Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blumenfresser

Blumenfresser

Titel: Blumenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Darvasi
Vom Netzwerk:
an Töpfe, pfiffen, tröteten, liefen lärmend durchs Unterholz, doch sie fanden keine Spur von ihm. Sie besorgten einen Kahn, ruderten lange am Ufer entlang und suchten den Fluss ab, ohne Erfolg. Der Woiwode nahm einen Schluck aus der Donau, so dankte er dem Fluss, dass er seinem Gefolgsmann nicht das Leben genommen hatte. Masa war nicht ertrunken, sonst hätte der Fluss seine Leiche schon herausgegeben. Gilagóg wusste, dass nicht einmal der Fluss Zigeunerleichen lange behalten wollte. Und er wusste, wenn Masa nicht zurückkehrte, war er entweder aufgegriffen worden, oder es war ihm irgendetwas zugestoßen, er lag bewusstlos zwischen den Wurzeln einer Weide, vielleicht lebte er nicht mehr, doch er befand sich mit Sicherheit auf festem Boden. Am Vormittag begannen sie mit der Suche, und es dämmerte bereits, als sie das Loch fanden, eine richtige Falle. Ein kleiner Bengel zerrte am Umhang des Woiwoden, sieh doch, ehrwürdiger Onkel Woiwode, sieh doch, Fische fallen vom Himmel. Gilagóg seufzte behaglich, eine tiefe Ruhe überkam ihn.
    Was für Fische, Kind?!
    Schnurrbärtige Fische, schwarze Fische, Fische mit roten Flügeln, glänzende Fische! Der Junge zeigte auf einen stattlichen Karpfen.
    Gilagóg nickte, gut, das konnte nur Masa sein! An diesem Tag waren sie mehrmals an der Grube vorbeigekommen, nach den Fußspuren zu urteilen waren manche von ihnen dem Rand so nahe gewesen, dass sie leicht zu Masa hätten hinunterfallen können, trotzdem hatte der in Not Geratene nicht gerufen. Als er vom Warten genug hatte, begann er mit Fischen zu werfen. Denn Masa sprach nicht. Ob er sprechen konnte oder nicht, ließ sich nicht feststellen. Allerdings hatte Gilagóg oft genug die Erfahrung gemacht, dass Masa alles verstand, und nicht nur die Zigeunersprache, sondern auch das lärmende Gehaspel der Serben und Türken. Masa verstand Späße, Lieder, er konnte lachen, weinen, grausam und hingebungsvoll sein, doch er sprach einfach nicht. Er sagte nicht einmal du, er, Geld, ja oder nein. Gilagóg war wirklich stolz auf sich, er gebot über einen Menschen, der verstand, aber nicht sprach, und über einen anderen, den Wahrhaftigen, der offenbar gar nichts verstand, jedoch alles sagen konnte! Eilig flochten sie aus Kletterpflanzen einen Strick und zogen Masa herauf, küssten ihn ab, umarmten ihn, zogen die Nägel heraus, die sich in seinen Körper gebohrt hatten, schnitten ihm die Schlinge vom Hals ab, dann stießen sie ihn an einer seichten Stelle in die Donau, damit er den Lehm, der nach Reh- und Wildschweinkadavern stank, von sich abwusch. Mit glühenden Zweigen und im Feuer erhitzten Messern desinfizierten sie seine Wunden, zuletzt legten sie ihn mitten auf einen Wagen.
    Gilagóg nahm den Ort ihrer Ansiedlung in Augenschein, diese schlammige Senke nördlich des Hauptplatzes, die von Straßen und Häusern gemieden wurde und trotz der Trockenheit des Augusts unangenehme Gerüche verbreitete. Der Boden gab unter ihren Füßen nach, Wasser spritzte ihnen an die Waden. Inzwischen wussten sie, dass sie nicht allein waren. Das heißt, sie waren nicht die einzigen Zigeuner in der Stadt. Doch die ortsansässigen Zigeuner hatten sich noch nicht gezeigt, obwohl sie Gilagógs Stamm doch sicher gehört, gesehen und ausspioniert hatten.
    Sie hatten schon an grässlicheren Orten gehaust, neben Sümpfen, in denen die Kinder umkamen, sie hatten auf glühenden Felsrücken gelagert, wo man sich leicht tödliche Schlangenbisse zuziehen konnte, und ihre Zelte in der Nachbarschaft von Kasernen aufgeschlagen, wo die Türken die jungen Mädchen verführten und sie dann blutverschmiert zurückgaben, falls die kleinen Schlampen nicht für immer verloren waren. Hier in dieser Stadt namens Szeged werden sie es sicher gut haben! Auch Habred würde es gut haben, dafür würde Gilagóg sorgen, denn der Wahrhaftige brauchte Ruhe, um seine Berufung zu erfüllen. Er kratzte sich die Kehle, spuckte aus, der Speichel klatschtelaut auf ein Klettenblatt. In jedem Fall werden sie es gut haben, dachte er entschlossen. Doch dieses Gute musste man wollen, man musste es anlocken. Denn zu einem Zigeuner kam das Gute nicht von selbst, es floh ihn vielmehr, versteckte sich unter der Erde, verflüchtigte sich in den Himmel, versank im Wasser, und wenn er es doch zu fassen kriegte, zeigte es ein anderes Gesicht. In der Hand des Zigeuners sah auch das Gute oft schlecht aus. Ihn hatte das Leben gelehrt, sich das Gute dort zu holen, wo es gedieh.
    Unter Gelächter machten die

Weitere Kostenlose Bücher