Blut für Blut: Thriller (German Edition)
ansehen, wenn Sie damit durch sind.«
Simonsen nickte und lachte laut. »Ja, ja, Rebekka, nicht nur ihr Frauen habt es schwer. Wir Männer sind auch Opfer«, meinte er grinsend und zog eine Grimasse. Dann lachte er wieder laut, und Rebekka sah ein, dass der erste Eindruck von einem Menschen meistens der richtige war. Stattdessen wandte sie sich an Reza.
»Wie reagieren Haleema und Ali auf die Anklage, Kissi Schack ermordet oder bei ihrer Ermordung mitgewirkt zu haben?«
»Leider ist dabei nichts herausgekommen. Sowohl Haleema als auch Ali haben für die Tatzeit ein Alibi, das wir überprüft haben. Im Übrigen haben Brodersen und der Rest des Teams von dieser Theorie längst Abstand genommen. Sie sind – genauso wie der Journalist Sejr Brask – davon überzeugt, dass Thomas seine Mutter umgebracht hat, vermutlich in blinder Wut darüber, dass sie verraten wollte, dass sie ihm für die Nacht zum Sonntag, den 26. Juni 1988, als er Charlotte B. Hansen vergewaltigt und umgebracht hat, ein falsches Alibi gegeben hat.«
Rebekka runzelte die Stirn. Sie war sich sicher, dass Thomas unschuldig war, was den Mord an seiner Mutter anging. Doch wenn das Ehepaar Hamad Alibis für die Tatzeit hatte, wer konnte es dann getan haben? Sie richtete ihre Aufmerksamkeit erneut auf Boel Kristensen und Kasper Rosenstand.
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»Der Fall ist aufgeklärt, phantastisch.« Niclas schlug mit der Hand gegen den Türrahmen, und das Geräusch ließ Rebekka von ihrem Stuhl aufschrecken. Sie hatte sich seit mehreren Stunden in dem umfangreichen Material über die Vergewaltigung und den Mord an Charlotte B. Hansen vergraben. Sie lächelte müde zu ihm hoch.
»Thomas Schack Lefevre ist ein verdammtes Schwein, und es besteht kein Zweifel, dass er hinter Gittern landet. Glücklicherweise. Dieser Mann wird nie mehr frei herumlaufen.«
Niclas schlug noch einmal mit der Hand gegen den Rahmen, und an der Pinnwand flatterten ein paar Wulffmorgenthaler-Comics auf; dann kam er zu ihr herüber und setzte sich auf die Kante ihres Schreibtischs.
»Ich hätte platzen können, dass man mich von dem Verhör ausgeschlossen hat. Aber du hast das ja super hingekriegt.« Er nickte ihr anerkennend zu und fuhr fort: »Ich bin das Verhör durchgegangen, er passt in das Profil, das wir erstellt haben.«
Rebekka nickte und streckte sich. Ihr Rücken knackte, und ihre Rippen schmerzten leicht. Es war bald wieder Zeit für eine Massage bei Jørgen.
»Soweit ich das mitbekommen habe, seid ihr euch uneinig, ob er seine Mutter umgebracht hat?« Niclas sah sie an.
»Stimmt. Alle sind überzeugt, dass Thomas seine Mutter umgebracht hat. Alle bis auf mich. Brodersen, Reza, Simonsen und so weiter, sie holen den Mann immer wieder zum Verhör, setzen ihm immer wieder zu, aber er leugnet. Ich bin überzeugt, dass er die Wahrheit sagt.«
»Das hat für das Strafmaß doch nichts zu bedeuten. Er kommt nicht um den Knast herum.«
Nelly tauchte vor ihrem inneren Auge auf, mit dünnen Zöpfen und ein paar Sommersprossen auf der Nasenspitze.
»Genau das meine ich. Er wird eingesperrt, er hat alles bis auf den Mord an seiner Mutter gestanden. Warum sollte er in dem Punkt lügen?«
»Vermutlich ist es heftiger zuzugeben, dass man die eigene Mutter umgebracht hat.«
Niclas stand auf und streckte seinen muskulösen Körper. Sein T-Shirt rutschte hoch und gab einen hellbraunen, glatten Bauch frei. Rebekka guckte schnell weg.
»Trotzdem. Du hast möglicherweise recht.«
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»Sie haben gesagt, dass ich anrufen kann, wenn etwas ist.«
Rebekka setzte sich im Bett auf und warf einen schnellen Blick auf den Wecker auf ihrem Nachttisch. Es war halb zwölf nachts, und sie hatte eine knappe Stunde geschlafen, nachdem sie den ganzen Tag konzentriert gearbeitet hatte, um das Beweismaterial für den Staatsanwalt vorzubereiten.
»Mit wem spreche ich denn?«
»Oh, Entschuldigung, ich habe meinen Namen gar nicht gesagt.« Die Stimme im Ohr war sanft, angenehm.
»Kristine Berg – von Lundely .«
»Oh, ja, hallo, Kristine.« Rebekka dachte voller Dankbarkeit an die jüngere Sozialarbeiterin, die der Polizei so bereitwillig bei den Ermittlungen im Mord an Kissi Schack geholfen hatte. Mehrere Stunden hatte sie darauf verwandt, das Material über die Frauen mit Namen Haleema herauszusuchen. »Was ist passiert, dass Sie so spät noch anrufen?«
»Ich rufe wegen Marie-Louise an. Sie ist völlig außer sich. Sie hatte mich gebeten, heute Abend bei ihr vorbeizukommen. Sie ist untröstlich
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