Blut Schatten
eiskalt und langsam meinen Rücken hinaufschob, um mir sogleich die Nackenhaare zu sträuben.
Es fühlte sich auf einmal alles so falsch an. So verlogen. Unwirklich.
Heimtückisch hintergangen. Das Gefühl blitzte wie Wetterleuchten in mir auf und ließ sich nicht verdrängen. Je mehr ich es bekämpfte, mir einredete, dass es Einbildung war, desto mehr gewann es an Kraft. Bis es regelrecht greifbar und klar definiert vor mir stand. Nein. Ein Teil von mir wollte nicht akzeptieren, was mein inneres Auge deutlich sah.
Die eisige Faust namens Furcht verdampfte zischend unter der Wucht gleißend anschwellender Wut. Ich fauchte unbewusst, bemerkte es erst, als mein Bruder zu mir herumfuhr und mich geschockt anstarrte.
»Geh beiseite«, sprach ich mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.
Ohne zu zögern ließ er mich vorbei und beobachtete, wie ich mitten in den Raum trat, die Kiste auf dem Boden ablegte und mich dann äußerlich ruhig orientierte.
Doch ich war keineswegs so ruhig, wie es schien. Nicht im Entferntesten. Innerlich loderte ich, und unbändiger Zorn legte sich wie ein roter Schleier vor meinen Blick.
»Du warst hier«, flüsterte ich erstickt in den Raum hinein. »Du hast alles bis ins kleinste Detail geplant.« Wie im Film lief es vor mir ab und zwang mich regelrecht, es körperlich nachzuvollzie-hen. Daher schritt ich wie in Trance zur Tür, machte kehrt und ging auf die Ecke zu, in der das Katana gestanden hatte. Dort drehte ich mich um und starrte zum Vorhang hinüber. »Du hast dafür gesorgt, dass wir beschäftigt und nicht hier sind. Du wusstest, dass Jason mich niemals allein gehen lassen würde. Und du wusstest genau, dass Alistair uns folgen würde. Niemand war da, der dich jetzt noch entdecken konnte. Steven ist loyal, er würde dich niemals verraten. Dad hat nicht die Fähigkeit, deine Tarnung zu durchdringen. Und Kimberly? Sie ist auf diesem Gebiet vollkommen unkundig.« Das Lachen klang selbst in meinen Ohren zu zynisch. »Während wir im Salon festsaßen, bist du unbemerkt gekommen und hast die Kleidung gewechselt. Ich wette, sie liegt in deiner Tasche. Ganz unten, unter deiner anderen versteckt. Das Zeitfenster war großzügig gewählt. Du wusstest, dass wir so schnell nicht zurückkommen würden. Dann hast du dein Schwert geholt.« Ich trat wenige Schritte vor und blieb abermals stehen. »Hier, genau wo ich jetzt stehe, hat dich dein Gewissen überrascht. Du hast gezögert. Wenige Momente nur.« Mein Blick wanderte vom Boden zur Tür hinüber. »Du hast dich beeilt zu gehen, bevor du dich anders entscheiden konntest. Du bist gerannt. Lautlos, schnell. Die Treppe hinunter.« Meine Stimme erstarb, ich atmete tief durch, beherrschte für einen Moment das unbändige Gefühl zu bersten. Es brodelte in mir wie Magma kurz vor dem Ausbruch. Das Brodeln stieg weiter an, forderte meine ganze Beherrschung, bis es schließlich aus mir herausbrach, tosend und brüllend in seiner ganzen Heftigkeit. »Du hast alles geplant, Darian Knight! Verdammt, du hast mich verplant!«
Ich kniff die Augen zu und rang um Fassung. Meine Atmung ging schwer, mein Herz raste. Ich fühlte das Blut durch meine Adern rauschen. Die geballten Fäuste begannen zu verkrampfen, ich hatte unbändige Lust, irgendwo gegenzuschlagen, um mich zu schlagen. Aber ich fand kein Ziel, kein Ventil.
In mir tobte ein Sturm, der mich mitzureißen drohte. Annähernd machtlos stand ich mitten in ihm, fühlte die Raserei immer mehr nach mir greifen und bäumte mich mit aller Kraft dagegen auf. Instinktiv wusste ich, dass ich nicht verlieren durfte, dass ich mich nicht verlieren durfte.
Ein Laut löste sich aus meiner Kehle. Ein Schrei? Ein Fauchen?
Zu kurz, um erfasst zu werden, fortgerissen vom wütenden Toben meiner inneren Dämonen. Etwas zerrte an mir, schleuderte mich herum, stieß mich und riss mich gleichzeitig zurück. Es zermürbte und ermüdete mich, raubte mir den Atem und ließ sich selbst nicht fassen. Wann immer ich glaubte, es zu beherrschen, es entglitt. Wie ein bösartiger Schatten. Mein eigener Schatten – von unsichtbaren Fäden geleitet. Unbezwingbar.
Unter mir fühlte ich den Boden schwanken und wusste doch, dass ich fest stand.
Unbezwingbar?
Meine Arme schmerzten vor Anstrengung, ohne dass ich mich bewegte.
Kann man sich überhaupt selbst bezwingen ?
Die Augen brannten, obwohl ich sie geschlossen hielt.
Würde ich nicht unweigerlich einen Teil von mir selbst vernichten?
Zorniges Brüllen hallte in
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