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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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hinunter zum Fluss.
    Das wird kein gutes Ende nehmen, sagte er zu Korona, als der die Besinnung wiedererlangte und zischend zu zappeln begann. Peter legte ihm die Hand auf den Mund, damit er nicht angespuckt wurde, während er redete.
    Ich könnte dich in einen Brunnen werfen, Korona, doch ich habe keine Lust dazu. Was du machst, hat keinen Sinn. Die Sinnlosigkeit ist wie der Tod. Und ich möchte nicht, dass sie sich fortsetzt. Verstehst du?
    Doch Korona blinzelte nur verständnislos. Peter überlegte, ein Ende mit ihm zu machen. Auch Korona hatte getötet, er hatte den Tod verdient. Peter tötete ihn nicht. Er brach ihm nur beide Arme und beide Beine. Das linke Bein Koronas brach schwer. Er musste dreimal draufspringen. Auf der anderen Seite des Damms wartete der Wagen, Peter warf den vor Schmerzen Ohnmächtigen locker über den Schragen. Der Fuhrmann fragte nichts, er warf keinen Blick auf die Ladung.
    Bringen Sie ihn zum Doktor, wie wir besprochen haben! Und sagen Sie ihm, dass ich ihn schicke, setzte Peter hinzu und grinste.

Endlich sagt ihm der Vater alles!
    Er kam sehr spät nach Hause, gerade hatte er in der Kneipe etwas erfahren. Der Vater stand über den Küchenherd gebeugt, als könnten ihm die ausgekühlten Eisenplatten noch Wärme spenden, er hatte auf ihn gewartet, in Kleidern, in einer abgenutzten Jacke und zerlumpten Hose. Der Tag graute bereits, im Hof krächzten Vögel. Peter kam oft in der Nacht heim und trug schwere Gerüche ins Haus, nie aber hatte er den Vater wach angetroffen. Im Stehen schlüpfte er aus den lehmigen Stiefeln und beförderte sie mit Tritten auf die Schwelle.
    Vater, sagte er, worauf der Alte zum Küchentisch schlurfte und sich setzte.
    Pallagi ist gestorben.
    Wann? Das war alles, was der Vater herausbrachte.
    Die Nachricht stammt von Doktor Schütz, er hat sich erschossen.
    Warum?
    Der alte Mann starrte auf das schimmernde Fenster, Peter trat von einem Bein auf das andere, er hatte kalte Füße, der Vater bedeutete ihm, sich zu setzen, und er gehorchte, die Fäuste legte er auf den Tisch, doch weil sie zitterten, ließ er sie in den Schoß sinken. Der Alte putzte sich die Nase, dann schenkte er ein. Sie stießen wortlos an, offenbar wollte der Vater mit ihm reden. Er wollte ihm sagen, was Peter schon längst wusste. Er wollte ihm sein Leben erzählen, alles, was gut war, was überflüssig war, was nicht anders hatte geschehen können, und dass all das vorbei war. Er wollte ihm sagen, dass alles vorbei war.
    Die Zunge des Alten strich über seine trockenen Lippen, der Mund schloss sich, der Vater kramte sein Taschentuch hervor und spuckte hinein. Die Welt erwachte zum Leben, von der Burg her quietschte eine Trompete, die Marktleute trafen ein, Fuhrwerke rollten zu den Mühlen, und vom Ufer waren die meisten Fischerkähne verschwunden, sie waren in der Dunkelheit losgefahren, um noch ein letztes Mal die Netze auszuwerfen. Es war November, die Fischereisaison ging zu Ende.
    Das Gesicht des Vaters war schmaler geworden, seine Falten hatten sich vertieft, er atmete pfeifend. Obwohl er nichts sagte, meinte Peter seine trocken perlenden, einsamen Worte zu hören. Es redeten nicht die Augen oder die Bewegungen des Alten, nicht die Falten, die sein Gesicht zerschnipselten, nicht die hängenden Schultern und die schlaffe Haut unter dem Kinn, sein Körper war stumm und leer. Seine Seele rief ihn, seine unglückliche Seele, die jetzt, des lebenslangen Versteckspiels überdrüssig, die im Morgengrauen fröstelnde Küche ausfüllte. Ein Vogel huschte vor dem Fenster vorbei, ein Schrei war die scharfe Antwort, vielleicht eine Möwe. Peter schenkte nach, der Alte nickte kaum merklich, er leerte das Glas in einem Zug, drehte es zwischen den Fingern hin und her, nun schenkte er sich selbst ein. Peter betrachtete das Gesicht, seine Fremdheit, und suchte sich selbst darin. Immer hatte er sich unterscheiden wollen von diesem reservierten Mann, der die Gegenstände zwanghaft in Reih und Glied aufstellte und seinen Zeitplan genau einhielt, immer hatte er anders sein wollen, und immer hatte er auf ihn herabgesehen. Er hatte nie geglaubt, ihn verstehen zu können, auch akzeptieren konnte er ihn nicht. Im Grunde, obwohl er das nie so formuliert hatte, war er enttäuscht, dass er von ihm abstammte. Ein schmales Gesicht, ein schütterer Stoppelbart, seine Strenge war nichts als Ohnmacht und Höllenangst, was hatte er mit diesem Wesen zu tun?! Sein Bruder hatte die knochige Gestalt, die langen Finger und

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