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Blut & Barolo

Titel: Blut & Barolo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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sie werden uns zu Isabella führen können.«
    Knarzend wurde die Zimmertür geöffnet.
     
    Das scheppernde Brummen nervte Giacomo schrecklich, und der scharfe Geruch nach Reinigungsmittel ebenso. Der mies gelaunte Fuchs war harmlos dagegen. Auch wenn er ihn unentwegt böse anstarrte.
    »Ich sag’s jetzt noch mal: Ich bin nicht der Hund des Fallenstellers!Sonst säße ich nämlich vorn bei ihm und nicht hier hinten auf der Ladefläche in einem elend zugigen Käfig. Geht das in deinen Fuchsschädel rein?«
    Keine Antwort. Der Fuchs wurde stattdessen durchgeschüttelt, weil die altersschwache Piaggio Ape mit ihren drei Rädern über eine Bodenwelle bretterte. Trotzdem wandte er seinen grimmigen Blick nicht von Giacomo.
    »Ich kenne den Menschen da vorn nicht mal. Weißt du eigentlich, wohin er uns bringt? Und was er mit uns macht?« Wieder dieses Schweigen. »Mhm, anscheinend weißt du nicht, wie man Maul und Zunge bewegt, um zu sprechen. Verblödetes Vieh!«
    Giacomo drehte den Kopf und schaute zurück. Immer mehr Häuser tauchten links und rechts der Straße auf, immer enger drängten sie sich zusammen. Der Wald und das Schloss waren längst entschwunden. Giacomo wunderte sich schon lange nicht mehr, wie schnell das Leben Kapriolen schlug. Es kümmerte sich eh nicht darum, ob ein alter Hund sich darüber den Kopf zerbrach. Sie passierten unzählige Kreuzungen, von denen eine über eine Straße führte, die Giacomo ob ihrer schieren Breite Angst einjagte. Die Autos rasten darüber, als seien sie tieffliegende Jets.
    Irgendwann wurde die Ape langsamer und tuckerte durch eine niedrige, grob gemauerte Hofeinfahrt. Der Fallensteller zwängte sich heraus. Er war ein dicker Mann mit einem Bart, der wie ein schmutziger Schwamm aussah, und einem Hut, der ebenso viele Stürme wie weinselige Abende in der Piola erlebt haben musste.
    »Elisabetha! Komm, komm!« Er klatschte freudig in die Hände. »Heilige Madonna mia! Heute ist ein guter Tag, so ein guter Tag. Erst die fette Gans von Marcello und nun ein Lagotto in der Falle! Fünf Vaterunser, Madonna mia, die werde ich heute beten.« Er trat zu Giacomo an die Ladekante. »Was für ein Schöner du bist. Alt, aber schön, so wie ich.«
    Seine Frau erschien im Hof, ein rotes Tuch in den dunklen Haaren, die Kittelschürze über den Leib gezurrt.
    »Wo warst du nur? Seit Stunden warte ich auf dich! Hast wieder Marcello besucht, oder? Jedes Mal besuchst du Marcello, wenn du beim Schloss bist. Dabei habe ich es dir verboten, aber hörst du auf mich? Nein, nie! Warum bin ich nur mit einem solchen Mann gestraft!«
    Sie hob die Hände wie zum Gebet über den Kopf.
    »Ein Lagotto, Elisabetha! Ein echter Lagotto ist mir in die Falle gegangen. Und ein junger Fuchs dazu. Du weißt, was das heißt!«
    Elisabetha lief zu ihrem Mann, nahm sein Gesicht zwischen die wulstigen Finger und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.
    »Warum sagst du das nicht gleich, du alter Taugenichts! Es hat da wer angerufen. Hat gesagt, wenn du einen Hund beim Schloss fängst, sollst du dich direkt melden. Es klang nach viel Geld. Warte, ich hole die Nummer.«
    Giacomo spürte die Gefahr, welche in den Worten der Frau lag. Es ging um ihn, so viel war klar. Etwas sollte mit ihm geschehen. Und was immer es war, er wollte es nicht. Stattdessen würde er wieder seiner eigenen Wege gehen.
    Er legte sich auf die Seite, ließ die Zunge heraushängen, öffnete die Augen weit – und hörte mit dem Atmen auf. So gut es ging. Das hatte er von einer Elster gelernt. Biestige Vögel waren das, aber schlauer als selbst der mächtigste Adler.
    Giacomo musste nicht lange warten.
    Der Fallensteller näherte sich mit einem Handy am Ohr. »Aber ja, es ist ein Lagotto. Ein alter, und eine Hundemarke habe ich auch nicht gesehen. Genau wie es sein soll.« Jetzt stand er neben Giacomo. »Oh, Madonna mia! Was tust du mir nur an? Der Hund, er ist ... « Rasch öffnete er die Gitterbox, und seine Hand drang tastend hinein.
    Giacomo biss dem Fallensteller nur vorsichtig in denstummeligen Daumen. Er wollte den Mann schließlich nur erschrecken, dann sprang er bellend hinaus. Das Tor stand offen, der Mann unter Schock. Er hätte freie Bahn.
    Hinter den Stäben starrte ihn immer noch der Fuchs an. Was soll’s, dachte Giacomo und warf sich so gegen den Käfig, dass der über die Wagenkante stürzte und am Boden zerschellte. Der Fuchs lief sofort geduckt hinaus, bloß weg von diesen Menschen – selbst wenn es bedeutete, sich der Straße zu

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