Blut Licht
Airs hebt gleich ab.“
Wirklich sehr komisch, Luzifer.
Kapitel vierundfünfzig
A uf die gleiche Weise wie schon zuvor, brachte Luzifer uns an den gewünschten Ort. Noch während er seine dunklen Tentakel wieder einzog, lachte er in sich hinein. Was immer ihn erheiterte, mich stimmte es nachdenklich, denn sein offensichtliches Amüsement wirkte keineswegs fröhlich. Eher aus einer Not heraus geboren, um etwas Unschönes zu verbergen - oder etwas gar Teuflisches.
Seine letzten Worte bestätigten meine unheilvollen Vorahnungen: „Willkommen im Vorhof zur Hölle. Ich denke, wir sehen uns bald wieder. So oder so.“ Damit löste er sich in einem übelriechenden Wölkchen auf und ließ uns allein.
„Was meint er damit?“, kam mein Bruder mir zuvor und schulterte die Kalaschnikow.
„Er sieht wohl einiges voraus“, entgegnete Darian kurz angebunden.
Ich schluckte trocken. Danke, das tat ich auch, obwohl ich es zu vermeiden versuchte.
„Wo sind wir hier? Das ist eindeutig nicht Uruk, beziehungsweise das, was davon noch übrig ist“, murmelte Kahina.
„Die Stadt liegt weiter östlich. Gut drei Meilen von hier.“ Darian verwies auf eine weit entfernt liegende, recht flache Hügelkette. Dann sah er in die gegenüberliegende Richtung, bedeckte zum Schutz gegen die niedrig stehende Sonne mit einer Hand seine Augen und erklärte: „Wir müssen dort hinüber, soweit ich mich erinnere.“ „Klasse. Direkt in die untergehende Sonne“, brummte mein Bruder übellaunig. „Hat jemand an eine Sonnenbrille gedacht?“
Ich überging seine Bemerkung, nahm Jason den Rucksack ab und musterte meinen Mann dabei erstaunt. „Dann kehren deine Erinnerungen an das Geschehen langsam zurück?“
„Von langsam kann keine Rede sein, Schatz.“ Er schnaubte ungehalten. „Luzifer war so freundlich, mir vor wenigen Minuten die Augen diesbezüglich regelrecht aufzureißen.“
Ich war mir nicht sicher, ob ich darüber erfreut sein sollte. Lilith hatte auf sein Bestreben hin nicht umsonst sämtliche Erinnerungen an den Tod Kains sowie den genauen Ort gelöscht. Doch offenbar war nun die Zeit gekommen, wo er bis ins letzte Detail genau alles wissen musste. Eine sehr unangenehme Vorstellung, zumal ich mir ausmalen konnte, wie er sich fühlte - trotz der seitdem vergangenen
Jahrhunderte.
Das kannst du nicht, Faye , echote seine Stimme durch meine Gedanken. Hätte ich damals schon die Möglichkeit gehabt ihn zu töten, hätte ich es getan.
Was für ein entzückender Gedanke, denn in dem Fall müssten wir nicht auf dem Kriegspfad wandeln. Doch mit wäre, hätte und könnte, kamen wir nicht weiter. Welche Möglichkeit blieb uns noch, außer dem Unvermeidlichen entgegenzutreten? Ich atmete tief durch und schulterte den Rucksack. „Also gut, dann lasst uns dem Drecksack mal kraftvoll ins Hinterteil treten.“
„Und das bitte mit Anlauf", ergänzte Jason unterkühlt und schenkte mir, auf meinen verblüfften Gesichtsausdruck hin, ein schwaches Mundwinkelzucken.
Kopfschüttelnd setzte Darian sich in Bewegung. Wir trabten hinterher, die Blicke auf den Boden gerichtet, um nicht zu sehr geblendet zu werden.
Sehr weit mussten wir nicht laufen. Eine, knappe Meile über unwegsames, steiniges Gebiet. Mittlerweile waren unsere Schatten länger geworden und zeigten an, dass die Sonne uns nicht mehr lange begleiten würde. Einerseits begrüßen wir es, doch auf der anderen Seite zeigte es uns die unaufhaltsam dahintickenden Minuten an. Dann, endlich, lag der Bereich vor uns, den ich in Liliths Zeitrafferkinofassung gesehen hatte. Eine offene Ebene, karg bewachsen und durchzogen von einigen flachen Hügeln, die aussahen, als wären sie auf natürliche Weise entstanden. Durch Wind und Gezeiten angehäufte Steinhaufen, mal höher, mal so flach, dass sie kaum wahrnehmbar waren.
Darian und ich wussten sehr genau, was sie darstellten. Gräber. Vor langer Zeit dem steinigen Boden abgerungen, der in einer grausamen Schlacht einst das Blut der Verstorbenen und hier Vergrabenen in sich aufgesogen hatte, ln einem dieser Gräber befand sich Kains unfreiwillige Ruhestätte. Nun mussten wir es finden.
„Es ist nicht mehr weit“, murmelte Darian und wir wechselten einen schnellen Blick miteinander. Dabei dachten wir das Gleiche: Hoffentlich hatte Thalion es nicht entweiht.
Die Hoffnung verschwand ebenso zügig wie die letzten Sonnenstrahlen. Die Nacht senkte sich auf uns hernieder und wir mussten ab jetzt sehr genau auf unsere Schritte achten. Trotz des
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