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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Entscheidung, der Tortur ein Ende zu machen, wirklich nicht schwer! Auf Gift hatte er keine Lust, Gifte verwendete er, um zu heilen. Eine Pistole hätte er sich leicht besorgen können, doch er wollte das Haus nicht mehr verlassen. Er stand in der Mitte des Zimmers unter dem großen Dresdener Lüster, ehrlich gesagt tat ihm das glitzernde Kristall leid, doch er hatte den Strick bereits um den Hals, als mit einem gewaltigen Klirren die Fensterscheibe barst, in der er eben noch die eigene Gestalt gesehen hatte. Sein Spiegelbild zerbrach in tausend Scherben, und er blickte in ein Kindergesicht, das keine Furcht verriet. Der Kleine sei überhaupt nicht erschrocken gewesen, sondern wütend wie ein Puter, nickte der Doktor und schlürfte seinen Kaffee.
    Daraufhin, fuhr er fort, habe er den Kopf aus der Schlingegezogen und sei, neugierig geworden, vom Stuhl gestiegen. Sogleich stellte sich heraus, wer der wütende Junge war! Sieh einer an, das kleinere der Schön-Kinder! Dessen Mutter mit einem nichtsnutzigen Theaterdirektor davongelaufen war. Und dann, auf dem Weg zu den verbliebenen Mitgliedern der Familie Schön, Peter werde nicht glauben, was da passiert sei!
    Ihm war unbehaglich zumute, er sah bereits die gefährliche Häme auf dem Gesicht des Arztes. Vielleicht haben Sie noch einmal Glück gehabt?, fragte er.
    Ich bin in Scheiße getreten, in Menschenscheiße, gluckste Herr Schütz und winkte dem Kellner, Wein zu bringen, wenn möglich, keinen einheimischen. Und Peter sah mit großen Augen in das zufriedene, schlaue Gesicht und verstand ganz und gar nicht, warum ihm der Doktor das alles erzählt hatte. Herr Schütz führte wieder irgendetwas im Schilde. Das würde kein gutes Ende nehmen, dachte er und spürte seinen Rücken feucht werden.

Die Stadt brennt
    Er lief, so schnell ihn die Füße trugen, denn nun roch er den Rauch nicht nur, sondern sah auch die Schwaden. Seit Minuten dröhnten die Glocken, es war der August 1836, in der Oberen Stadt wurde Kirmes gefeiert. Zwei Rauchbänder wanden sich zum Himmel und wurden rasch zu einem. Die ganze Straße knisterte, Hausdächer standen in Flammen, heiße Luft schlug ihm ins Gesicht und raubte ihm den Atem. Das Feuer sprang auf Nebengebäude und Ställe über. In einem Hof quiekten brennende Ferkel, sie warfen den Zaun um und rasten auseinander. Der Lärm war gewaltig, Menschen und im Feuer eingeschlossene Tiere brüllten, Pferde wieherten, Kleinvieh irrte zwischen den Wasserwagen umher.
    Auf dem Dach des Hauses der Fleischerwitwe tanzten die Flammen, Rauch quoll aus dem Laubengang, das Schilf knackte.Er zögerte nicht, trat die Tür ein und lief hinein, sie lag im Zimmer, die Augen offen, ohne Besinnung. Er nahm sie hoch und rannte auf die Straße, um Wasser brüllend, puffte er den leblosen Körper, worauf sie seine Hand fasste. Er verstand erst nicht, was sie stammelte. Ihr weniges Geld befand sich in der Küche, in den Wandteppich eingenäht. In dem Moment sah er eine Gestalt aus dem brennenden Haus laufen. Sie stopfte sich etwas ins Hemd und war auch schon verschwunden. Zwischen Feuergarben lief er zurück, Funken piekten ihn in Hals und Rücken, auch die Küche brannte, der Wandschoner war nicht an seinem Platz. Peter rannte zur Witwe zurück, jemand übergoss ihn mit Wasser, er roch den verbrannten Geruch der eigenen Haut, des eigenen Haars. Er drehte sich nach allen Seiten, konnte die Frau nicht finden, offenbar hatte man sie inzwischen an einen sicheren Ort gebracht.
    Da sah er den flinken Kerl abermals, er warf Säcke aus einer Scheune. Plötzlich sprang er zur Seite, die Scheune fiel in sich zusammen. Der größte Teil der Ernte war dennoch gerettet. Es war ein dünner, glattrasierter Mann, er huschte umher wie ein Wiesel. Überall tauchte er auf, hier rettete er eine Wiege samt Säugling, dort zog er ein ohnmächtiges junges Mädchen an ihrem Zopf aus dem Haus, ihre Wade war schwarz von heißer Asche. Peter beobachtete ihn, eilte ihm nach, es ging ihm gar nicht mehr darum zu retten, sondern dem verteufelt geschickten Mann zuzuschauen, diesem Akrobaten mit Schlangenbewegungen, der leichtfüßig durch Feuervorhänge lief und Kruzifixe aus der roten Glut fischte. Aus dem einen Haus trug er zwei Jungen hinaus, vielleicht waren sie erstickt, ihre Mutter raufte sich über den leblosen Körpern die Haare. Plötzlich fühlte sich Peter sehr müde, er machte kehrt, um die Witwe zu suchen.
    Als Peter ihr sagte, dass er das Geld nicht gefunden hatte, schloss sie die

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