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Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
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hätte. Jede dieser Wunden hatte einen Blumennamen, eine war die Wunde der weißen Rose, eine andere die des Veilchens, des Klatschmohns und des Rosmarins, und auf seinem Rücken gab es mehrere Tulpenwunden, auf seinen Armen Lilienwunden, Vergissmeinnichtwunden! Dann ging er fort, doch er sagte noch, dass wir uns bald wieder begegnen werden.
    Und dann, fuhr Somnakaj mit geschlossenen Augen fort, bin ich ihm wieder begegnet! Wie ein Unwetter brach eine fürchterliche Schlacht los, Teufel, Kobolde und Dämonen kämpften miteinander, und ein gewaltiger Teufel stach dem Feenzauberer sein Schwert ins Herz! Der Arme lag im Sterben, doch er versprach mir noch, auf mich aufzupassen. Und auch auf jemanden, den ich liebe.
    Wie sah dieser mörderische Teufel aus?
    Der konnte Musik machen!
    Hat er Dudelsack gespielt? Oder Flöte?
    Das Mädchen schwieg feindselig, um sich dann doch an Klara zu schmiegen.
    Was bedeutet diese Geschichte, fragte Klara mit pochendem Herzen.
    Ich weiß nicht, ich weiß nicht, flüsterte Somnakaj und umarmte Klara noch enger, als hätte ihre eigene Erzählung sie erschreckt.
    Vielleicht, dass er sterben musste, damit sein Gesicht immer bei uns sein kann, flüsterte sie und setzte sich unvermittelt auf.
    Dann fragte sie, wann hat die gnädige Frau zuletzt Grasmusik gehört?

Der schlimmste Winter ihres Lebens
    Wenn Revolutionsbücher und Revolutionsbanknoten auf dem Hauptplatz verbrannt wurden, nahm Imre Somnakaj oft in dieStadt mit. Bei ihrer Rückkehr war dann ihr Haar voll mit grauer und weißer Flugasche, Falter, lachte Somnakaj, Aschenschmetterlinge sind mir ins Haar geflogen! Weil ihn Klaras tadelnder Blick traf, zuckte er mit den Schultern, das Mädchen hatte ihm auf dem ganzen Weg nicht erlaubt, die Asche zu entfernen. Und so ist es ohnehin schöner, nicht?! Nach diesen Spaziergängen war Imre düster gestimmt, als würde er vom Friedhof kommen. Einmal eröffnete er ihr, dass ihm wieder jemand folge, ihm nachschnüffle, das Glas in seiner Hand blitzte auf, er kippte den Inhalt hinunter, ein gepflegter, feiner Herr gehe ihm nach, jetzt sei es ein anderer als früher. Sie nannten ihn nur den »Herrn aus Wien«, wenn sie von ihm sprachen.
    Somnakaj half Klara viel, sie war nicht einfach nur ein Dienstmädchen, sondern für Klara fast wie ein zweites Kind. Allwöchentlich bekam sie Besuch von ihrem Vater, dem Zigeuner mit dem stechenden Blick, einem närrischen Alten, der sich aus Pferdezähnen eine Halskette angefertigt hatte. Manchmal tat Gilagóg so, als sei er ein König, im nächsten Moment bettelte er um Almosen. Es kam vor, dass er von zügellosen Zigeunerbälgern begleitet wurde, die unterwegs an seinem Mantel rissen, lärmten, stahlen und sich frech gebärdeten, und wenn jemand sie deswegen bei den Hammelbeinen nahm, konnten sie nicht weinen, brüllten jedoch aus vollem Halse. Somnakaj erzählte von dem Krüppel, den ihr Vater in seine Obhut genommen hatte. Klara erinnerte sich dunkel an ihn, er hieß Habred oder so ähnlich und war schon als Greis zur Welt gekommen. Er mochte hundert Jahre alt gewesen sein, als er aus dem Leib seiner Mutter schlüpfte, die auf einem bogomilischen Friedhof schwanger geworden war, über ihrem Schoß waren Wind, Gras, Himmel und Friedhofserde aneinandergeraten, deswegen blieb der Vater der Missgeburt unbekannt. Ein andermal suchte Imre gemeinsam mit dem Mädchen die Zigeuner auf, er kannte einige Wörter ihrer Sprache. Wenn er bei ihnen nach dem Rechten sah, war ihm leichter.
    Seit Monaten konnte sie Imre nicht einmal berühren, undwenn ihre Hände sich streiften, zog sie die Ihre sofort zurück. Imre sah sie scharf an, lächelte und begann mit dem kleinen Silberlöffel gegen die Teetasse zu schlagen, minutenlang hörte er nicht auf damit. Klara wusste, dass sie sich so verhielt, als könnte Imre etwas für den Tod von Adam, dessen Leiche man nach der Schlacht identifiziert hatte. Der Bursche mochte in irgendein überflüssiges Scharmützel verwickelt worden sein, es hatte sich in einiger Entfernung vom Hauptgefecht abgespielt, auf der Lichtung neben dem Fluss kamen nur einige Männer um, sie wurden später gefunden. Zumindest hatte man es Imre so erzählt. Eines Abends wurde er von solcher Wut gepackt, dass er über Klara herfiel, wortlos und ohne besonderen Anlass warf er sich auf sie, drückte sie auf das Sofa, riss ihr das Kleid vom Leib, sie wehrte sich stumm, so rangen sie minutenlang, und vielleicht genossen sie es sogar. Sie dachte, würde er sie

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