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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Bruder taucht immer auf! Er umarmte seine Frau, und Klara spürte den schweren, süßlichen Geruch von Blumenerde, sie griff in Imres Tasche, leere Tüten raschelten darin. Auch heute hat er gepflanzt! Wenn Peter sich lange nicht zeigte, wurde Klara gereizt und brach schnell in Tränen aus. Peter fehlte ihr wie ein Traum. Doch sie spähte umsonst zu früher Morgenstunde auf die Straße hinaus, starrte umsonst ins Dämmerlicht, Peter zeigte sich erst am nächsten Tag oder in der nächsten Woche. Seine Müdigkeit war fesselnd und begehrenswert, auf seinem Hals zeichneten sich dunkle Bissspuren ab, wenn er auf einmal wieder wie gewohnt vor dem Haus stand und unverwandt nach oben blickte. Klara riss wütend am Seidenvorhang und trat einen Schritt zurück. Dabei war sie ihm gar nicht böse! Wieder hatte Peter gesiegt, Klara zündete ein Nachtlicht an und schüttelte vor dem Fenster die Faust. Peters Schnurrbart glänzte, er lachte wiehernd, um dann, sein triefendes Haar zurückwerfend, mit dröhnenden Schritten über das Haus hereinzubrechen. So, wie er sich beim Couchtisch niederließ, stand zu befürchten, der Stuhl könnte unter ihm zusammenkrachen. Er trank den heißen Kaffee und verschlang einen Brotkanten, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, am frühen Morgen bei seinem Bruder daheim Unruhe zu stiften. Er schluckte den letzten Bissen hinunter, seufzte, griffin seine Brusttasche und entnahm ihr vorsichtig ein gefülltes Gläschen, das er Klara reichte. Zu solchen Kunststücken war nur er imstande. Mit einem Gläschen in der Jacke kehrte er vom Ende der Welt zurück, ohne auch nur einen Tropfen verschüttet zu haben. Zumindest behauptete er das. Meistens brachte er Nusslikör, Anis oder Himbeersirup. Einmal hatte man ihm aus Jux, denn unter seinen Kumpanen hatte sich längst herumgesprochen, wem er nach der Zecherei den Versöhnungstrunk brachte, teuflisch starken Palinka in das Goldrandglas gegossen. Klara kippte den Schnaps hinunter und versuchte dann, nach Atem ringend, ein Wort herauszubringen. Peter zog sie an sich. Sein Mund suchte den ihren, er nagte an den nach Kümmel riechenden Lippen.
    Darf ich dich berühren?, fragte er sanft.
    Du darfst, hickste Klara in seinen Mund und wusste, würde sie nein sagen, er würde sie trotzdem anfassen. Es dauerte lange, bis er lernte, dass er auch das erbitten musste, was er von ihr schon einmal bekommen hatte.
    Später legte Klara ihr Gesicht auf seine Hand, und als er Anstalten machte aufzubrechen, verdrehte sie ihm die Nase.
    Peter hatte weder eine Frau noch eine ständige Gefährtin, und er war auch Klara nicht treu. Er besuchte mehrmals im Jahr eine Bekannte namens Zsófia, auch Imre machte hin und wieder eine vage Andeutung. Soviel Klara verstanden hatte, war sie eine gebildete Frau, eine entfernte Verwandte, vor der sich Peter sogar ein wenig fürchtete. Aber das konnte Klara dann doch nicht so recht glauben. Jedenfalls unterhielt Peter in der Gegend allerlei Beziehungen, hatte Affären in den umgebenden Dörfern, in Dorozsma, den am Fluss gelegenen Orten Algyő und Tápé, außerdem ging er zu Frauen mit zweifelhaftem Ruf, oder er flirtete mit zersausten kleinen Schauspielerinnen, doch Klara war nicht eifersüchtig, sie wollte von ihm nicht das Gleiche wie die anderen. Peters Berührungen hinterließen Spuren, Kratzer, blaue Flecken, Bissrosen an den Schenkeln, eine blutunterlaufene Hautpartie an der Hüfte. Er küsste gerne den roten Fleckauf ihrer Hand: Weißt du, mein Herz, als ich klein war, habe ich genau hier an dieser Stelle gestanden, und ich habe nur darauf gewartet, dass du mich bemerkst.
    Hast du lange warten müssen, mein Teurer?
    Oh, sehr lange! Ich habe gehungert! Gefroren! Es war ein Hundeleben auf deiner Hand!
    Dabei habe ich dich doch damals auf Händen getragen!, lachte Klara.
    Von wegen, keinen Blick hast du mir geschenkt, du hast mich gar nicht bemerkt!, knurrte er.
    Vor Wut hast du dann angefangen zu wachsen?
    Ich wurde so groß, sagte Peter und sog seinen gewaltigen Brustkorb voll Luft, dass du mich endlich bemerkt hast!
    Sie zischte auf, weil er ihre Hüfte umfasste, Peter, das tut weh! Tränen traten ihr in die Augen, dann lachte sie aus Verlegenheit. Von draußen hörte man Schritte, anscheinend kam Imre von einem akademischen Vortrag aus Pest zurück. Sie verzog den Mund. Sicher wird er wieder erzählen, dass man ihn in die letzte Reihe gesetzt hat.

Die glücklichste Kranke der Welt
    Der Vater erzählte viel von den großen

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