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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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dagegenstemmte, wie sehr er wütete, sie gaben keinen Zentimeter nach. Ein auf dem Rücken liegender Käfer konnte nicht hilfloser sein.
    Sie hatten ihn.
    Verdammt noch mal! Es mochte Stunden dauern, bis ihn jemand aus der Falle nahm. Und sein Magen war leerer als eine Flasche Barolo, nachdem der Bruder seines Trifolao zu Besuch gewesen war.
     
    Die Tür schloss sich sanft hinter Niccolò. Erst einmal durchatmen, dachte der junge Windhund und legte sich vor die Heizung auf dem edlen Holzfußboden. Canini schmiegte sich an ihn, ihr Atem kurz, aber gleichmäßig. In der Ecke standen zwei gefüllte Keramiknäpfe. Teures Futter darin, mit vielen Fleischstücken. Die Dosen standen dahinter, ein Beagle blickte fröhlich vom Etikett. Er lächelte, wie es sonst nur Menschen taten. Niccolò war völlig unklar, wieer das hinbekam – aber es musste schrecklich an den Lefzen schmerzen.
    Lange lag das Windspiel so da, bis er sich sicher war, dass keine Männer mit Gewehren überfallartig ins Zimmer stürzen würden. Obwohl ihn die Ruhe auch im Schloss getäuscht hatte, und er sich nie wieder so geborgen fühlen würde wie vor diesem Tag. Er rührte nichts an, schnupperte nicht an den Acrylregalen mit ihren unzähligen Büchern, nicht am Schreibtisch mit der Leselampe. Nur Wasser trank er, aus einer Porzellanschüssel, an deren Rand eine Nymphe saß. Direkt daneben lagen mehrere Decken, die kuschelweich aussahen. Alles wurde beschienen von einem riesigen Kristalllüster, der goldglänzend von der Decke hing.
    Niccolò legte sich zurück zu Canini und dachte noch einmal an die letzten Stunden zurück. Die Männer waren durch Fenster und Türen in das Zimmer eingedrungen, die Gesichter schwarz verhüllt, nur die Augen unbedeckt, mit Gewehren im Anschlag. Sie hatten sich auf Isabella gestürzt, wie ausgehungerte Wölfe auf ihre Beute. Sie hatten ihren Kopf auf den Boden und ihre Arme auf den Rücken gedrückt, Metall um die Gelenke einrastend. In diesem Moment war Giacomo ins Weiß gejagt, das Tuch im Maul, und die Fragen begannen. Doch sie wurden nicht gestellt, sie wurden gebrüllt. Niccolò bekam nur mit, was in Isabellas Kopf vor sich ging, wo die Gedanken und Worte herumpurzelten wie bei einem Erdbeben. Die Worte der Männer blieben ihm fremd.
    »Machen Sie mich sofort wieder los! Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten über Sie beschweren!«
    »Handelt es sich um Ihren Hund?« Die Stimme war kalt wie Metall. Der Mann war durch nichts von seinen Kollegen zu unterscheiden. Er zog noch nicht einmal seine Maske hoch, als er Isabella fragte, die ein anderer Eindringling auf einen Stuhl gesetzt hatte.
    »Ja, irgendwie schon. Aber eigentlich ist er ein Streuner.«
    »Rufen Sie ihn.« Er nickte dem Maskierten hinter Isabella zu, und dieser schleppte sie zur offenen Tür.
    »Ich kann ihn nicht rufen, ich weiß doch nicht mal seinen Namen.«
    »Rufen Sie ihn. Sofort!« Er packte Isabellas Arm und drehte ihn leicht, bis sie vor Schmerzen aufschrie.
    »Lagotto«, rief sie. Doch darauf hörte Giacomo natürlich nicht, es war für den alten Trüffelhund nur eines der vielen unverständlichen Menschenwörter. Obwohl es seine Rasse benannte, seine stolze Herkunft.
    »Weiter«, befahl der Anführer.
    Isabella brüllte noch ein paarmal, doch Giacomo war längst nicht mehr zu sehen. »Hören Sie, ich weiß nicht, wo der Hund das Tuch gefunden hat. Er kam plötzlich damit an, und ich habe Sie dann direkt gerufen. Ich würde mich doch nicht melden, wenn ich etwas mit dem Diebstahl zu tun hätte. Es war eingerollt in Plastikplane, keine Ahnung, wo es lag. Der Hund streunerte im Park herum, am besten suchen Sie alles ab. Und jetzt lassen Sie mich wieder los, runter mit den Handschellen!«
    »Wir bringen Sie jetzt ins Untersuchungsgefängnis nach Turin. Sie stehen im dringenden Verdacht, am Diebstahl des Sacra Sindone beteiligt zu sein.«
    »Wie bitte? Ich habe doch nichts getan, ich habe Sie verständigt! Der Hund hat das Tuch herbeigeschleppt. Ich werde nicht mitkommen. Hören Sie mich? Ich bleibe hier!«
    Sie wurde abgeführt. Dann durchsuchten die Männer den Raum und packten alles ein, was nicht mit den Wänden verschraubt war. Nur Canini und Niccolò ließen sie im Zimmer.
    Zuerst bewegten sich die beiden nicht, dann tapsten sie zur offenstehenden Tür, beim kleinsten Geräusch zusammenzuckend.Draußen hatte sich der fallende Schnee wie ein dichter Vorhang zusammengezogen. Sie gingen wieder zurück und warteten. Worauf, wussten sie nicht. Wie

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