Blut für Blut: Thriller (German Edition)
Reza goss Tee in die papierdünnen Porzellantassen.
»Bitte. Bedienen Sie sich. Das sind Butterscones. Ich habe sie selbst gebacken. Ich muss meine Hände beschäftigen, wenn so etwas passiert.« Liam schaute schnell zu Jerome hin, der nur apathisch vor sich hin sah.
» Love , hast du ihnen von den Drohbriefen erzählt? Hast du?«, fügte er hinzu, und Rebekka nickte bestätigend und fasste die Unterhaltung kurz für Reza zusammen.
»Ist in der letzten Zeit etwas vorgefallen? Gab es Drohungen oder etwas anderes, das sie aufgeregt hat oder wovor sie regelrecht Angst hatte?«, fragte Reza und nippte an dem glühend heißen Tee.
Die beiden Männer schüttelten einhellig den Kopf. Dann räusperte sich Liam.
»Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber sie hat vor ein paar Monaten ihren geliebten Hund verloren, Fjante. Er ist an Altersschwäche gestorben. Er ist bestimmt fünfzehn Jahre alt geworden, und sie war natürlich am Boden zerstört. Hat hier angerufen und geweint. Wir haben mit ihr geweint, er war so ein süßer Hund gewesen. Sie hat davon gesprochen, dass sie so bald wie möglich einen neuen haben wollte.«
Jerome runzelte ärgerlich die Stirn, während sein Lebensgefährte redete.
»Ich glaube nicht, dass Fjantes Tod etwas hiermit zu tun hat, Liam.«
»Nein, sicher nicht, aber sie haben doch gefragt, ob in der letzten Zeit etwas in ihrem Leben passiert ist, und für sie war das eine große Sache. Sie hat diesen Hund geliebt, sie hat extra einen Cairnterrierklub gegründet, um Gleichgesinnte zu treffen. Das ist inzwischen einige Jahre her.«
»Gut, dass Sie das erwähnen. Alle Informationen über Kissis Leben sind wichtig«, sagte Reza besänftigend.
Jerome fing Rebekkas Blick ein.
»Wie ich bereits gesagt habe, ist sie hin und wieder wegen ihres Jobs bedroht worden. Je mehr ich darüber nachdenke, desto verwunderlicher kommt es mir trotzdem vor, dass jemand sie umgebracht haben sollte. Ich meine, was sollte das Motiv sein? Die Leute mochten sie in der Regel. Sie war im Job erfolgreich, sie war gut gelitten, beliebt, könnte man wohl sagen, hatte viele Freunde und Freundinnen. Alle mochten sie, viele haben faktisch zu ihr aufgesehen. Sie war eine phantastische Frau, klug, warmherzig, lustig, einfühlsam. Könnte es ein Unfall gewesen sein? Vielleicht ist ihr schwindelig geworden, vielleicht ist sie im Matsch ausgerutscht, es hat an dem Abend doch so heftig geregnet.«
Seine Stimme brach, die Augen füllten sich mit Tränen, und er sah Rebekka flehentlich an, die nur leicht den Kopf schüttelte. Leider sah die Wirklichkeit anders aus, auch wenn ein Unglück vorzuziehen wäre, es wäre weniger brutal, für die Hinterbliebenen leichter zu verstehen. Alle vier schwiegen, während sie ihren Tee tranken.
»Was ist mit Ihren Kindern?«, fragte Rebekka, während sie Jerome, dessen Scone unberührt auf dem Teller lag, Tee nachschenkte.
»Mit den Kindern?«, fragte er verwirrt.
»Soweit wir wissen, haben Sie und Kissi zwei Kinder«, antwortete Rebekka ruhig, und Jerome besann sich und bestätigte die Aussage.
»Die Kinder, ja. Marie-Louise und Thomas. Die Armen. Sie lieben sie doch so. Sie haben ihre Mutter verloren, ihre wunderbare Mutter. O Gott.«
Er brach so heftig weinend zusammen, dass der gläserne Sofatisch zitterte. Die englischen Porzellantassen klirrten auf den Untertassen. Der Ton kroch unter die Haut und blieb als schwaches Zittern zurück. Liam nahm seinen Partner in die Arme und drückte ihn an sich, während er Rebekka und Reza ansah.
»Ich glaube nicht, dass er heute noch mehr ertragen kann. Er ist nicht er selbst.«
»Natürlich nicht, wir haben auch nur noch ein paar Fragen, dann sind wir fertig«, antwortete Rebekka freundlich, und Reza übernahm.
»Warum war Kissi gestern Nachmittag oder Abend im strömenden Regen auf dem Kastell? Darüber müssen Sie sich doch Gedanken gemacht haben.« Reza sah von einem zum anderen. Jerome wischte sich die Augen mit der geblümten Papierserviette trocken.
»Sie wollte sich wohl mit ihren Hundefreunden aus dem Cairnklub treffen. Sie gehen gewöhnlich Montag-und Mittwochabend spazieren, und sie ist weiter mitgegangen, obwohl Fjante tot war. Sie mochte die Gruppe, sie waren gute Freunde geworden.«
»Wie es aussieht, war sie die Einzige, die erschienen ist – und der Täter.«
Die Männer nickten stumm.
»Es ist seltsam, dass sie bei dem schlechten Wetter rausgegangen ist.«
»Kissi war gerne draußen. Sie war der Typ, der meinte, dass es kein
Weitere Kostenlose Bücher