Blumenstrauss
Blick streicheln wollen. Als würden sie ihn liebevoll an der Hand nehmen und in ein Land voller Träume geleiten.
Ein wohliges Gefühl machte sich in ihm breit. Sein Herz begann plötzlich schneller zu schlagen und Hitze stieg in ihm empor.
Könnte es sein, dass er der Auftraggeber der Rosen war?
So verstört, wie er auf die Frage nach selbigem reagiert hatte?
Simon begann mit einem 'S', schoss es ihm plötzlich durch den Kopf.
Bei welcher Gelegenheit war er diesem Floristen schon einmal begegnet? Wahrscheinlich bei einer der Fotosessions, bei denen sie Pflanzen als Deko benötigt hatten. Max musste zugeben, dass er sich um dieses ganze Drumherum noch nie Gedanken gemacht hatte. Hauptsache sie standen parat, wenn er sie benötigte. Für die Beschaffung der Dekorationen waren andere zuständig. Simon musste ihn bei der Anlieferung der Deko gesehen und sich in ihn verliebt haben.
Dessen war sich Max nun sicher.
Absolut sicher.
Seine Hand fuhr hoch und streichelte sanft über das Foto auf dem Bildschirm. Auch wenn das Gesicht auf dem Bild kaum größer war als sein Daumennagel, waren es die Augen, die ihn sofort faszinierten. Er sträubte sich noch dagegen, doch in seinem Inneren keimte bereits das zarte Pflänzchen der Zuneigung auf. Die Rosenlieferungen und die liebevoll formulierten Sätze der Karten hatten ihr Übriges dafür getan, dass er begonnen hatte, sich in diesen Kerl zu verlieben.
Es ist nur Interesse , tat er seine Empfindungen stumm ab, kopierte sich das Bild von der Homepage auf seine Festplatte und lehnte sich zufrieden zurück.
Acht Uhr, stellte er nach einem Blick auf die Uhr plötzlich fest, und noch immer kein neuer Rosenstrauß.
Kam er heute nicht mehr?
Hatte er ihn mit dem Angebot überrumpelt, oder sogar abgeschreckt?
Oder war er am Ende gar nicht der Absender, und der richtige Auftraggeber hatte die Lieferung eingestellt?
Max wollte nicht so recht daran glauben.
Er rechnete fest damit, dass noch weitere Sträuße kamen.
Daher ging er wieder zum Fenster und blickte hinunter auf die Straße. Als es an seiner Wohnungstür klingelte, fuhr er erschrocken zusammen.
Tag 4
Der kalte Schweiß brach Simon auf der Stirn und seinem gesamten Rücken aus, als er mutig und sich selbst einen innerlichen Tritt gebend auf den Klingelknopf mit dem Namen M. Weber drückte. In der anderen Hand hielt er den Strauß aus zwanzig Baccara-Rosen. Am liebsten hätte er die Dinger in die Mülltonne gestopft, aber das erlaubte sein Herz für Pflanzen nicht. Außerdem hatte der Absender teures Geld für die Lieferung bezahlt. Simon wollte sein Gewissen wenigstens so weit beruhigen, dass er den Auftrag ordnungsgemäß ausgeführt hatte.
Dass er noch rasch geduscht und sich umgezogen hatte, bevor er diesen ganz besonderen Strauß auslieferte, erschien ihm jetzt als vollkommen umsonst. Der Schweiß lief ihm beinahe in Strömen die Wirbelsäule entlang. Seine Hände zitterten vor nervöser Anspannung.
Warum er sich die Mühe gemacht hatte, konnte er sich in diesem Moment nicht mehr erklären. Insgeheim hoffte er, dass dieser Herr Weber ihn tatsächlich fotografieren wollte. Sich in seinen Arbeitsklamotten und vollkommen verschwitzt und verschmutzt von seiner Arbeit ablichten zu lassen, nein, das wollte er nicht.
Andererseits ließ er sich nicht gerne fotografieren. Als Britta ihn zu dem Foto für die Homepage genötigt hatte, hatte er sich total unwohl gefühlt und wollte das schreckliche Bild am liebsten von der Seite löschen. Da er aber in Techniksachen zwei linke Hände besaß, hätte er vermutlich eher das gesamte Internet gelöscht, anstatt eines einzigen unscheinbaren Bildchens.
Was vielleicht auch keine schlechte Lösung gewesen wäre, um sein Konterfei aus der Öffentlichkeit zu entfernen.
Der Türsummer ertönte, ohne dass sich M. Weber an der Gegensprechanlage meldete. Verwundert über diesen Umstand betrat Simon das Treppenhaus und stieg mit weichen Knien die Stufen hoch. Kein Grund sich zu wundern, sagte er sich im Geiste. Immerhin wartete der Herr auf weitere Lieferungen, wie auch auf sein nächstes Fotomotiv.
Die Tür stand offen. Von dem Bewohner der Wohnung war nichts zu sehen. Zögerlich stellte sich Simon in den Türrahmen. „Hallo? Guten Abend. Simons Blütenzauber!“, rief er unsicher und räusperte sich leise, als er merkte, dass er sich kläglich anhörte. „Eine Lieferung für Sie“, fügte er wesentlich fester hinzu.
„Kommen Sie rein!“, ertönte es von irgendwo
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