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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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klatschsüchtigen Freundin, die angeblich eine seltsame Beziehung zu Doktor Schütz unterhielt und ihr oft versichert hatte, man dürfe nur Hüte aus Weizenstroh kaufen, die seien schöner, haltbarer − und vornehmer.
    Imre sprach mit heiserer Stimme von seinen Notizen, die er in Ordnung bringen müsse, vor kurzem hatte er zum Beispiel etwas über den Garten von Voltaire gelesen, wo alles so gründlich gestutzt worden war, dass es zwischen den in Schachtelform geschnittenen Sträuchern und den misshandelten, würfelköpfigen Bäumen nicht mehr den geringsten Unterschied gab, die einen sahen aus wie die anderen, während in Byrons Garten Tulpen, Vergissmeinnicht und Oleander in naturbelassenen Beeten blühten und Rosen sich an bunten Holzpfählen emporrankten, der steinerne Brunnen war moosbewachsen, und es glitzerte so reines Wasser darin, dass ein Kind davon hätte trinken können. Doch der morgendliche Tee war so heiß, dass Imre sich die Zunge verbrannte, vor Schmerz traten ihm Tränen in die Augen, außerdem stellte er fest, dass sein Vorrat an Schreibmaterial zuEnde ging und er sich Tinte und Papier besorgen musste. Und der Tabak ging ebenfalls zur Neige.
    Und du gehst auch pflanzen, Blumen pflanzen, warf Klara ein.
    Ja, ich streue ein paar Blumensamen aus, nickte er.
    Warum nimmst du mich nicht mit?!
    Du bist ja gar nicht mehr zu Hause, Klara, du bist schon früher fortgegangen!
    Würdest du mich mitnehmen, wenn ich zu Hause wäre?!
    Ich glaube, ich würde auch dann allein gehen, sagte Imre.
    Das wird dir noch einmal leidtun!, drohte sie.
    Doch das schien er gar nicht gehört zu haben, stattdessen sprach er weiter. Plötzlich war er allein in der Wohnung und rief vergeblich nach ihr, rief vergeblich immer wieder ihren Namen, Klara war aus dem Haus verschwunden, wie das Licht verschwindet, am Nachmittag, ohne Gruß. Imre wusste nicht mehr, ob sie sich verabschiedet hatte. Oft verließ Klara ohne Abschied das Haus oder schlief ein, ohne gute Nacht zu sagen, sie drehte sich einfach um, als wäre der Ort, auf den ihre Seele gerade zutrieb, wichtiger als derjenige, den sie verließ. So schlimm war das gar nicht, nur eben so typisch.
    Klara lachte, stimmt, es war wirklich so.
    Es war bereits Mittag, Glocken läuteten, sie hörten es beide.
    Unvermittelt fragte Imre, ob Musik von so genialen Tonkünstlern wie zum Beispiel Mozart oder Beethoven dumm sein könne. Klara war überrascht, schließlich bejahte sie, beispielsweise sei der wunderbare Vivaldi manchmal ziemlich dumm, Haydn seltener, Bach hingegen niemals. Bach könne gar nicht dumm sein, doch sie, Klara, glaube, dass das nicht unbedingt eine künstlerische Tugend sei. Auch ein großer Künstler darf dumm sein!
    Auch Mozart kann dumm sein?, fragte Imre.
    Ja, ja, erinnere dich zum Beispiel nur an den Anfangssatz der A-Dur-Klaviersonate, wie wundervoll der ist, doch wie dumm der dritte Satz, das berühmte Allegretto.
    Doch was bedeutet Dummheit?, fragte Imre.
    Dummheit ist, wenn ich um etwas bitte, das ich bereits habe. Dummheit ist, wenn ich jemand anderem etwas gebe, das er bereits hat. Dummheit ist, wenn ich den anderen nicht denken lasse.
    Folglich denken wir über Dumme nicht nach?
    Doch, nur völlig unnötig.
    Imre ließ nicht locker.
    Kann Dummheit schön sein?
    Und ob, lächelte Klara.
    Und welches Musikinstrument ist das klügste?
    Klara überlegte, sie ahnte Böses. In Imres Tonfall lag etwas Spöttisches. Sie antwortete trotzdem.
    Die Geige oder die Oboe, und natürlich ist das Horn ein sehr dummes Instrument. Die Orgel ist hochmütig wie ein Kardinal. Die Bratsche ist ein stupider Bär. Oh, und die Trompeten erst, wie dumm die sind! Auch die Klarinette ist nicht klug, nein! Das klügste Instrument ist natürlich das Klavier!
    Und die menschliche Stimme?, fragte Imre.
    Das ist unfair!, schrie Klara wütend, als wäre sie tatsächlich in die Falle gelockt worden, die menschliche Stimme ist kein Instrument!
    Dann schwieg sie lange, auch Imre sagte nichts.
    Wo bist du übrigens jetzt?!, fragte sie, denn ich bin schon zu Hause! Und ich bin allein! Ich liege auf dem Sofa, aber mich quält nicht Langeweile, sondern Einsamkeit!
    Imre flüsterte, ich stehe doch schon vor dem Haus und sehe, dass du die Vorhänge zugezogen hast, auf dem Fensterbrett putzt eine Taube ihr Gefieder, vielleicht ist es auch eine Möwe. Ich betrete die Wohnung. Ich finde dich bereits schlummernd, ich knie nieder, öffne dein Kleid, küsse deine Brust, deinen Bauch.
    Es wurde Abend, in

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