Blut der Wölfin
unterbrach ihn, als ein Auto um die Ecke gejagt kam. Scheinwerferlicht flutete in die dunkle Straße. Der Mann stieß ein Heulen des Entsetzens aus und warf sich auf den Boden – mitten auf der Straße. Im letzten Moment wich das Auto zur Seite aus. Jemand brüllte im Vorbeifahren aus dem offenen Beifahrerfenster.
»Los jetzt«, zischte Jeremy. »Schnell.«
Clay rannte auf den Mann zu; ich trabte hinterher. Der Mann lag immer noch auf der Straße, das Gesicht an die Asphaltdecke gedrückt. Wir hatten die Strecke zur Hälfte hinter uns gebracht, als ein zweites Auto voller Teenager um die Ecke jagte. Dieses Mal blieb der Mann nicht liegen, um darauf zu warten, überfahren zu werden. Er sprang auf und stürzte zur anderen Straßenseite hinüber.
Von dort gab es zwei mögliche Richtungen. In der einen würde er uns geradewegs in die Arme rennen.
Doch er nahm die andere, sobald er den Gehweg erreicht hatte – wieder nach Norden.
Im Laufen warf ich einen Blick über die Schulter zu Jeremy zurück. Er zögerte, fing meinen Blick auf, und ich war sicher, er würde mich zurückrufen. Aber einen Moment später gab er uns zu verstehen, wir sollten weiterlaufen, den Mann verfolgen und ihn an irgendeinem ungefährlichen Ort stellen.
[home]
Park
W ir erreichten die Autowerkstatt an der Ecke, als der Mann gerade die Straße überquerte. Er hielt inne und starrte zu den wie alte Gaslaternen geschwungenen Straßenlaternen hinauf; dann spähte er die Straße entlang. Clay sah mich an, aber ich schüttelte den Kopf. Zu riskant.
Sekunden später setzte sich der Mann wieder in Bewegung, eine schmale Straße zwischen zwei gelben Backsteingebäuden entlang. Bevor wir ihm folgen konnten, erreichte uns eine Reihe Autos, die vor einer Ampel gewartet hatten. Ich wippte auf den Fußballen und versuchte den Mann im Auge zu behalten, und sobald das letzte Auto vorbei war, rannten wir auf die andere Straßenseite hinüber.
Aber er war verschwunden. Während Clay in die dunkle Straßenmündung hineinstürzte, wurde ich langsamer und holte tief Luft, um die Witterung aufzunehmen. Dann folgte ich Clay. Als ich auf einen Durchgang zwischen zwei hohen Gebäuden stieß, brach die Fährte ab. Ich pfiff und bog ab, ohne mich zu überzeugen, ob Clay mich verstanden hatte. Er würde es tun.
Der Durchgang war zugestopft mit Mülltüten, die in der Sommerhitze stanken. Ich bahnte mir einen Weg um die Tüten und eine Reihe grauer und blauer Tonnen herum und kam auf der Ostseite der Sherbourne Street heraus. Als ich stehen blieb und die Witterung des Mannes unter dem Gestank der großen Straße und des Abfalls wiederzufinden versuchte, tippte Clay mir auf den Rücken. Er grunzte »dort«, zeigte zur anderen Straßenseite hinüber und marschierte an mir vorbei. Um diese Tageszeit war die vierspurige Straße fast verlassen, und wir überquerten sie ohne Schwierigkeiten; nur ein einzelner Autofahrer hupte uns höflich warnend an.
Auf der anderen Seite lag der häuserblockgroße Park rings um die Kuppel des Allan Gardens Conservatory. Und dies schien das Ziel unserer Beute zu sein – er ging geradewegs den mit Rosen gesäumten Pfad in Richtung Gewächshaus hinab.
Clay sah mich an und wartete auf Anweisungen. Dies war unsere Arbeitsweise, und sie hatte nichts mit Macht oder Dominanz zu tun. Spannte man Clay mit einem Werwolf von vergleichbarem Rang in der Hierarchie zusammen, dessen Urteilsvermögen er vertraute, dann zog er es vor, Befehle zu befolgen … was mir nur recht sein konnte, weil ich selbst es vorzog, sie zu geben.
Wir hatten die Wahl – uns zu trennen oder zusammenzubleiben. Im Gehen musterte ich den Park und den von unserer Beute eingeschlagenen Pfad und traf eine Entscheidung. Ich signalisierte sie Clay – es gab keinen Grund, warum wir nicht sprechen sollten, wir waren weit genug von dem Mann entfernt, dass er uns nicht hören konnte, aber wenn ich in den Jagdmodus wechselte, schaltete mein Hirn automatisch auf nonverbale Kommunikation.
Clay nickte, und wir gingen in einen langsamen Trab über. Im Dunkeln sah unsere Kleidung hinreichend nach Joggingkluft aus, dass wir damit durchkommen würden. Die größte Gefahr war, dass wir unsere Beute auf uns aufmerksam machen würden, aber wenn er sich bisher nicht umgesehen hatte, würde er es wahrscheinlich auch nicht mehr tun. Er hatte anderes im Sinn. Was genau das sein mochte … sagen wir einfach, ich hatte meine Vermutungen, aber dies war nicht der geeignete Zeitpunkt, um
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