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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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Moment hauchte sie die Seele aus. Doch auf ihrem Gesicht blieb das Lächeln zurück, und Salamon, falls es erlaubt ist, in dergleichen Momenten so etwas zu sagen, war erleichtert, er brauchte ihr den gefälschten Brief nicht zu zeigen. Denn obwohl es keine Kunst war, Peters kindliche Handschrift und seine Rechtschreibfehler nachzuahmen, konnte niemand wissen, ob die Wüstenblume nicht auch noch auf dem Totenbett fähig gewesen wäre, Original und Fälschung zu unterscheiden, einen imitierten Peter Schön vom richtigen, von diesem lieben, lieben Rindvieh, das sie, seht her, auch noch im Tod begleitet hatte.

Dezember 1878
    Und Imre sagte auch, was verlorengeht, das beginnt zu wachsen. Und weil ihnen nicht einmal mehr die Helligkeit eines Glühwürmchens geblieben war, redeten Klara und er von den Gaslaternen, die bereits an vielen Stellen der Stadt ihr Licht verbreiteten, und über das Straßenpflaster, das den reibungslosen Ablauf des Verkehrs garantierte. Imre konnte gar nicht aufhören, sich darüber zu mokieren! Nach der Okkupation des märchenhaften Bosnien kehrte ein Soldat nach dem anderen zurück, an ihren Stiefeln klebte der Matsch der Fremde, in ihren Decken wimmelten Läuse, doch sie trotteten auf gepflasterten Straßen heim, gepflasterte Straßen führten sie zum Elternhaus! Die Kriegsheimkehrer waren wortkarg, ihre Wunden heilten schwer, und aus ihren Haaren ließen sich Gras, geronnenes Blut und Disteln nicht herauskämmen, man musste sie kahl rasieren. Werther, der alte Barbier, hatte noch nie so viele Haare verkauft. Bosnisches Haar, billig, aber reichlich vorhanden! Am Vormittag des Heiligen Abends übten die Schlittschuhläufer von Szeged auf der Eisbahn, und die Zuschauer bedachten Pirouetten und bravouröse Kreiselsprünge mit Applaus. Doch einem jungen Mädchen missglückte ein Bogen, und im Fallen stützte sie sich so ungeschickt ab, dass sie sich das Handgelenk brach. Doktor Schütz wurde geholt, der Alte liebte dergleichen Belustigungen, das heißt natürlich, wenn er sah. Zum Glück sah er gerade. Das Mädchen war rotbäckig, ihre Haut weiß wie Milch, die Adern schienen fast durch.
    Wie heißt du, mein Kind?, fragte er, das schmerzende Handgelenk befühlend.
    Katika Mózes, ihre Augen schwammen in Tränen, doch sie nahm sich zusammen.
    Ich kenne deine Eltern, und auch deinen Großvater, sagte der Alte. Ich fürchte, du hast dir die Hand gebrochen!
    Doch das Mädchen zeigte ihm lachend, wie man mit der linken Hand schreiben konnte, und der Doktor sah, was für einen Silberblick sie hatte. Viel Zeit blieb ihm nicht für die Behandlung, denn ein Bote rief ihn, er solle sich beeilen, im Postamt warte eine Sendung auf ihn, leichte, duftende Kisten seien für ihn aus San Leandro, Gellington und Hamburg eingetroffen.
    Nach Weihnachten begann sich auf der Theiß das Eis zu stauen, die Schollen schoben sich ineinander, krachten und knirschten − ein richtiges Konzert. Eines Abends hörte der Kulturverein der Beamten einen Vortrag über Elektrizität, dem natürlich auch Imre beiwohnte, Klara war zu Hause geblieben. Seit dem ersten Januar konnten Interessierte in Saal Fünf des Hotels Hungária den Edison-Phonographen besichtigen, einen Klangschreiber, der menschliche und musikalische Klänge aufzeichnete und jederzeit und beliebig oft wiedergeben konnte. Den Phonographen nahm Klara in Augenschein, und Imre blieb dann zu Hause. Eine ältere Dame, eine gewisse Terézia Frei, Klaras uralte Freundin, schrieb nach der Besichtigung des wundersamen Geräts einen Satz in ihr Tagebuch.
    Wenn der Ton wichtiger wird als der Mund, der spricht, lässt sich mit der Bedeutung beliebig Schindluder treiben, und Wort und Melodie lassen sich nach Lust und Laune drehen und wenden!
    Zufrieden betrachtete Terézia, was sie geschrieben hatte, dann zog sie den Mantel an und lief zur Pfarre der Innenstadt. Sie klopfte am unauffälligeren Seiteneingang und stellte staunend fest, dass die Tür nach Fichte duftete. Das überraschte Gesicht des Pfarrers erschien im Türspalt, und Teréz Frei begann mit gedämpfter Stimme vom Werk des Bösen zu sprechen. Der Pfarrer hörte sie an, öffnete die Tür immer weiter und sagte mit einem traurigen Licht in den Augen, so ist es, mein liebes Kind, doch stellen Sie sich nur vor, in der Tiefe des Bergwerks von Ödenburg verwenden sie schon ein Telefon.
    Nein, wirklich, Hochwürden, ein Telefon?!
    Wegen der Kohle, die seit Millionen von Jahren in der Tiefe ruht!
    Telefonieren sie in die

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