Blut der Sternengötter
anderen nahm kaum Platz ein, sie war spärlich genug, und Kincars Fang wurde freudig begrüßt.
Auf dem Rückweg zur Festung zeigte Kincar Lord Bardon den braunen Bach und das geschnitzte Stück Holz, das er dort gefunden hatte. Lord Bardon besah sich das Schnitzwerk und blickte dann zu dem gefesselten Gefangenen auf dem Larng.
»Vielleicht kann uns unser Freund hier mehr darüber erzählen. Er ist gut gekleidet, hier in den Bergen zu Hause – und doch haben wir nirgendwo eine Heimstatt oder eine Burg gesehen. Wenn sie in den Bergen leben, wäre das die Erklärung dafür. Aber er ist von einer Art, die mir ganz unbekannt ist. Was sagst du, Kincar – ist er ein Zwerg von Gorthianischer Rasse?«
»Ich weiß es nicht, Lord. Er scheint in keiner Weise mißgestaltet zu sein, sondern bewegt sich eher so, als wäre es ganz natürlich für ihn und seine Art, diese Größe zu haben – genau so, wie ich kleiner bin als ihr Sternenmenschen. Aber mir ist etwas eingefallen. Es gibt da die alte Legende von Garthal s’Dar, der mit den ›inneren Männern‹ kämpfte. Aber das ist lange, lange her – wenn sie überhaupt jemals lebten –, denn viele der alten Gesänge und Legenden entspringen der Phantasie der Menschen und nicht wahren Begebenheiten. Aber jene ›inneren Männer‹ der Legende lebten im Innern der Berge, und sie waren klein von Gestalt, jedoch groß in ihren Taten – eine mächtige Kriegerrasse. So wenigstens hat Garthal sie beschrieben …«
»Gibt es noch andere Geschichten von den ›inneren Männern‹?«
Kincar lachte. »Nur solche, wie man sie unartigen Kindern erzählt. Warnungen wie: Wenn du nicht brav bist, kommen die ›kleinen Männer‹ und nehmen dich mit in ihre verborgenen Festungen unter der Erde – aus denen niemand mehr zurückkommt.«
»Ay«, meinte der Lord nachdenklich, »aber in solchen Geschichten steckt oft ein Körnchen Wahrheit. Jedenfalls wird er uns viel erzählen können, was wir zu unserer eigenen Sicherheit wissen sollten.«
»Ich glaube nicht, daß dieser hier reden wird, nur weil wir ihn darum bitten.«
»Er wird uns alles erzählen, was er weiß und was für uns von Interesse ist.«
Kincar musterte die kräftige Gestalt des Sternenlords. In seinen braunen Händen würde der Zwerg ein Kinderspielzeug sein. Aber wieder schien es, als könnten die Sternenlords Gedanken lesen, denn Lord Bardon sah ihn an und lächelte leicht.
»Wir entreißen Männern keine Geheimnisse mit Feuer und Messern, noch wenden wir gesetzwidrige Methoden an, um Zungen zu lösen!«
Kincar errötete. »Vergib mir, Lord, die Art deines Volkes ist mir noch immer fremd. Ich bin in einer Burg in den Bergen aufgewachsen, nicht in Terranna. Was weiß ich schon vom Leben der Sternenleute?«
»Das ist wahr. Aber vergiß nicht, Kincar, daß mein Volk auch dein Volk ist. Du hast ein Erbe ebenso von uns wie von Styr. Daran solltest du immer denken. Und jetzt wollen wir den kleinen Mann zu Dillan und Lady Asgar bringen und sehen, was sie mit ihm anfangen können.«
7.
Die Art der Sternenlords, aus unwilligen Gefangenen Informationen herauszuholen, war Kincar in der Tat fremd – denn es wurden überhaupt keine Fragen gestellt. Statt dessen erhielt der Gefangene einen Sitz vor einem der Wärmekästen in der großen Halle und wurde sich selbst überlassen, obgleich immer welche in seiner Nähe waren, die ihn beobachteten, auch wenn es nicht den Anschein hatte.
Nachdem sich sein Mißtrauen etwas gelegt hatte, begann der Gefangene seinerseits die anderen ganz offen zu beobachten, und seine Verwirrung stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben. Etwas an ihrem Benehmen mußte ihm völlig unverständlich sein. Er starrte mit großen Augen auf Lord Jon, der seinem halbgorthianischen Sohn geduldig die Feinheiten des Schwertspiels beibrachte, während Mutter und Schwester des Jungen stolz und liebevoll zusahen und sein jüngerer Bruder sich sichtlich wünschte, an seiner Stelle zu sein.
Als Lady Asgar hinter Kincar erschien und eine Hand auf seine Schulter legte, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, zuckte der Gefangene angesichts dieser freundlichen Geste zusammen, als müßte gleich etwas Schreckliches geschehen.
»Dies ist etwas Neues, was du für uns gefunden hast, jüngerer Bruder«, sagte sie. »Dillan wird auch gleich kommen, obgleich es ihm schwerfällt, seine Berechnungen zu verlassen. Du glaubst also, daß dieser Fremdling vielleicht der Sage von Garthal, dem Zweischwertigen, entsprungen
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