Blut Schatten
Geruch flutete meine Sinne bis ich ihn fast auf meiner Zunge zu schmecken glaubte.
Da erst verstand ich, und Übelkeit stieg in mir hoch. Ich stob flugs herum, stützte mich mit beiden Händen auf dem Waschbeckenrand ab und rang würgend um Selbstbeherrschung.
»Du spinnst vollkommen«, brachte ich schließlich erstickt hervor, drehte den Wasserhahn auf und spülte mir den Mund aus. Dann sah ich wieder auf, und unsere Blicke begegneten sich im Spiegel. »Ich bin nicht gebissen worden, Alistair.« Mit einer Hand erwischte ich das Handtuch, und warf es ihm zu. »Wickele das um deinen Arm. Und mach so etwas niemals wieder.«
»Was erwartest du von mir, Faye?« Er presste das Handtuch auf den Schnitt und sah mich dabei ärgerlich an. »Dass ich tatenlos danebenstehe und zusehe, wie du dich schlagartig veränderst, ohne nach dem Grund zu suchen? Ich würde es wieder machen, Faye. Jederzeit.«
»Es ist nicht deine Suche nach dem Grund, Alistair. Es ist das mangelnde Vertrauen in mich.« Enttäuscht schüttelte ich den Kopf. »Du hättest mich fragen können.«
Damit ließ ich ihn stehen, schob mich ungeachtet seines erhobenen Arms an ihm vorbei und verließ das Bad. Was vorher an Un-beherrschtheit in mir vorhanden gewesen war, schlug um in tiefe Trauer. Traute denn hier niemand mehr dem anderen? Würden wir uns bald vor lauter Misstrauen gegenseitig zerfleischen?
Verflixt noch mal, ja. Ich war ziemlich sauer über Darians Verhalten. Und ja, ich fühlte mich von ihm hintergangen und hegte ihm gegenüber ein gewisses Misstrauen. Aber ich misstraute nicht seinen Motiven, sondern lediglich deren Umsetzung. Diese vermaledeite Geheimniskrämerei – und meine dadurch entstehende Unsicherheit.
Gedankenschwer ließ ich mich auf der Kante des Sofas nieder und stützte den Kopf in die Hände. Warum war er nicht zu mir gekommen, hatte mir sein Vorhaben erklärt und sich das Katana ganz offen geholt? Warum musste er erneut so ein Versteckspiel inszenieren?
Weil du dumme Nuss ihn nicht wieder hättest gehen lassen, raunte mir meine innere Stimme zu. Zähneknirschend erinnerte ich mich an die Situation in England, wo er sich auf ähnliche Weise abgesetzt hatte, und ich musste die Richtigkeit dieser Aussage wieder einmal einsehen.
Damals hatte er es vorausgesehen. Jetzt erneut, deswegen hatte er so gehandelt. Das war mir mehr als klar. Aus diesem Grunde hatte Darian diesmal sämtliche Verbindungen zu mir abgebrochen. Warum aber hatte er mir nun die Federn wieder zukommen lassen? Er hätte sie ebenso gut weiterhin verstecken können. Wollte er auf diese Weise die Verbindung wiederherstellen?
Es musste ihm doch klar sein, dass ich sie benutzen und ihn suchen würde. Warum also jetzt?
Ein Geräusch ließ mich aufsehen. Alistair stand im Türrahmen und druckste etwas herum, ehe er leise fragte: »Darf ich eintreten?«
Fast hätte ich gelacht. Dieser massige Koloss hatte Hemmungen? Mit einer knappen Geste winkte ich ihn heran. »Sicher, es ist schließlich dein Haus.«
Beinahe hastig kam er auf mich zu und setzte sich neben mich. Mit einer schmerzhaft liebevollen Berührung schob er mir die Haare beiseite und blickte mich betrübt an. »Ich wollte dich nicht verletzen, Faye. Es ist nur, weil ... Na, du weißt schon.«
Sicher wusste ich es. Und mein Verständnis dafür war grenzenlos. Dennoch schmerzte das fehlende Vertrauen wie ein frischer Schnitt.
»Das vorhin, Faye«, begann er zaghaft und wartete meine Reaktion ab. Als ich ihn nur fragend ansah, fuhr er erleichtert fort: »Vampire haben diese glühenden Augen, wenn sie in Raserei verfallen.« Er verstummte abermals. Ich nickte nur, denn diese Tatsache war mir selbst hinlänglich bekannt. Sein Arm legte sich behutsam um meine Taille. »Faye, du hast es im Spiegel selbst gesehen. Wie kann das geschehen, wenn du nicht verwandelt wurdest?«
»Ich wünschte, ich hätte es nicht selbst gesehen, Alistair. Dann könnte ich zumindest behaupten, wir hätten uns geirrt.« Ich probte ein verzagtes Lächeln. »Beim besten Willen kann ich dir dafür keine Erklärung liefern. Es war, als gehörte es nicht wirklich zu mir. Ich bin kein Typ zum kompletten Durchdrehen. Trotzdem brach es wie ein innerer Zwang einfach heraus. Als ob etwas in mir -« Und an dieser Stelle verschlug es mir regelrecht den Atem. Wie von selbst landete meine Hand auf meinem Unterleib. Fassungslos flüsterte ich: »Nein.«
Mein Bruder begriff sofort. »Du glaubst, es ist das Kind?«
Ich sprang auf, blickte an mir
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