Blut Licht
verstaute die Waffe an meinem Hosenbund und trat dicht an Shekinah heran. Verwundert sah sie zu mir auf, doch als ich sie impulsiv in meine Arme schloss, hatte sie verstanden. Kann mir mal bitte jemand erklären, warum mir gerade jetzt die Tränen über die Wangen liefen?
Ich ließ die alte Frau behutsam los und bemerkte, dass auch ihr Blick verräterisch glänzte. Sie legte ihre Hand an meine Wange und sah mir besorgt in die Augen. Sie sprach in Jasons Richtung und er übersetzte: „Du sollst gut auf dich achten.“ Sie sagte einen weiteren Satz. Er schmunzelte und fügte hinzu: „Und du sollst etwas mehr üben.“
Ich nickte, legte meine Hand an mein Herz und deutete eine leichte Verbeugung an. Sie winkte mich fort, drehte sich um und verließ mit schlurfenden Schritten den Raum.
„Dann los, Faye. Die Uhr tickt. Ich habe dir die Kleidung auf das Bett gelegt.“
Keine zehn Minuten später kam ich mir wie ein weiblicher Soldat vor. Die gefleckte Hose bewahrte ich, mit geknautschtem Bund durch einen Gürtel vor dem Rutschen, hatte die Hosenbeine aufgekrempelt und dazu meine schweren Boots an. Das T-Shirt war mir ein wenig zu weit, steckte dafür aber im Hosenbund. Das Haar hatte ich gebändigt und in einem strengen Knoten am Hinterkopf zusammengebunden. Meine Bewaffnung bestand aus meinem, um die Hüften geschlungenen Patronengurt, in dem die modifizierten Pflöcke steckten, ergänzt durch den Dolch. Ferner trug ich Luzifers Federn und das Smartphone, beides zusammen in Aluminiumfolie eingeschlagen, in der Seitentasche meines linken Hosenbeins. Die Phiole und das Medaillon mit Liliths Träne hingen an meinem Hals.
Selbst Jason hatte sich der anstehenden Aufgabe angepasst und wirkte in seiner militärischen Bekleidung neben mir wie ein britischer Befehlshaberim Feldeinsatz. Im Gegensatz zu mir trug er allerdings eine Handschusswaffe am Gürtel, dazu ein langes Militärmesser nebst Nunchaku und über seiner Schulter hing ein Gewehr. Ich machte eine der Kalaschnikows aus. Obendrein wusste ich, dass er seine Wurfgeschosse in der Tasche am linken Unterarm bei sich hatte. Neben sich hatte er einen kleinen Rucksack abgestellt, dessen Inhalt aus einer kleineren Menge an Munition als auch einem Sammelsurium an Verbandzeug bestand. Jason schien für alles gerüstet.
Das zweite Sturmgewehr befand sich in den Händen meines Bruders. Er hatte sich nicht umgezogen und trug weiterhin seine dunkelblaue Jeans. Doch fehlte sein T-Shirt und einzig die großen Tätowierungen bedeckten jetzt noch seine Haut.
Selbst Darian hatte die Notwendigkeit einer gewissen Tarnung in Betracht gezogen. Schwarze Cargohose, schwarzes Shirt, dazu Militärboots und der dunkle Wettermantel, den er des Öfteren in der Nacht um meine Schultern gelegt hatte. Sein Haar war, ebenso wie meines, streng zurückgekämmt und zu einem Zopf gebunden. Diesmal jedoch bot er das japanische Schwert allen Augen sichtbar dar und machte sich nicht weiter die Mühe, es zu verhüllen.
Sein Blick streifte den Wagen und er seufzte. „Damit werden wir es keinesfalls rechtzeitig schaffen. Faye? Entgegen meiner inneren Einstellung-“
„Schon verstanden. Wir müssen eine andere Transportmöglichkeit ins Auge fassen“, sprach ich gefasster aus, als ich mich fühlte.
Mein Mann nickte und ich sah, wie schwer es ihm insgeheim fiel. Doch wir hatten keine andere Wahl. „Ruf ihn, Faye. Über seinen Preis können wir später verhandeln.“
„Ich glaube, ich habe etwas, das ihn durchaus interessieren könnte“, erwiderte ich geheimnisvoll und zog das Smartphone aus dem Alupäckchen. Eine leichte Berührung des Displays reichte aus, um
Luzifers gelangweilt klingende Stimme aus dem Lautsprecher dröhnen zu hören: „Was willst du diesmal von mir, Menschenkind? Hat dein flügelloser Leibwächter nicht ausdrücklich verlangt, mich nicht mehr zu kontaktieren?“
„Der Flügellose befürwortet deine Hilfe, Luzifer“, gab Darian an meiner Stelle zurück.
„Oh. Ich bin erstaunt. Dann muss es mächtig ernst um dich bestellt sein, dass du ausgerechnet meine Hilfe erbittest. Doch sag, was kannst du mir im Gegenzug anbieten? Soweit ich weiß, habe ich euer teuerstes Gut bereits erhalten. Und ehrenamtlich zu arbeiten, kann ich mir ob meines Rufs nicht leisten.“
„Ich habe etwas, das dir gefallen könnte“, schaltete ich mich wieder ein.
Sein Interesse war erwacht. „Was ist es?“
Einschmeichelnd säuselte ich in das Telefon: „Du musst schon herkommen, wenn du es dir
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