Blut für Blut: Thriller (German Edition)
falsches Wetter gibt, nur falsche Kleidung. Sie hat wohl geglaubt …« Jerome verstummte.
»Wir finden ihr Handy nicht«, sagte Reza.
Liam und Jerome schauten sich lange und wissend an.
»Das ist merkwürdig. Kissi hatte immer ihr Handy bei sich.« Liam sah Rebekka unruhig an.
»Wo waren Sie gestern Abend in der Zeit zwischen 17 und 22 Uhr?« Reza blickte die beiden Männer ernst an, und der letzte Rest Farbe wich aus Jeromes Gesicht. Er sackte auf dem Sofa langsam in sich zusammen. Liam sah ihn bekümmert an, dann wandte er sich Rebekka und Reza zu.
»Ich glaube, Sie müssen jetzt gehen. Er kann nicht mehr.«
»Das tun wir, aber das ist eine Routinefrage, die wir allen Angehörigen stellen müssen.«
Jerome nickte gefasst. »Natürlich müssen Sie das, Sie tun schließlich nur Ihre Arbeit. Ich war zu Hause. Allein. Liam geht mittwochs zum Karatetraining, nicht wahr, Schatz?«
Liam nickte zustimmend. »Ja, das stimmt. Von 19 bis 21 Uhr 30. Ich trainiere in der Karateschule in Østerbro, am Bahnhof Østerbro. Bei Sensei Anders.«
»Liam ist immer so froh nach dem Training, es ist das reinste Elixier für ihn.« Jerome sah Liam zärtlich an, der in seine Teetasse blickte.
»Um dorthin zu kommen, gehen Sie vermutlich am Kastell vorbei?«, fragte Rebekka und bemerkte ein kleines, nervöses Zucken an Liams rechtem Augenlid. Ansonsten verzog er keine Miene.
»Ich gehe nicht. Ich fahre Fahrrad, und ja, ich fahre am Kastell vorbei, und das bin ich auch gestern Abend.«
»Es hat gegossen. Warum haben Sie nicht das Auto oder den Bus genommen?« Rezas bohrender Blick begegnete Liams, und der Engländer rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her.
»Ich bewege mich gern. Ich hatte mein Regencape an, ich mag Regen, ich mag das prickelnde Gefühl im Gesicht.« Er lächelte sie schief an. »Sie dürfen nicht vergessen, dass ich aus Manchester komme.«
Sie lachten nicht.
»Haben Sie an dem fraglichen Abend jemanden oder etwas gesehen? Ich nehme es als selbstverständlich an, dass Sie uns das erzählen würden, wenn Sie Kissi gesehen hätten.«
Reza sah Liam eindringlich an, der nur nickte. Natürlich würde er das, aber das hatte er nicht. Die Straßen waren menschenleer, doch da die Luft trotz des Regens so milde gewesen war, war er zu der Karateschule in Østerbro gefahren.
Rebekka und Reza verabschiedeten sich und gingen zur Tür, die in die Diele führte.
»Mir ist gerade noch etwas eingefallen.« Jerome blickte über den Rand der Decke, und sie drehten sich fragend zu ihm um.
»Du musst dich ausruhen, love «, unterbrach ihn Liam bestimmt, doch Jerome ignorierte ihn und blickte stattdessen Rebekka an.
»Sie sollten auch mit Kissis Schwester Karen sprechen. Karen Schack.«
Rebekka näherte sich Jerome abwartend.
»Natürlich werden wir das. Wir sprechen mit allen, die Ihre Exfrau gekannt haben. Warum?«
»Sie ist ziemlich speziell, ganz anders als Kissi. Nicht dass ich glaube, dass sie irgendetwas mit der Sache zu tun hat, aber Karen war ihr ganzes Leben lang eifersüchtig auf Kissi, und neulich haben sie sich wieder gestritten. Der ewige Krieg um den alten Bauernhof.« Jeromes Stimme war belegt.
»Um welchen Bauernhof?«
»Der Bauernhof der Familie in Schweden. In Tjörnap. Sie haben ihn geerbt, als ihre Eltern vor vielen Jahren gestorben sind, und seitdem streiten und schlagen sie sich darum. Vor ein paar Wochen hat Kissi mir von einem weiteren Streit erzählt, bei dem Karen angeblich geschrien haben soll, dass sie Kissi zum Teufel wünsche. Es ist nicht so, dass ich glaube, dass Karen imstande wäre, einen so schlimmen Mord zu begehen, aber trotzdem…« Er zögerte und fuhr sich kurz mit der Hand durchs Haar.
Liam sah Jerome eindringlich an und platzte dann heraus: » Love , solltest du nicht auch von den Raufereien erzählen?«
»Das hat nichts zu bedeuten, Liam.« Jerome kniff die Augen zusammen, und Rebekka schaltete sich schnell ein.
»Wir entscheiden, was wichtig ist …«
Liam nickte ihr freundlich zu. »Genau. Tatsache ist, dass Kissi einmal erzählt hat, dass Karen sie regelmäßig überfallen hat, als sie noch Kinder waren. Es ging immer auf die gleiche Art und Weise vor sich. Sie hat sie von hinten angegriffen, gekratzt und an den Haaren gezogen. Einmal ist sie so weit gegangen, dass sie Kissis Kopf mehrmals gegen die Wand geschlagen hat.«
Rebekka erstarrte leicht, eine kaum merkliche Bewegung, die der Engländer jedoch zu registrieren schien.
»Alle Geschwister schlagen sich wohl
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