals Herrn Schütz. Am Theißufer waren drei Häuserzeilen abgebrannt, einige Kähne waren zu Asche geworden, auch Reusen und Fischernetze hatte das Feuer gefressen. Der Doktor war mit dem Verbinden von Brandwunden beschäftigt. Peter trat zu ihm hin.
Sagen Sie, Herr Doktor, stimmt es, dass im Rathaus Briefe eintreffen, die das Unheil vorhersagen?
Das habe ich auch gehört, bestätigte der Doktor.
Stimmt es, dass überall in der Stadt Feuerzeug und Brandsätze gefunden worden sind?
In der Tat, auch hier ist man auf derlei gestoßen, antwortete der Doktor verdrossen.
Vielleicht ein Feueranbeter, der sich zu so etwas versteigt?
Der Doktor wurde nachdenklich, hat der junge Herr nicht davon gehört, dass einige wohlhabendere Häuser gegen Feuer versichert gewesen sind?
Peter verstand nicht, wieso versichert?
Der »Feuerretter«, der nur mehr so genannt wurde, eilte erneut von Haus zu Haus und brachte heldenhaft alte Kranke, schutzlose Frauen und Kinder in Sicherheit. Auch auf der Straßenach Szabadka brannten Häuser, und wieder sah Peter diesen Mann im Chaos des Rettens. Er beobachtete ihn scharf, folgte ihm beständig, und als am Nachmittag die Feuer zu verglimmen begannen, war er ihm noch immer wie ein Schatten auf den Fersen. Der Feuerretter streifte lange in der von Schreckensmeldungen aufgewühlten Stadt umher, schließlich traf er sich mit einem gutgekleideten Herrn und übergab ihm ein Paket. Diese Szene wiederholte sich nach einer weiteren Feuersbrunst. Peter verfolgte den flinken Gesellen bis nach Hause, er merkte sich, wo er wohnte. Tage später wusste er alles, er hätte die Bande mit Leichtigkeit entlarven können, doch er tat es nicht.
Immer ist das am meisten wert, wovon nur wenige wissen. Er hätte sie erpressen können, doch der Gedanke ekelte ihn. Der dünne Kerl steckte die Häuser in Brand und entwendete die Wertsachen, er gab sie schnell weiter, auch von den Versicherten bekam er seinen Anteil. Und auch der Versicherer, ein gewisser Herr Wolf, fuhr nicht schlecht dabei. Zwar musste er in den Monaten der Brände beträchtliche Summen auszahlen, doch der wachsende Kundenkreis entschädigte ihn.
Peter studierte das System.
Der Weg zum Gewinn führt immer über den Schaden anderer. Profit kann man auch als einzelner machen, doch aussichtsreicher ist es, sich zu mehreren zu organisieren, das bringt bessere Ergebnisse. Wenn der Gewinn gewissenlos ist, ist es ein böser Gewinn. Doch ob es einen guten Gewinn gibt?!
Der Dieb hieß Korona, er wohnte mit seiner Mutter in der Nähe der serbischen Kirche. Eines Abends wartete Peter vor dem Haus auf ihn. Er stand lange unter dem Tor, der Mond leuchtete, der Wind nestelte im frisch gefallenen Laub einer Kastanie. Als Korona sich dem Tor näherte, trat Peter aus dem Schatten und ließ sich einfach auf ihn fallen, wie ein schwerer Sack riss er ihn um. Der Dieb kam unter ihn zu liegen, seine Knochen krachten, er stöhnte auf vor Schmerz, wand sich aber sogleich unter ihm hervor und wollte davonhuschen. Peter trat blindlings nach ihm und traf ihn an den Beinen, der Kerl stürzte, sprang wiederauf und drehte sich mit wutverzerrtem Gesicht um, in der Hand blitzte ein Klappmesser. Peter schlug nur einmal zu, Korona sackte zusammen. Peter nahm das Klappmesser und steckte es in die Tasche. Er schulterte den Kerl und trug ihn
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