Blut Schatten
Sippe. Ich suchte bei Letavian Hilfe, brauchte seinen Rat und empfing nur Spott und Hohn. Er lieferte mich meinem ehemaligen Herrn aus, doch der erklärte mich zu einer Persona non grata, verbat meine Tötung und ließ mich von seinen Schergen aus seinem Reich prügeln. Ich konnte nicht zurück, war plötzlich ausgestoßen und geächtet. Und ich konnte auch nicht mehr so weitermachen wie bisher, machte sich doch in mir ein großer Teil Gewissen und Moral bemerkbar. Thalion fand mich während dieser Zeit und half mir, damit zu leben. Jahre später traf ich Letavian in den Katakomben von Rom wieder. Er war von seinem Regenten auf die Suche nach einem Relikt dorthin geschickt worden. Ein mit Juwelen besetzter Dolch, der für die Tötung eines Kirchenfürsten genutzt worden war, wie es hieß. Ich fand den Dolch vor ihm und übergab ihn der Kirche. Er wurde im Museum des Vatikans untergebracht.«
»Ich würde das nicht als Verrat, sondern als Pech bei der Schatzsuche betrachten«, meinte Dad und langte nach seiner Kaffeetasse. »Was passierte dann?«
»Letavian wurde, zu meinem Leidwesen, extrem nachtragend«, antwortete ich an Darians Stelle.
»Wie kann sich ein Vampir in Rom aufhalten, wenn er angesichts des wahren Glaubens sofort vernichtet werden müsste?«, warf Ernestine verwundert ein und erhielt von Alistair und Darian gleichzeitig höhnisches Lachen. Alistair war schneller: »Wo wird mehr gegen den Glauben verstoßen als in der heiligen Stadt, Ernestine? Wo gibt es mehr Ränkeschmiede, Manipulationen, Vertuschungen und Morde aus Machtgier als genau dort?«
»Und solange sie sich durch die Katakomben der Stadt und nicht oberhalb bewegen, bleiben sie vom wahren Glauben unberührt. Heikel ist es in der Nähe vom Petersdom, dort, wo sich die wahren Gläubigen versammeln. Da hält es kein Vampir aus. Der Rest aber ist relativ ungefährlich«, erklärte Darian zusätzlich.
»Und du konntest da einfach so reinmarschieren?« Ernestine betrachtete Darian interessiert. Er lachte leise. »Zum damaligen Zeitpunkt nicht. Ich ließ den Dolch überbringen. Es machte Letavian ziemlich wütend, das stimmt. Und so, wie es aussieht, nimmt er es mir heute noch übel.«
»Wer ist Benedict?«, hakte ich ein und erhielt so ungeteilte Aufmerksamkeit.
Darian seufzte. »Pater Benedict. Ich lernte ihn in London kennen, als er noch Novize war.«
»Brian Stadler?«, warf Jason ein.
»Das war sein Name, bevor er dem Orden beitrat. Ich habe über all die Jahre den Kontakt zu ihm beibehalten. Vor einigen Wochen rief er mich an und berichtete mir von Ungereimtheiten. Nachdem wir hier angekommen waren, nutzte ich die Gelegenheit, und wir intensivierten den Kontakt, trafen uns einige Male in Jersey. Ich bedaure sehr, dass er den Tod fand. Er wollte uns trauen, Faye.«
»Dann war er es, um den du so ein Geheimnis gemacht hast?«
»Ja, bitte entschuldige.« Er beugte sich vor und küsste mich. »Es kommt nicht wieder vor.«
»Was wolltest du von diesem Benedict, nachdem Alistair dir die Harley gegeben hat?« Mein Blick streifte meinen Bruder, der bereitwillig zusammenzuckte.
»Benedict hatte mir bei deinem Bruder eine Nachricht hinterlassen und mich gebeten, zu ihm zu kommen. Bei unserem letzten Treffen hatte er eine merkwürdige Hinterlassenschaft erwähnt, sich dazu aber nicht richtig ausgelassen. Möglicherweise ging es darum. Deshalb das Fahrzeug. Ich wusste nicht, dass sie ihn erwischt hatten und er als Lockmittel benutzt worden war. Er sagte es mir, bevor er starb. Da war es bereits zu spät.«
»Wer war dieser große, dunkelhaarige Mann, den ich kurz durch deine Augen sehen konnte?«
»Mein ehemaliger Auftraggeber, Faye.« Darian schloss für einen Augenblick die Augen. »Ich ahnte, dass er sich hier irgendwo aufhielt. Aber ich rechnete nicht damit, ihm tatsächlich zu begegnen. Noch nicht.«
»Wer ist er?«
Er schüttelte leicht den Kopf und sah dann meinen Bruder an. »Dafür ist es noch zu früh, Alistair.«
»Und wie bist du da rausgekommen?« Dad hatte sich etwas vorgebeugt und betrachtete Darian neugierig. Ernestine machte mit einem Ellenbogencheck klar, dass er sie ein wenig einquetschte.
»Ehrlich gestanden habe ich nicht die geringste Ahnung. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich mit meinem Leben abschloss, an Frau und Kind dachte und um Vergebung für all meine Taten bat. Danach weiß ich nichts mehr. Darum bat ich Faye, in meinen Erinnerungen zu graben.«
Nun klebten alle Blicke auf mir. Ich zuckte mit den
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