Blumenfresser
schlucksend, dass er einen schauerlichen Zigeunerzauber sehe. Sein Offizier brüllte ihn an, dann verstummte auch der. Habred saß am Rand des Wagens, seine Knochen leuchteten, sein Säuglingskörper schimmerte in gespenstischem blauem Licht, hinter ihm ging die Sonne auf. Er ist schön!, dachte Gilagóg. Natürlich, Habred konnte auch schön sein, nicht nur klug! Dann riss er ihm den Verband vom Mund.
Gebt mir Geld!, ließ Habred unheilverkündend verlauten und deutete mit seinem gelb leuchtenden Finger nach vorne.
Der Soldat ließ die Fackel fallen.
Gebt mir Geld!, wiederholte Habred, Geld, Geld, gebt mir Geld!
Langsam kam Bewegung in die Soldaten, zitternd warfen sie den Zigeunern Goldstücke und das erbeutete Silberservice hin.
Als der Stamm die schrecklichen Gegenden Bosniens hinter sich gelassen hatte, war er im Besitz viele solcher und ähnlicher Geschichten, doch das Wesentliche dabei war, dass man über Habred schweigen musste, sie durften nicht zulassen, dass ihr Ruf ihnen vorauseilte.
Oft droht Zigeunern gerade von Zigeunern Unheil. Gilagógs Stamm wusste bereits, dass sie ein Zusammentreffen nicht vermeiden konnten. Die Lovara waren die blutrünstigsten aller Zigeuner; wenn ihnen ein Unrecht widerfuhr, lechzten sie noch auf dem Totenbett nach Rache. Das Unrecht bestand allerdings nur darin, dass sich der Weg der beiden wandernden Stämme kreuzte. Gilagóg hielt es für das Beste, Blutvergießen zu verhüten, und machte sich mit einigen Leuten zum Lagerplatz der Lovara auf, um sie zu besänftigen. Alsbald erblickten sie die auf Pfosten erhöhte, geschmückte Zeltplane und den grinsenden Pferdeschädel, der in einem mächtigen Kessel kochte. Die Männer hielten inne, vielleicht hätten sie besser nicht kommen sollen. Als ihnen ein Bursche mit verschmiertem Gesicht entgegensprang und sie anschrie, wussten sie, dass alles vergeblich gewesen war, es gab kein Zurück mehr. Die Lovara waren zahlreicher und stärker. Sie hatten ihren Geruch gewittert, in Wahrheit waren sie Gilagógs Stamm gefolgt und hatten die Route ihrer Wanderungen so gewählt, dass die Wege der Masari eines Tages die ihren kreuzen mussten. Sie warteten und wussten, dass die Masari kommen und Geld und Schmuck bringen würden, doch keinesfalls ihren ganzen Reichtum. Aus dem Gestrüpp starrten den Masari Gewehre und Pfeile entgegen. Eine beleibte Frau trat aus einem der Zelte, sie warf Gemüse in den blubbernden Kessel und streifte sie mit einem gelangweilten Blick. Männer kamen aus ihren Verstecken hervor, sie blickten finster und unbewegt. Ein Wink genügte, und schon begann der Rückweg, binnen kurzem waren alle im Masari-Lager. Die Lovara vergewaltigten die Frauen, einige junge Mädchen verschleppten sie. Somnakaj wurde nur getreten, der Vater hatte ihr noch vor seinem Aufbruch das Gesicht mit Schlamm beschmiert und Pferdescheiße auf ihre knospenden Brüste gestrichen. Gilagóg wurde mit dem Kopf nach unten aufgehängt, sie machten ein Feuer unter ihm, deshalb verriet er bald, wo sie ihre Schätze aufbewahrten. Einige Silbergulden, Kupferteller, Aussteuer, Seidentücher, mehr hatten sie nicht. Die Lovara sammelten alles ein, schließlich fügten sie Gilagóg einen tiefen Schnitt im Gesicht zu, damit sie sich bei ihrer nächsten Begegnung daran erinnerten, wie wenig er ihnen gegeben hatte.
Sie warteten, bis die Vögelchen in den Büschen wieder zu zwitschern begannen. Masa schnitt den Woiwoden ab, der ächzend zu Boden plumpste, er kotzte Blut. Sie gaben ihm Brennnesselsaft zu trinken, langsam kam er zu sich, er pinkelte in die Hand und träufelte den Urin auf die Wunde im Gesicht, knirschte mit den Zähnen. Die Frauen rauften sich die Haare, warfen sich wimmernd zu Boden. Der Woiwode gab Masa den Befehl, die um die jungen Mädchen weinenden Mütter zum Schweigen zu bringen. Und weil er die Lovara nicht mehr roch, trat er zu dem Erdhügel, der die Schätze verbarg, er scharrte so lange, bis er einen Leinensack zutage förderte und Habred daraus hervorholte, der vorwurfsvoll die Augen verdrehte, sicher hätte er jetzt nicht um Geld gebeten, hätte der Woiwode ihm den Mund freigegeben.
Gilagóg zuckte mit den Achseln.
Was hätte ich tun sollen, Wahrhaftiger?! Wenn die dich mitnehmen, benutzen sie dich dein Leben lang dazu, für sie Geld zu schnorren! Glaubst du, deine Knochen werden dein ganzes Leben lang leuchten?! Glaubst du, es wird außer dir keine blauen Zigeuner geben?!
Wie sogar die Zigeunerkinder wussten, war Gilagógs
Weitere Kostenlose Bücher