Blut der Sternengötter
Benehmen legte sich, als er plötzlich Hitze auf seiner Brust spürte. Der Tei glühte. Irgendwo innerhalb des Schiff-Turms wurde eine Energie freigelassen, auf die der hochempfindliche Talisman ansprach. Kincar zögerte. Sollte er den Tei abnehmen, um nicht eine erneute schwere Verbrennung zu riskieren, die ihn schwer behindern würde – oder sollte er ihn weiter tragen?
Zu seiner überwältigenden Überraschung reckte Vorken ihren mageren Hals und legte ihren Kopf an seine Brust, direkt über dem Tei, bevor er ihr wehren konnte. Warnend hob sie ihre Klauen, als er sie fortschieben wollte und ließ die gutturalen Kampf laute ihrer Art verlauten.
Die Wärme des Teis verstärkte sich, als die Murd sich eng an ihn preßte, aber das schien Vorken nicht zu stören. Jetzt keckerte sie, ein Laut, der verkündete, daß sie sehr zufrieden mit der Welt war. Und auch Kincar fühlte sich entspannt und voller Selbstvertrauen und Zuversicht.
15.
Das Gefühl des Wohlbefindens hielt an. Vorken gähnte herzhaft. Sie schloß ihre Augen und kuschelte sich dichter an ihren Herrn. Kincar jedoch fühlte sich keineswegs schläfrig, sondern geistig und körperlich wacher als je zuvor in seinem Leben. Das Gefühl, daß es nichts gab, das er nicht meistern konnte, wuchs …
Kincar lachte leise, aber irgendwo in seinem Innern, unter der Oberfläche seines gegenwärtigen Wohlbefindens, weckte dieses Lachen eine Spur von Zweifel. Vielleicht waren seine Sinne durch den Tei doppelt geschärft für jede Gefahr. Entsprang dieses neue Selbstvertrauen aus der Energie in dem Talisman, oder war es wieder ein Zauber der Fremden? Mit ihren Mitteln konnten sie leicht einen Mann beeinflussen, und ihm einen übertriebenen Glauben an seine eigenen Fähigkeiten einflößen, bis er sorglos und unvorsichtig wurde.
Es gab eine Möglichkeit, das festzustellen. Kincar streifte die Kette mit dem Tei über den Kopf und legte den Stein neben sich auf die Bank. Die Wärme auf seiner Brust war fort. Vorken bewegte sich, hob den Kopf und sah Kincar fragend an. Aber Kincar war zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auf die Murd zu achten.
Eine überwältigende und niederschmetternde Panik überfiel ihn mit der Gewalt eines Schlages von einer Riesenfaust, eine so abgrundtiefe Angst, daß er keuchend um Luft rang. Seine Hände waren naß, sein Mund trocken, und eine Übelkeit breitete sich in seinem Innern aus. Nie zuvor hatte er etwas so Entsetzliches erlebt. Es preßte sein ganzes Sein aus ihm heraus und verwandelte ihn, Kincar, in ein geistloses, wimmerndes Etwas! Und das Schlimmste war, daß er keinen Grund für diese namenlose Angst wußte. Sie war in ihm und füllte ihn völlig aus …
Vorken schrie, ein Schrei, der ihm in den Ohren gellte. Und dann schlug die Murd zu und griff ihn mit ihren Krallen an. Der Schmerz brach sekundenlang den Bann. Unter aller Willensaufbietung zog Kincar den Tei an der Kette zu sich heran und nahm ihn in beide Hände. Kaum hielt er ihn, war seine Panik fort, und als er die Kette wieder über den Kopf gestreift hatte und der Tei an seinem alten Platz auf seiner Brust lag, saß er erschöpft und erschüttert, aber wieder so heil und ganz da, daß er sich nicht erklären konnte, was ihn da eben so bösartig überfallen hatte.
Blut tropfte aus den Kratzern, die Vorken ihm beigebracht hatte. Glücklicherweise waren sie nicht sehr tief. Jetzt hockte sie wieder auf seinen Knien und jammerte leise, während sie eine ihrer Klauen zu dem Tei erhob. Es war dieser Talisman, der sie beide vor dem Wahnsinn bewahrt hatte – das Wie und Warum dieser Rettung ging über Kincars Verständnis. Er konnte ihre Rettung nur mit Dankbarkeit akzeptieren.
Danach blieben sie nicht mehr lange allein. Die Tür zu dem halbrunden Raum rollte in die Wand, und Lord Dillan erschien. Vorken zischte und hätte sich auf ihn gestürzt, aber Kincar, der um ihr Leben fürchtete, griff hastig nach ihren Füßen.
Lord Dillan sagte zunächst gar nichts, aber obgleich ihm keine Überraschung anzumerken war, hatte Kincar doch den Eindruck, daß der andere erstaunt war, ihn so ruhig und wohlauf vorzufinden.
»Sklave …«, sagte er schließlich hart und schneidend, gleich einem Peitschenhieb. Kincar starrte unbewegt zurück.
Als Lord Dillan wieder sprach, lag der Energiestab in seiner Hand. »Es scheint, wir haben dich unterschätzt, Bursche!«
»So scheint es, Lord«, erwiderte Kincar wie von selbst, und es war, als stünde er neben sich und beobachtete die
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