Blut der Sternengötter
Einheimischen, andere hatten eine fremdartige Augen- oder Haarfarbe, oder sie unterschieden sich in den Gesichtszügen. Nur er nicht.
»Nicht äußerlich.« Es enttäuschte Kincar, daß Dillan so bereitwillig zustimmte. »Aber in anderer Hinsicht …«
Kincar sprach endlich aus, was ihn den ganzen Nachmittag über beschäftigt hatte. »Ospik sagt, daß ein Lord Rud über diesen Distrikt herrscht. Aber wie kann das sein? Denn wenn mein Vater schon so viele Jahre tot ist – ein anderer Lord, vielleicht ein Sohn von reinem Sternenblut?«
Dillan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Wir hatten nicht erwartet, eine so verworrene Situation vorzufinden. Es ist möglich, daß es in diesem Gorth unsere Gegenstücke gibt – unsere Ebenbilder, wie wir geworden wären oder gewesen sein würden, hätte der Zufall, das Schicksal oder die große Vorsehung einen anderen Weg eingeschlagen. Aber das ist ein ungeheuerlicher Gedanke, und es würde bedeuten, daß wir wahrlich in einem Alptraum gefangen sind!«
»Wie kann ein Mann sich selbst im Kampf gegenüberstehen?« Kincar hatte den Gedanken bis zu seinem logischen Ende verfolgt.
»Das ist es, was wir feststellen müssen. Für den Augenblick laß es damit genug sein, daß der Rud, der hier herrscht, nicht der ist, der dich zeugte. Er könnte es gar nicht sein …«
»Ay, Ospik hat uns deutlich genug erklärt, daß sich in diesem Gorth Sternenlords und Einheimische nicht verbinden …«
»Es ist nicht nur das.« Dillan tat die Bemerkung mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. »Nein, der Rud, der durch Gesinnung und Lebensweise mit den Dingen zufrieden ist, so wie sie in dieser Welt sind, ist nicht der Rud unserer Welt. Sie würden überhaupt nichts miteinander gemein haben. Rud wurde drei Jahre nach der Landung unserer Schiffe auf Gorth geboren und ist volle zwanzig Sommer älter als ich gewesen – der Sohn einer anderen Mutter. Er hat vier Frauen gehabt – zwei von Sternenblut und zwei Gorthianerinnen. Anora von Styr war seine letzte Frau, und sie überlebte ihn um kaum ein Jahr. Rud hinterließ zwei Söhne und eine Tochter reinen Sternenbluts – sie flogen in einem der Schiffe fort – und einem Halbblut-Sohn, dich. Aber von dir wußten wir nichts, bis Wurd uns vor drei Monaten, als er dein Schicksal unter Jords Feindschaft voraussah, eine Botschaft sandte. Er hatte dich von uns ferngehalten, denn er wollte dich zu einem Vollblut-Gorthianer machen, auf daß du Styr um so besser dienen konntest. Deshalb teilst du unsere Erinnerungen nicht und findest dich nur schwer unter uns zurecht. Aber Rud, dein Vater, war ein Mann, auf den wir stolz sein können, und wir freuen uns, daß sein Blut unter uns weiterlebt!«
»Aber du selbst bist von Ruds Blut.«
»Ay. Aber ich bin nicht wie Rud. Er war der geborene Krieger, ein Mann der Tat. Und in einer Welt der Tat bedeutet das sehr viel.« Dillan lächelte ein wenig traurig. »Ich bin ein Mann der Hände, ein Mann der Dinge baut, die er in seinen Träumen sieht. Auch ich kann ein Schwert führen, aber genau so gern lege ich es beiseite. Rud glich einer Murd auf der Jagd – er war immer begierig auf Abenteuer. Aber es ist schwer, Rud jemandem zu beschreiben, der ihn nicht kannte, nicht einmal, wenn dieser Jemand sein Sohn ist.« Dillan seufzte und wandte sich zum Gehen. »Der Rud, den wir kannten, war unserer Treue wert – ay, und unserer Liebe. Das halte dir immer vor Augen, sollten wir eines Tages gezwungen sein, gegen diesen anderen Rud in den Kampf zu ziehen, der dieses Gorth in Fesseln hält …«
Nach dem gemeinsamen Nachtmahl tagte der Rat der Krieger, in dem ein jeder Schwertträger eine Stimme besaß. Es wurde beschlossen, die nächste Zeit nur zu jagen und so viele Vorräte zu sammeln, wie nur möglich. Vielleicht konnten sie mit den inneren Männern Handel treiben und weitere Nahrungsmittel bekommen. Für den Augenblick würden sie das von der Festung bewachte Tal nicht verlassen. Ospik hatte ihnen versichert, daß sie weit entfernt waren vom Tiefland, wo die Sternenlords dieses Gorths herrschten und mit der Macht fremder Waffen die Sklaven in strenger Knechtschaft hielten.
Es wurde entschieden, in jedem der Wachttürme einen Posten aufzustellen, für den Morgen wurden Streifpfade ausgesucht und die Pflichten außer Jagen und Erkundungen unter den übrigen der Gruppe aufgeteilt, wobei ein jeder abwechselnd jede Art von Dienst tun würde.
Später, als alle beieinandersaßen, kam Lady Asgar zu Kincar und
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