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Blut der Wölfin

Blut der Wölfin

Titel: Blut der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Runde, dann tat sie einen unsicheren Schritt und torkelte zurück. Noch ein Schritt; noch ein Torkeln. Zog etwas sie in zwei Richtungen zugleich? Hatte auch Hull sie gerufen?
    Der Vorwärts-rückwärts-Tanz hatte sie bis an den Rand des Gehwegs gebracht, als ich eine Bewegung in dem Durchgang hinter ihr sah. Ich versuchte, mit dem Wind die Witterung aufzunehmen, aber Roses Gestank überdeckte alles andere. Ich starrte zu der Stelle hin, wo ich die Bewegung gesehen hatte. Nichts.
    Im Kopf ging ich die Möglichkeiten durch. Zu groß für Ratten. Jeremy oder Antonio? Die würden sich nicht im Schatten herumdrücken.
    Konnte es Hull sein? Oder der zweite Zombie?
    Rose schien Hulls zweite Wahl zu sein. Er hatte zugelassen, dass sie drei Mal umgebracht wurde. Nicht weiter überraschend – geben Sie einem Magier des neunzehnten Jahrhunderts zwei Zombiesklaven, einen männlichen Verbrecher und eine weibliche Prostituierte, und welchen von ihnen wird er der anderen Seite wohl eher zum Fraß vorwerfen? Als Jaime Rose gerufen hatte, war ich davon ausgegangen, dass Hull es nicht zur Kenntnis nehmen würde – er würde so viel Abstand zwischen sich selbst und ihrem verwesenden Leichnam halten wie möglich.
    Aber was, wenn ich mich geirrt hatte?
    Wenn Hull oder der Bowlermann in diesem Durchgang war, dann konnte ich mir den Teil des Plans, in dem Rose mich zu Hull führte, sparen. Aber darauf war ich noch nicht vorbereitet – nicht annähernd.
    Ich zog mich in das Gebäude zurück.
    »Jaime«, flüsterte ich. »Geh nach oben. Behalte den Durchgang im Auge, aus dem Rose gekommen ist. Wenn du jemanden kommen siehst, sag mir Bescheid. Ich versuche, Rose hier reinzulocken.«
    Ich sah mich um. An der Wand stand ein rostiger Aktenschrank, groß genug, um mich zu verbergen. Ich schob mich rasch dahinter, und einen Moment später hörte ich schwere, unregelmäßige Schritte näher kommen.
    Ein Schatten erschien in der Tür. Ich versuchte, durch den Spalt zwischen dem Schrank und der Wand zu spähen, sah so aber nur einen schmalen Streifen des Raums.
    In dem gelben Licht, das die Straßenbeleuchtung auf den Boden warf, zuckte und schwankte der Schatten, als würde Rose immer noch von widerstreitenden Kräften hin und her gezerrt.
    Ein leises Gurgeln erfüllte den Raum, dann ein Murmeln. Stoff raschelte, als Rose sich wieder in Bewegung setzte. Einen Moment später sah ich den Saum eines langen Rocks unter einem fast ebenso langen Mantel erscheinen.
    Rose torkelte und schwang den anderen Fuß hoch; der Stiefel schlug dumpf auf. Das Gleichgewicht schien ihr Problem zu sein, nicht irgendeine paranormale Kraft. Etwas stimmte nicht mit ihrem Bein.
    Als sie den nächsten Schritt tat, konnte ich sie nur anstarren. Unter dem Saum des langen Rocks war kein Stiefel zu sehen, nur etwas langes Weißes, wie ein Stock. Das Wadenbein, zu dem kein Fuß mehr gehörte; schmutzige Fleischfetzen hingen daran. Der Knochen kam auf dem Boden auf. Eine Pause, in der sie das Gleichgewicht wiederzufinden versuchte, dann ein Taumeln nach vorn, dann wieder nach hinten, als sie den brauchbaren Fuß hob und aufsetzte und ihr Gewicht darauf verlagerte.
    Herrgott, wie viel Willenskraft war nötig, um so zu gehen? Aber sie hatte keine Wahl. Sie war gerufen worden, sie musste gehorchen.
    Als ihr Gesicht sich in meine Richtung drehte, musste ich ein Keuchen unterdrücken. Ihre Nase war eine schwarze Höhle über einem weiteren Loch, das der Mund gewesen war; die Zähne lagen in einer permanenten Grimasse frei, die Lippen waren nicht mehr vorhanden. Der Schädelknochen schimmerte durch ihr Kinn und ihre Wangen.
    Ich versuchte, nicht zu wimmern, und sagte mir, dass dies einfach albern war. Ich hatte Schlimmeres gesehen. Von Mutts zerfleischte Körper.
Aber sie waren tot!,
kreischte mein Hirn. Sie waren nicht herumgelaufen, lebendig, atmend, bei Bewusstsein!
    Ich zog mich zurück, bevor sie mich sah, aber ich bewegte mich zu schnell, und mein Ellenbogen blieb an dem Aktenschrank hängen. Das Metall schepperte wie ein Gong.
    Rose stieß etwas zwischen einem Brüllen und einem Kreischen aus und begann, in meine Richtung zu torkeln. Ich schoss hinter dem Schrank hervor, und sie stürzte sich auf mich, die Hände erhoben, die Finger gekrümmt – knochige Klauen, denn der größte Teil des Fleisches war fort und die Hälfte der Finger ebenso. Ich wich aus, aber sie war schneller, als ich für möglich gehalten hatte.
    Eine der Klauen bewegte sich auf mich zu, und ich

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