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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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war nicht groß und wirkte auch nicht besonders kräftig, doch Peter wusste, dass sämtliche Musikanten, Schmiede und Kesselflicker wie auch die als Händler durch die Straßen ziehenden Zigeuner die Gebühr an ihn entrichteten. Der Woiwode war kein Woiwode mehr, Gilagóg war ein Schatten, die Vergangenheit. Peter winkte, der Mann neigte den Kopf, als würde er Peter die Genehmigung erteilen fortzugehen.
    Nach einem kleinen Umweg, der ihn in Frau Lénis Gasthaus führte, wo er ein Glas Likör hinunterkippte und ein winziges Gläschen in seiner Brusttasche versenkte, lief er zu Klaras Haus. Die Welt war weiß, er schritt durch Watte und blies den dampfenden Kinderatem fort. Wie zu erwarten, observierten zwei Gestalten die Schwarzer-Adler-Straße und besonders das Haus der Familie Schön. Es war früher Vormittag, nur wenige Leute waren auf der Straße. Die Gestalten hatten offensichtlich genug vom Spionieren, denn als Peter um die Ecke bog, trommeltenbereits große Regentropfen auf die Dächer, ein Wind erhob sich. Die Welt begann sich zu erwärmen. Gemächlich näherte er sich dem einen, er brabbelte irgendetwas, wartete, bis eine Marktfrau hinter der Ecke verschwand. Und als der Mann sich verständnislos vorbeugte, schlug er ihn ins Gesicht, und sogleich sackte der Kerl zusammen. Der andere schlitterte auf ihn zu, hob seine Pistole und brüllte. Auf ihn warf Peter ein Ziegelstück, er traf ihn an der Stirn und hoffte sehr, dass er ihn nicht umgebracht hatte. Der Niedergeschlagene lag auf dem Rücken und atmete hechelnd. Peter ließ die Schnalle seiner Tasche aufspringen und entnahm ihr den von den Zigeunern mitgebrachten Schnaps. Er besprengte ihm das Gesicht, und als der Spitzel eine stotternde Frage stellte, schlug er noch einmal zu. Dem anderen sickerte Blut aus der Stirn, mit ihm verfuhr er genauso, dann drückte er dem nach Alkohol Riechenden die leere Flasche in die Hand.
    Er lief zum Haus und pfiff, rief, warf Steinchen ans Fenster, doch Klara zog den Vorhang nicht zur Seite. Vergebens hämmerte er gegen die Eingangstür, rasende Wut ergriff ihn, er stemmte die Schultern dagegen. Endlich knirschte der Riegel, Somnakaj öffnete, bleich, offenbar hatte sie gelauscht.
    Herr Schön ist nicht zu Hause, sagte sie verlegen.
    Ich will gar nicht zu ihm, ich will mit Klara sprechen.
    Meine gnädige Frau schläft, flüsterte sie.
    Du lügst, sagte Peter und senkte den Kopf, plötzlich fühlte er sich schwach.
    Ich sage nur, was ich sagen muss, haspelte Somnakaj errötend.
    Dann sag, was du ehrlich denkst!
    Sie schwieg feindselig, er verlor die Geduld und drang in die Wohnung ein, er fegte das Mädchen zur Seite, sie wurde gegen den Türstock gepresst, ihr stockte der Atem.
    Klara saß auf dem Sofa des Salons, ihre Ruhe war gespielt, sie hielt ein Buch in der Hand, offensichtlich hatte sie es gerade in die Hand genommen. Wütend sah sie Peter an, sie hatte Ringeunter den Augen und um die Mundwinkel Falten. Anscheinend wurde nichts besser. Das Kind schlief vermutlich. Peter sah sich um. An den Wänden rankten sich Blumen, überall hingen in geschwungene Rahmen gefasste Abbildungen, glänzten Blätter unter Glasplatten, sah man lebende Triebe und tote Knospen. Das hatte er bereits einige Male gesehen, trotzdem war ihm alles so fremd.
    Ich wäre beinahe gestorben, sagte er leise.
    Klara sah einen Moment auf. So?, fragte sie. Nun verstand er, dass sie überhaupt nichts davon wusste, sie hatte keine Ahnung, dass er tagelang zwischen Leben und Tod geschwebt hatte, und vermutlich wusste sie auch nicht, dass ihn die Zigeuner gerettet hatten. Der Doktor hatte nicht geplaudert?! Und wie war es möglich, dass Somnakaj, die mehrmals in der Ansiedlung gewesen war, Klara nichts erzählt hatte? Das Zigeunermädchen hatte gewusst, wie schlecht es ihm ging, und dennoch geschwiegen. Warum?! Mit einer heftigen Bewegung, so dass der Stoff einriss, entblößte er seine Seite und zeigte ihr die blütenförmige Wunde in Höhe des Herzens.
    Klara lächelte höhnisch, das soll die tödliche Verletzung sein?!
    Der Tod geht auch durch ein Nadelöhr, sagte Peter leise, ihre kühle Reserviertheit bestürzte ihn. Er griff in die Tasche, das Likörgläschen tanzte zwischen seinen Fingern. Als er es ihr hinhielt, nahm sie es nicht. Peter verstand, dass ihr Zorn wie Nebel von gestern bereits verflogen und ihre Steifheit der Panzer eines verstörten, einsamen Menschen war, der niemandem traute. Müde ließ er sich neben ihr nieder, sie tat ihm leid.

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